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CDU-Kandidat in Rhein-Berg„Hohle Phrasen hatten wir bei der Wahl wahrlich genug“

Lesezeit 4 Minuten

Kandidat der CDU im Landtagswahlkreis 21 ist Martin Lucke.

Bergisch Gladbach – Ein erfahrener Minister und ein konservativer junger Rechtsanwalt: Mit zwei Männern zieht die CDU Rhein-Berg in den Landtagswahlkampf. Die Wahlkreismitgliederversammlung für Bergisch Gladbach und Rösrath wählte am Mittwochabend den 32-jährigen Familienvater Martin Lucke im zweiten Wahlgang mit Zwei-Drittel-Mehrheit zu ihrem Kandidaten für den Wahlkreis 21, nachdem die Mitglieder für den anderen rheinisch-bergischen Wahlkreis zwei Tage zuvor mit noch größerer Mehrheit und bereits im ersten Wahlgang Innenminister Herbert Reul auf ihren Schild gehoben hatten.

Mit seiner Präsentation hatte Jung-Politiker Lucke, CDU-Ratsherr für Klein-Manhattan und aktives Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr, durchschlagenden Erfolg bei den rund 250 Parteimitgliedern im Bergischen Löwen. „Was halten Sie von einem kompetenten Team aus Jung und Alt für unseren Rheinisch-Bergischen Kreis?“, fragte er am Ende seiner kraftvollen Rede in den Raum und beendete diese mit einem Wortspiel: „Wenn Sie mein Kompass überzeugt: Einfach mal Mut zum Lucke haben!“

Martin Lucke nach der Wahl sprachlos

Das saß, und als der Versammlungsleiter, Kreis-Vizechef Maurice Winter, um 21.55 Uhr und damit anderthalb Stunden nach dieser Vorstellung das Ergebnis des entscheidenden zweiten Wahlgangs verkündete, freute Lucke sich riesig. Anders als bei seiner Vorstellung fehlten ihm die markigen Worte: „Ja, ich nehme die Wahl gerne an“ sagte er und gestand, „ziemlich sprachlos“ zu sein.

Dann dankte er seinen vier unterlegenen Mitbewerbern, zwei Frauen und zwei Männern, sprach von einer tollen Zeit in den parteiinternen Bewerberrunden und davon, dass jetzt der Wahlkampf losgehe. „Ein Kandidat, dem die Worte fehlen“, raunte ein älterer Parteifreund, allerdings nicht kopfschüttelnd, sondern, soweit unter der FFP-2-Maske erkennbar, wohlwollend lächelnd.

Martin Lucke brilliert in seiner Vorstellungsrede

In der Vorstellungrede hatte Lucke brilliert. Da verwies er eingangs auf den 1. FC Köln. So wie der „einzig wahre Erstligist“ von seinem neuen Trainer profitiere, brauche auch die CDU eine überzeugende Neuausrichtung. „Wir müssen zuhören und fundierte eigene Lösungsansätze auf Grundlage unserer christlichen Werte anbieten“, sagte er, „Hohle Phrasen hatten wir bei der letzten Wahl wahrlich genug.“

Martin Lucke äußert sich zum Gendern

Zum „Gendern“ formuliert Martin Lucke eine klare konservative Haltung: Sternchen und Doppelpunkte machten die Sprache unverständlich. Lucke: „Echte Gleichstellung erreichen wir nicht, indem wir gendern, sondern indem wir Strukturen schaffen, die besser zur Lebensrealität aller Geschlechter passen – zum Beispiel, indem die Fraktions- und Ausschusssitzungen erst ab 19.30 Uhr stattfinden, wenn kleine Kinder im Bett sind.“ (sb)

Die CDU brauche authentische Politiker. „Vertrauen entsteht nur, wenn Wort und Tat eine Einheit bilden.“ Für ihn sei Politik keine „Blase“: „Meine Frau und ich haben selbst erfahren wie es ist, keinen Kitaplatz zu bekommen.“ Nach der Kita kommt die Schule: Da reiche es nicht, Tablets zu verteilen, die Lehrer müssten kontinuierlich fortgebildet wird, und Nachmittagsbetreuung dürfe keine „Verwahrstelle für unsere Kinder und Enkelkinder sein“.

Gegen den Fachkräftemangel empfahl er Wertschätzung: „Ohne Handwerk wären wir Philosophen ohne Strom und ohne Dach über dem Kopf.“ Nachhaltigkeit hätte er, der als Kind auf dem Bauernhof aufgewachsen sei, schon gelebt, als viele Grüne noch nicht gewusst hätten, wie man das Wort schreibt.

Am Ende erhält Martin Lucke 65,4 Prozent der Stimmen

Fast hätte Lucke es unter den Augen der Parteigranden und Abgeordneten Hermann-Josef Tebroke und Rainer Deppe sowie des Kreisvorsitzenden Uwe Pakendorf schon im ersten Wahlgang geschafft. Da gab es 253 gültige Stimmen. Von ihnen entfielen auf die ebenfalls 32 Jahre alte Bergisch Gladbacher Ratsfrau Claudia Casper 61 und auf den 1958 geborenen Gladbacher Landwirt Peter Lautz 24. Achim Müller (60) aus Rösrath, Neffe des verstorbenen Wahlkreisabgeordneten Holger Müller, kam auf 36 Stimmen, seine Rösrather Parteifreundin, Rechtsanwältin Birgitta Wasser (58), auf zwölf Stimmen. Martin Lucke schaffte da schon 120, hätte aber 127 gebraucht.

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Ohne weitere Aussprache und ohne Fragerunde – die es im Übrigen auch nach der Vorstellung der fünf Kandidaten nicht gegeben hatte, weil sich niemand meldete – folgte der zweite Wahlgang: 149 Stimmen für Lucke, 79 für Casper. 65,4 Prozent, wie Winter noch hinzufügte.

Jetzt muss Lucke „nur“ noch den Wahlkreis gewinnen. Ein Blick auf frühere Ergebnisse zeigt, dass das für die CDU in dem (in seinem einwohnerstarken Westteil überwiegend städtischen) Wahlkreis durchaus kein Spaziergang wird.