Haus Steinbreche in RefrathHier machten die Rheinländer vor 100 Jahren Urlaub
- Ferienreisen waren früher purer Luxus. Doch damals waren die Sommer schon heiß, die Städte laut und stickig, und das Bedürfnis, dem tristen Alltag zu entkommen entsprechend groß.
- Mit dem Bau von Eisen- und Straßenbahn wurden auch weniger Begüterte mobil - die „Sommerfrische“ war geboren.
- Ab 1900 strömten die Städter ins Bergische. Neue Gaststätten entstanden, warben mit Biergärten oder Freizeitvergnügen am Wasser. Gondelteiche kamen in Mode.
- Sommerliches Freizeitvergnügen anno dazumal. Eine Spurensuche.
Bergisch Gladbach – Für Einheimische war die Lokalität ohnehin ein Begriff, aber selbst ortsunkundige Ausflügler aus Köln oder Umgebung konnten Haus Steinbreche unmöglich verfehlen. Schon am Bensberger Bahnhof und später an der Endhaltestelle der neuen Vorortbahn in Brück standen Werber in Uniform, um den Reisenden den Weg in das damals größte Ausflugslokal des Rheinlands zu weisen.
Um das Jahr 1900 entstanden überall auf dem Land Gaststätten, die den lärm- und stressgeplagten Großstädtern Erholung und Amüsement in der Natur versprachen. Viele von ihnen trugen ihren Anspruch schon im Namen. Gaststätten „Zur Erholung“, Zur schönen Aussicht“ oder „Waldfrieden“ machten an vielen Stellen im Bergischen auf. Die Sommerfrischen warben mit Kaffee und Kuchen, guter Küche und Weinen, aber auch mit Klaviermusik und schattigen Gartenanlagen .
Gebaut auf einem Steinbruch
So präsentierte sich etwa Haus Bockenberg damals mit einem „Gesellschaftszimmer mit Klavier“, „anerkannt guter Küche“ und „civilen Preisen“. Wer wollte und über die Möglichkeiten verfügte, konnte die Restauration, die sich als „Luftkurort und Waldrestaurant“ verstand, auch per Fernsprecher über das Amt Bensberg, Nummer 55, erreichen.
Als „schönster, billigster und nächster Ausflugsort bei Köln“ warb Die „Strunderthalshöhe, die man mit der Bahn aus der Domstadt für 60 Pfennige hin und zurück ansteuern konnte. 20 Logierzimmer erwarteten die „Sommerfrischler“. Und auch die Asselborner Mühle, so Hubert Kürten in der April-Ausgabe des Rhein-Berg-Kurier des Bergischen Geschichtsvereins, setzte zeitweilig auf Fremdenverkehr.
Weinstube, Schießstand und Irrgarten
An die geballten Attraktionen von Haus Steinbreche kam allerdings niemand heran. Ab 1896, so ist in der Publikation „Refrath gestern und heute“, Band 2, herausgegeben vom Bürger- und Heimatverein Refrath, nachzulesen, wandelte der neue Besitzer das historische Anwesen zu einem frühen Vorläufer heutiger Vergnügungsparks um. Gasträume, Weinstube, Saal und Terrasse wurden gebaut, die Gäste konnten sich auf der Kegelbahn oder am Schießstand vergnügen oder ihren Orientierungssinn im Irrgarten unter Beweis stellen. In den Ställen warteten 60 Pferde und Esel, 200 Fahrräder konnten für Touren ausgeliehen werden.
Die zum Anwesen gehörenden Steinbrüche, die einst das Material zum Bau des Bensberger Schlosses geliefert hatten, flutete Keller mit dem Wasser des Saaler Mühlenbaches und gestaltete den größeren der beiden zum noch heute existierenden Kahnweiher um. Fortan vermietete der Gastronom auch Ruderboote.
Kahnweiher fror in kalten Wintern schnell zu
Weil Keller aber offensichtlich ein vorsichtiger Mann war, der kein Risiko eingehen wollte, ließ er den ursprünglich bis 13 Meter tiefen Steinbruch aufwendig verfüllen, bis er nur noch eine durchschnittliche Tiefe von anderthalb Metern aufwies. So sollte verhindert werden, dass jemand ertrank, sollte ein Kahn kentern. Denn viele der Gäste konnten damals nicht schwimmen.
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Die geringe Wassertiefe sorgte in der Folge dafür, dass der Kahnweiher in strengen Wintern schnell zufror und ganz neue Möglichkeiten des Wintersports bot. So auch im Dezember 1969, als die Zeit der Sommerfrische nicht nur kalendarisch längst vorbei war. „Eine starke Eisdecke erlaubt ungetrübte Winterfreuden“, schrieb der „Kölner Stadt-Anzeiger“ damals. „Eishockeymannschaften haben sich bereits gebildet.“