AboAbonnieren

ProzessBote übermittelt Drohung aus Teheran – Bensberger Amtsgericht stellt Verfahren ein

Lesezeit 3 Minuten
Einsatzkräfte stehen am Rabbinerhaus bei der Alten Synagoge.

Einsatzkräfte stehen am Rabbinerhaus bei der Alten Synagoge: Dort waren Ende 2022 Einschusslöcher gefunden worden.

Revolutionsgarden, der Mossad und ein toter Rocker-Boss: Die Welt gab sich ein Stelldichein im ehrwürdigen Bergisch Gladbacher Amtsgericht.

Mit der Bedrohung eines in Köln arbeitenden iranischen Journalisten durch einen Landsmann hat sich am Montag (4. November) das Bergisch Gladbacher Amtsgericht befasst. Das Verfahren barg reichlich Sprengstoff: Im Hintergrund ging es um Anschläge auf jüdische Einrichtungen in NRW im Jahre 2022, um die womöglich darin verstrickten iranischen Revolutionsgarden und um den inzwischen im Alter von 36 Jahren im Iran zu Tode gekommenen deutsch-iranischen Rockerboss Ramin Y. als mutmaßliches Bindeglied.

Der einstündige Bensberger Prozess lief unter ungewöhnlichen Umständen ab: Beginn sollte um 10 Uhr sein. Um 10.01 Uhr wurde die den Raum betretende Presse wieder rausgeschickt, da gerade ein „Rechtsgespräch“ laufe. Um 11 Uhr gab es ein zweites Rechtsgespräch unter Ausschluss der Öffentlichkeit, und danach verkündete Richterin Miriam Kuschel die Entscheidung: Einstellung des Verfahrens nach Paragraf 153, Absatz 2 der Strafprozessordnung ohne Geldauflage. Die Kosten trägt der Staat, seine notwendigen Auslagen, sprich den Verteidiger, zahlt der Angeklagte selbst.

Stille Droh-Post aus Iran: Über zwei Zwischenschritte zum Empfänger

Worum es in Saal 100 ging: Rockerboss Ramin Y., der in Deutschland unter Mordverdacht stand, galt in Sicherheitskreisen als mutmaßlicher Strippenzieher für Schüsse auf das Rabbinerhaus der Alten Synagoge in Essen und einen missglückten Brandanschlag auf die Bochumer Synagoge. Das berichtete Ende 2022 unter anderem die Frankfurter Allgemeine Zeitung über einen entsprechenden Beitrag des TV-Magazins „Kontraste“.

Ebenfalls darüber berichtete, zunächst aber nur in Form eines Twitter-Beitrages, ein Kölner Journalist mit iranischen Wurzeln. Nach seinem ersten Tweed begann eine „Stille Post“ der besonderen Art, nämlich eine der Einschüchterung. Der laut dem Londoner Sicherheitsexperten Peter R. Neumann Anfang 2024 von einer „israelischen Spezialoperation im Iran getötete“ frühere Rockerboss Ramin Y. soll mit dem jetzt in Bensberg wegen Bedrohung angeklagten Landsmann B. telefoniert haben. Der wiederum rief seinen langjährigen Freund und Landsmann C. an, von dem er wusste, dass dieser auch mit dem Journalisten befreundet war.

Nur Bote oder auch Täter?

Die Botschaft von Ramin Y. aus Teheran, die am Ende bei dem Kölner Journalisten landete, lautete: Er solle seinen unsinnigen Twitter-Post löschen. Und wenn er sich weigere: Man wisse ja, dass er eine Tochter habe.

Weder bei dem Journalisten noch beim Sicherheitsbeauftragten seines Arbeitgebers oder beim Staatsschutz kam diese Botschaft gut an, der Journalist bekam Polizeischutz. Doch nachdem der eigentliche Absender mittlerweile 36-jährig auf die eine oder andere Weise aus dem Leben geschieden ist, blieb im Amtsgericht noch die Frage zu klären, ob B. Bedroher war oder nur Bote – so wie sein Ansprechpartner C., der ja auch nur als Zeuge gehört wurde und sich im Prozess beklagte, worin er da denn reingezogen worden sei. Schließlich wolle er in Deutschland friedlich leben und arbeiten, sonst nichts. Da aber der Journalist Anzeige erstattet und ihn als Zeugen benannt habe, sei die Polizei gekommen und habe seine Wohnung durchsucht.

Aber auch B., das Bindeglied zwischen Oberrocker Y. und C., fühlte sich zu Unrecht auf der Anklagebank. Er habe die Drohung nicht selbst ausgestoßen, sondern habe nur helfen wollen, dass niemand zu Schaden komme, sagte sein Verteidiger. Als junger Vater habe der Mandant sich um die Tochter des Journalisten gesorgt. „Mein Mandant hat letztlich nichts anderes gemacht als C. auch, und der sitzt hier als Zeuge.“ Mit seiner Argumentation konnte der Jurist am Ende sowohl die Richterin als auch die Oberamtsanwältin der Kölner Staatsanwaltschaft überzeugen. Das Verfahren wurde eingestellt.