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130 EhrenamtlerKinderschutzbund in Rhein-Berg wird 50 Jahre alt

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Katrin Fassin und Annika Nern vom Kinderschutzbund sitzen an einem mobilen Tischkicker im Spielraum.

Der Kinderschutzbund im rheinisch-bergischen Kreis feiert in diesem Jahr 50-jähriges Bestehen.

Zur Feier des Jubiläums werden im August zwei Feste abgehalten. Der Kinderschutzbund blickt auf eine lange Historie zurück.

Fast jedes Kind wisse, dass es einen Tierschutzverein gebe. Dass seit 20 Jahren in Deutschland ein Kinderschutzbund existiere, sei hingegen noch viel zu wenig bekannt, beklagte Prof. Dr. Eberhard Schomburg 1973 in seinem Vortrag in Bergisch Gladbach.

An diesem Tag hatte der Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes allerdings Anlass zur Freude: Im Bergischen Löwen fand die Gründungsversammlung für einen Ableger im Rheinisch-Bergischen Kreis statt. Jetzt feiert die damalige Neugründung ihr 50-jähriges Bestehen.

Ein Verein, der sich für die Interessen der Kinder einsetzt, das war Ziel einiger ehrenamtlich engagierter Menschen in Bergisch Gladbach und dem Umland. Sie konstatierten mit Sorge, dass auch im Bergischen viele Kinder Not, Vernachlässigung oder Gewalt erfuhren und wollten eine Anlaufstelle schaffen. Um dies zu erreichen, scheuten die Mitglieder der CDU-Frauenvereinigung auch ungewöhnliche Wege nicht. Eine Modenschau im Bergischen Löwen, bei der „echte gute Bürgerstöchter“, so der Conférencier damals, als Models fungierten, brachte ein Startkapital von 1000 D-Mark für den Verein zusammen.

Kinderschutzbund in Rhein-Berg blickt auf eine lange Historie zurück

Der Aufgabenkatalog, dem man sich widmen wollte, war umfangreich: Ganz oben auf der Liste stand die Betreuung von Familien, in denen „Kinder in ihrem körperlichen Gedeihen sowie in ihrer seelischen und sittlichen Entwicklung Gefahren ausgesetzt“ seien, berichtete das Bergische Handelsblatt von der Gründungsversammlung am 3. Mai 1973. Auch der Aufbau eines „Sorgentelefons“(Vorläufer des heutigen Kinder- und Jugendtelefons), Hausaufgabenhilfe, Patenschaften für Heimkinder und die Betreuung von „Gastarbeiterkindern“ standen auf der Agenda des neuen Vereins.

Schon 20 Jahre zuvor, im Jahr 1953, hatte der aus Köln stammende Mediziner Fritz Lejeune in Hamburg die Organisation des Deutschen Kinderschutzbundes ins Leben gerufen. In einer Zeit, als die Prügelstrafe noch als gängiges Mittel der Erziehung galt. „Das Kind ist das verletzlichste Glied der Gesellschaft – jedes Kind ist dein Kind“, lautete die Überzeugung Lejeunes.

Trotz dieses Engagements blieb Lejeune umstritten, da er auch durch abstruse Ideen auffiel. Weil später auch Lejeunes NS-Vergangenheit bekannt wurde, distanzierte sich der Deutsche Kinderschutzbund 2017 von seinem Gründungspräsidenten. Doch die Idee, eine Schutzorganisation für Kinder zu schaffen, ist immer noch aktuell.

Die Anfänge in Bergisch Gladbach fallen bescheiden aus. Es gibt noch keine Geschäftsstelle, aber das „Sorgentelefon“, das heutige Kinder- und Jugendtelefon nimmt bereits den Betrieb auf. „Drei Frauen bedienten den Telefondienst von zu Hause aus“, berichtet Christine Schlüter, heute zuständig für die operative Leitung der Einrichtung.

Noch heute sei die „Nummer gegen Kummer“ wichtiger Baustein der Arbeit, mit großem Bekanntheitsgrad. Bald bildete sich eine Gruppe für Alleinerziehende, der erste Kleiderladen wurde eröffnet. 1983 wurde die erste hauptamtliche Büromitarbeiterin eingestellt, Folge stetig zunehmender Aufgaben.

Heute hat der Kinderschutzbund Rheinisch-Bergischer Kreis als gemeinnütziger, politisch und konfessionell ungebundener Verein 210 Mitglieder. Der Träger der freien Jugendhilfe stützt sich auf rund 130 ehrenamtliche und 15 hauptamtliche Kräfte, darunter sechs sozialpädagogische Fachkräfte.

Das Angebot umfasst die Präventions- und Anlaufstelle bei Gewalt gegen Mädchen und Jungen, insbesondere bei sexualisierter Gewalt. Neu ist „Mehrblick“, Fachberatungsstelle bei sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche, in Kooperation mit der katholischen Erziehungsberatung.

Zudem bietet man Fachberatung und Fortbildung im Kinderschutz, einen begleiteten Umgang für Kinder mit getrennten Eltern, das Kinder- und Jugendtelefon, das Patenprojekt – Große helfen Kleinen, Familienhilfe, Kleiderläden und einen Autokindersitz-Verleih. Die Organisation wird finanziert durch Kreis-Zuschüsse, Mitgliedsbeiträge und Spenden, Erlöse der Kleiderläden sowie Bußgelder und Erbschaften.

Gefeiert wird das Jubiläum unter anderem mit einem Kinderfest am 5. August und einem Festakt mit Innenminister Herbert Reul am 9. August im Kreishaus. Getrübt wird das Festjahr durch die Trauer um den im April verstorbenen Vorsitzenden Michael Zalfen, in dessen Zeit auch der Umzug der Geschäftsstelle an die Bensberger Straße fiel. „Sein Tod war eine Riesenerschütterung“, so die pädagogische Leiterin Katrin Fassin.