Nach S-Bahn-AusfallForderung nach Bus zwischen Gladbach und Thielenbruch
Bergisch Gladbach/Düsseldorf – Nach dem S-Bahn-Chaos vom vergangenen Wochenende hat die schwarz-grüne Koalition im rheinisch-bergischen Kreistag ihre Forderung wiederholt, eine schnelle Busverbindung vom S-Bahnhof in Gladbach nach Thielenbruch einzurichten. Dort könnten die Fahrgäste dann weiter in die Kölner Straßenbahnlinien 3 und 18 umsteigen.
Einen solchen Antrag hatten die beiden Fraktionen bereits im November 2019 gestellt. Er konnte aber nicht umgesetzt werden, da die Stadt Köln die S-Bahn-Verbindung mit der S 11 als ausreichend bezeichnete. Die regelmäßigen Teilausfälle und die vollständige Einstellung am Wochenende zeigen aus Sicht der schwarz-grünen Koalition jedoch, dass die geforderte Busverbindung eine wichtige Ergänzung darstellt.
CDU-Fraktionsvize Christopher Schiefer sprach von einem „elementarer Punkt in der Daseinsfürsorge“. Grünen-Fraktionschefin Ursula Ehren wies darauf hin, dass nicht allein die Kreisstadt vom Ausfall der S-Bahn betroffen war: „Wenn in Bergisch Gladbach kein Zug fährt, ist auch das komplette Hinterland abgeschnitten. Was sich die Bahn hier erlaubt, macht mich wütend.“
Rückblick: Der S-Bahn-Stopp am Wochenende
Geht doch: Die S-Bahnen der Linie 11 zwischen Bergisch Gladbach und Köln fahren wieder, und das in den Stunden seit Betriebsbeginn am Montag augenscheinlich sogar zuverlässiger und pünktlicher als vor der Zwangspause.
Auch die S-Bahn-Strecke von und ins Siegtal wird mit den Linien 12 (über Porz) und 19 (über Flughafen) wieder bestens bedient. Nach der Anzeigeform der Bahn-App „DB Navigator“ und eigenen Beobachtungen am Vormittag vor Ort sind größere Störungen von der S 11 aktuell nicht zu melden – wenn man von einer morgendlichen Weichenstörung an der Strecke der S 11 weiter im Norden, zwischen den Hauptbahnhöfen Neuss und Düsseldorf, absieht.
Die am Donnerstag überraschend verkündete mehr als dreitägige Zwangspause der S-Bahn wirkt damit ein bisschen wie ein „Reset“ am Computer: Stecker ziehen, warten und neu starten. Allerdings haben die Verantwortlichen beim Schienenverkehrs-Verband NVR angekündigt, gemeinsam mit der Bahn nach Wegen suchen, dass sich so ein Neustart nicht noch einmal wiederholt.
Ende der Sonderpause Sonntags angekündigt
Nach den massiven Protesten gegen die Zwangspause der S-Bahnen rund um Köln seit Donnerstagnachmittag hatte am Sonntagmittag ein Sprecher der Berliner Bahn-Zentrale das Ende der Sonderpause im Rheinland angekündigt. „Die S-Bahnen fahren ab Montag wieder nach Plan“, sagte der Sprecher auf Anfrage dieser Redaktion.
Wie die Bahn weiter mitteilte, fahren auch die Linien S 8, S 12 und S 13/S 19 wieder, die ebenfalls aufgrund „massiver, kurzfristiger Krankmeldungen in den Leitstellen“ ausgefallen waren. Aufgrund des hohen Krankenstandes auch bei den Lokführern könne es gleichwohl vereinzelt noch zu Zugausfällen kommen.
Die Bahn hatte am Donnerstagnachmittag völlig überraschend via Internet das Aus für die Fahrten verschiedener S-Bahnlinien bis einschließlich Sonntag bekannt gegeben. In der Region waren die Reaktionen schnell und massiv: Nachdem zunächst SPD-Kreistagsfraktionschef Gerhard Zorn öffentlich darauf hingewiesen hatte, dass die Bahn ihren personellen Engpass auch anders hätte lösen können, nämlich durch NRW-weite geringe Einschränkungen statt durch massive nur im Kölner Raum, äußerte sich auch die schwarz-grüne Kreistagskoalition kritisch.
Landrat findet DB-Vorgehen „völlig inakzeptabel“
Landrat Stephan Santelmann (CDU) in seine Eigenschaft als für den Schienenverkehr im Rheinland zuständigen NVR und dessen Geschäftsführer Heiko Sedlaczek nannten das Vorgehen der Bahn in einem am späten Nachmittag veröffentlichten Brief an DB Regio in Düsseldorf „völlig inakzeptabel“, auch wenn ihnen die Not im Schienenverkehr durch Baustellen, Infrastrukturüberlastungen, Corona-Einschränkungen und Überlastung durch das Neun-Euro-Ticket durchaus bewusst sei.
Die Düsseldorfer Bahn-Niederlassung hatte ihrerseits ab Donnerstag mehrfach unterschiedliche Formen von Schienenersatzverkehr für Bergisch Gladbach angekündigt: Zunächst war die Rede von Neusser Taxis, dann von zehn Doppeldeckerbussen, dann von fünf normalen Bussen.
Im gleichfalls von der S-Bahn-Stilllegung betroffenen Siegtal gab die Bahn vorübergehend sogar die ICEs zwischen Siegburg und Köln Hbf für Nahverkehrskunden frei. Mit dem Neun-Euro-Ticket ICE fahren: In Bergisch Gladbach ging das nicht, weil die Kreisstadt Endbahnhof ist und der hiesige Anschluss ans ICE-Hochgeschwindigkeitsnetz Netz bekanntlich in Köln-Deutz liegt.
Ein weiteres Problem in Bergisch Gladbach war die Information der am S-Bahnhof wartenden Fahrgäste: Wer kein Smartphone zur Verfügung hatte oder wegen schlechter Augen oder mangelhafter Sprachkenntnisse nicht gut das kleine Digital-Laufband lesen konnte, hatte schlechte Karten.
Die Berliner Bahn-Zentrale entschuldigt sich am Sonntag ausdrücklich bei den Reisenden für die „in den vergangenen Tagen entstandenen Einschränkungen im S-Bahn-Verkehr“ in Nordrhein-Westdalen.
NRW-Verkehrsminister kündigt Konsequenzen an
Nach dem mehrtägigen Komplett-Ausfall der S-Bahnen rund um Köln, darunter die S 11 nach Bergisch Gladbach, hat NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) Konsequenzen angemahnt. Die Auswirkungen besonderer Belastungssituationen auf die Fahrgäste müssten so gering wie möglich gehalten werden. „Zudem sind frühzeitige und aktuelle Informationen über Ausfälle und Ersatzverkehr zwingend“, sagte Krischer am Montag in Düsseldorf weiter.
In den nächsten Tagen werde nach Aussagen der beteiligten Eisenbahnverkehrsunternehmen und Verkehrsverbünde mit einem weitgehend fahrplangetreuen Angebot gerechnet, allerdings seien aufgrund der nach wie vor hohen Krankenstände einzelne Zugausfälle auf verschiedenen Linien nicht auszuschließen.
Krischer hatte sich nach Angaben seines Ministeriums am Montag nach den Strecken-Ausfällen übers Wochenende von allen Eisenbahnunternehmen und den Aufgabenträgern Verkehrsverbund Rhein-Ruhr, Nahverkehr Rheinland und Nahverkehr Westfalen-Lippe ein umfassendes Bild der aktuellen Personalsituation im Schienenverkehr geben lassen und erste Schritte zur zukünftigen Vermeidung solcher Problemlagen mit den beteiligten Firmen und Verbünden vereinbart.
Dazu zählten die Verbesserung der Kommunikation und der Reaktionszeiten im Krisenfall, Vorbereitung von Mindestbedienungs-Fahrplänen, Verbesserung der Möglichkeiten, kurzfristig Busersatzverkehre bereitzustellen und eine Ausbildungsoffensive.
Krischer forderte in diesem Zusammenhang die Bundesregierung auf, das gesamte Schienennetz ausreichend zu finanzieren. „Neben den aktuellen Zug-Ausfällen durch Corona nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern in weiten Teilen der Bundesrepublik, leidet das System aber an strukturellen Problemen und Unterfinanzierung. Hier erwarte ich vom Bund deutlich mehr Maßnahmen und Regionalisierungsmittel, wie es im Koalitionsvertrag des Bundes auch schon vereinbart wurde.“