Ein Pfingstkirmes mit ganz viel Tradition feiert ausgelassen und blickt dennoch sorgenvoll in die Zukunft.
Jubiläum der SchaustellerSo viel Kirmes muss in Bergisch Gladbach sein
Zum 182. Mal Glockengeläut und Fassanstich! Punkt 12 Uhr am 18. Mai erklärte der gut gelaunte Bürgermeister Frank Stein die diesjährige Pfingstkirmes „feierlich, endgültig und unwiderruflich“ für eröffnet. Dicht gedrängt warteten viele strahlende Kinder auf Freifahrtchips, die, wie in jedem Jahr, von den Schaustellern gespendet wurden.
„Für euch mache ich das hier, aus tiefstem Herzen, ja!“ rief Burkhardt Unrau, Geschäftsführer des Schaustellervereins, den Menschen auf dem übervollen Konrad- Adenauer- Platz, vor allem aber den Kindern, zu. „Das hier“- bedeutet für Burkhardt Unrau „gemeinsam mit den Schaustellern Generationen von Besucherinnen und Besuchern Freude zu bereiten“, seit 44 Jahren ehrenamtlich die Kirmes in Bergisch Gladbach auf die Beine zu stellen, sich streitbar für deren Gelingen und für die Belange der Schausteller einzusetzen. „Das hier“ heißt, eine Tradition fortzuführen, die er mit „Herzblut“ aufrechterhalten will, weil er sich „ein Leben ohne diese Kirmes nicht vorstellen kann.“
Die bunten Lichter der Fahrgeschäfte leuchten, am Auto- Scouter werden erste Fahrten gelöst. Losbuden, Wurfbuden, gebrannte Mandeln, Zuckerwatte und glasierte Äpfel locken. Am Kinderkarussell verfolgen Eltern die Runden ihres Nachwuchses mit gezückten Handykameras und hören beim Aussteigen von den Kleinen: „Noch mal fahren.“ Im Schatten der Kirche sitzt ein älteres Ehepaar in Kostüm und Anzug. Beide freuen sich über eine Portion frischer Reibekuchen. Junge Pärchen schlendern Arm in Arm über den Platz und frisch geschossene Plastikrosen werden an Freundinnen überreicht.
Jahr für Jahr bringen die Kirmessen für die Gäste Entspannung, Freude und Erinnerungen an ganz persönliche Momente. Annemarie Scheerer (Grüne, stellvertretende Bürgermeisterin) meint augenzwinkernd: „Ich vergesse nie die lang zurückliegende ‚Heideninvestition‘ vor der Losbude und den dabei gewonnenen wirklich riesigen, riesigen Plüschtiger. Der wurde von meinen überglücklichen Kindern stolz nach Hause getragen.“
Klaus Waldschmidt (SPD-Fraktionsvorsitzender) erzählte: „Ich bin mit der Kirmes groß- oder sollte ich besser sagen- alt geworden, aber ich freue mich immer wieder darauf“. Hans- Josef Haasbach (CDU-Ratsmitglied) erinnert sich gerne an zahlreiche gute Gespräche mit dem Macher der Kirmes, Burkhardt Unrau. Der denkt gemeinsam mit seiner Frau Ute gleich an den Pfingstsamstag 2011: „da haben wir hier im Auto Scouter geheiratet“. Für Kreisdekan Norbert Hörter ist „die Gemeinschaft der Schausteller“ Jahr für Jahr das schönste Erlebnis.
Vor 30 Jahren schlossen diese sich zu einem Verein zusammen. Das jetzige Jubiläum feierten sie eine Stunde vor Kirmesbeginn mit einem Imbiss für geladene Gäste. Ihr Geschäftsführer blickte in seiner Rede zurück und dankte den Schaustellern, der Stadt Jahr um Jahr die Treue zu halten und zu Pfingsten, wie im August präsent zu sein. Er ließ die Zuhörerinnen und Zuhörer, darunter viele aus der Lokalpolitik, aber auch nachdrückliche Worte hören.
Schaustellerverein gegründet, um der Stadt zu helfen
„Wir haben den Schaustellerverein gegründet, um der Verwaltung zu helfen und wollen, dass die Stadt Bergisch Gladbach Veranstalter der Kirmessen bleibt, damit sich niemand zwischen uns mischen kann, um Profit aus den Veranstaltungen zu ziehen. Wir wissen um all die Schwierigkeiten der Schausteller und auch um die Probleme, die jeder Aufbau mit sich bringt. Den Menschen, die der Kirmes ablehnend gegenüberstehen, rate ich, schaut einfach weg, statt euch über alt überlieferte Sprüche an Fahrgeschäften aufzuregen. Die Leute, die das hier machen, stecken ihr Herz und ihre Liebe hinein, um den vielen, die die Kirmessen gerne besuchen, eine schöne, sorgenfreie Zeit zu bereiten.“
Um den Erfolg einer 1200 Jahre währenden Tradition weiter fortzuführen, müssen und auch die jungen Leute mitgenommen und verzahnt werden, dankte Unrau für das Engagement der „jüngeren Generation im Stadtbüro“, die die Pfingstkirmes auch im Internet und den sozialen Medien sehr erfolgreich beworben hatten. „Es reicht eben nicht mehr, nur Plakate und Werbebanner in der Stadt aufzuhängen.“ Sein Appell an die Schausteller lautete, durchzuhalten, nicht nachzulassen, sondern weiterzumachen, und den Beruf „in die nächste Generation zu verteilen“, sie zu überzeugen, dass es nicht mit ein paar Mandelbuden getan ist, sondern dass sich die harte Arbeit, Fahrgeschäfte aufzubauen lohnt, um das Kulturgut Kirmes zu erhalten, „sonst waren 1200 Jahre umsonst.“
Von Bürgermeister Frank Stein kam ein positiver Ausblick: „Ich schau hier auf dem Platz in viele junge Gesichter. Wenn wir es über die sozialen Medien weiter erreichen, die jungen Leute von iPad und Smartphone weg hierhin ins wirkliche Leben zu locken, dann haben wir ein gemeinsames Ziel erreicht.“
Mit einem Blick über den Platz und Verweis auf die jährlich „imposanten Besucherzahlen“ beruhigte er: „Warum soll das nicht so weitergehen? Die Zahl der Kirmesfans ist deutlich über 50 Prozent - also eine satte absolute Mehrheit und das wird auch so bleiben.“