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1.000 AuftritteBensberger spielt schon sein halbes Leben für die „Cäcilia Wolkenburg“

Lesezeit 4 Minuten
Joachim Sommerfeld steht neben seinen Schauspielkollegen.

Joachim Sommerfeld in seiner Rolle als den Präsidenten des KMGV Peter Pesch und Balletteusen.

Der Bensberger spielt in diesem Jahr Peter Pesch. Es ist aktuell die 40. Spielsaison, in der er mitspielt.

Diese Geschichte erzählt von den 1000 Vorstellungen des Joachim Sommerfeld (67) im Divertissementchen, von seiner neuesten Rolle, von „Löwensenf“ in Krapfen, von dem Wunsch, lieber keine Frau zu spielen. Doch der Reihe nach: In Köln gibt es den Kölner Männer-Gesang-Verein. Innerhalb dieses Vereins gründete sich 1874 die Bühnenspielgemeinschaft „Cäcilia Wolkenburg“. Sie führt seit nunmehr 150 Jahren jährlich und erfolgreich das sogenannte „Divertissementchen“ auf, welches im kölschen Volksmund „Zillche“ genannt wird.

Und genau hier wollte Joachim Sommerfeld hin. Gesungen und geschauspielert habe er schon immer gern, drum trat er 1981, dem Ruf eines Studienkollegen folgend, in den Kölner Männergesangverein (KMGV) ein und ebnete bereits ein Jahr später seinen Weg ins begehrte Bühnenspiel.

1985 spielte Joachim Sommerfeld in einem Epilog die Cäcilia Wolkenburg.

1985 spielte Joachim Sommerfeld in einem Epilog die Cäcilia Wolkenburg.

Doch nun Vorhang auf. Der Bensberger steht 2024 im schnieken Frack auf der Bühne und spricht als „Peter Pesch“ nach gefühlt zwei, drei Minuten seinen ersten Satz, denn das Zillche ist in Gefahr: „Ming Häre, vör vier Woche jov et op eenmol Probleme…“

Geboren in Trier spielt er mit routiniertem Kölsch den Präsidenten des KMGV und bleibt seinem Wunsch nach „gesetzteren“ Hauptrollen auf dem Niveau von Bürgermeister, Banker oder Kardinal treu. Frauenrollen habe er dreimal verkörpert, aber danach nie mehr wieder. „Es braucht dafür zu viel Schminke, und ich denke, ich habe nicht die Gabe, mich entsprechend zu bewegen.“

2014: Joachim Sommerfeld als „Dä Schinghillije“.

2014: Joachim Sommerfeld als „Dä Schinghillije“.

Am 30. Januar steht Sommerfeld nach eigener Biografie zum 1.000. Mal auf der Bühne. Es ist aktuell die 40. Spielsaison, in der er mitspielt. Hat nur drei Jahre und schweren Herzens unterbrochen, weil er beruflich als Banker unter anderem in New York tätig war. „40 Jahre sind mehr als mein halbes Leben“, resümiert er.

Die Vorbereitungen für ein neues Stück beginnen bereits im Mai oder Juni. „Geprobt wird die ersten Monate in unserem Vereinshaus, der Wolkenburg, und später in den ehemaligen Filmstudios in Hürth“, berichtet Sommerfeld. Um den Text zu lernen hat er sein eigenes System entwickelt, denn zu Wortbausteinen bastelt er Satzzeichen so in das Manuskript ein, dass er gleich weiß, wo er, zum Beispiel, wann wie hingehen muss. Ins Drehbuch schaut er rein und lernt, wann immer er Zeit hat.

Im aktuellen Stück: Joachim Sommerfeld als KMGV-Präsident Peter Pesch mit seiner Bühnenfrau Petra Pesch (Dirk Pütz).

Im aktuellen Stück: Joachim Sommerfeld als KMGV-Präsident Peter Pesch mit seiner Bühnenfrau Petra Pesch (Dirk Pütz).

Bis er dann, etwa zwei Wochen vor jedem neuen Stück, einen Alptraum träume. Den, dass er im falschen Zillche auftritt. Vielleicht passiert das wegen der Disziplin, die er sich abverlangt. „Wenn ich was mache, mach' ich es richtig und mit viel Freude dran.“

So wie wahrscheinlich auch die kleinen Streiche, die schon mal in der letzten Vorstellung passieren. Beispielsweise, als eine „Bunnekünnijin“ durch eine Bohne im Krapfen gewählt werden sollte. Sommerfeld erinnert sich schmunzelnd: „Und weil die Krapfen immer alle viel zu früh aufgefuttert waren, wurden sie für die letzte Vorstellung alle mit Löwensenf präpariert. Von den Zuschauern hatte wohl niemand etwas bemerkt, aber es gab viele Tränen in den Augen der Darsteller.“ Und überhaupt sei die letzte Aufführung nie wie die erste. „Darum kommen manche Zuschauer zweimal in die Vorstellung.“

Für jede neue Produktion des „Divertissementchen“ gilt es ordentlich Text zu lernen. Für Joachim Sommerfeld schon Routine.

Für jede neue Produktion des „Divertissementchen“ gilt es ordentlich Text zu lernen. Für Joachim Sommerfeld schon Routine.

Stolz erzählt Joachim Sommerfeld von dem Stück „Olympia am Rhing“. Das war 2003. Als 14 Tage vor der Aufführung der Hauptdarsteller ausfiel, sei er nach einem Anruf des Regisseurs ins kalte Wasser gesprungen und übernahm.

Allzu gern denkt Joachim Sommerfeld auch an das Jahr 2014 und seine Rolle als „Dä Schinghillije“: „In ganz Köln hingen Plakate mit meinem Bild, das war schon ein irres Gefühl. Ich musste in der Rolle fies zu ganz Köln sein und wurde am Ende von einigen Zuschauern sogar ausgebuht, was ich für mich und meine Leistung als ein großes Kompliment wertete.“

Seit der Rente wieder mehr Zeit für Laienspielerleben

Das Divertissementchen ist in 2024 längst ausverkauft. Joachim Sommerfeld genießt sein Laienspielerleben jeden Tag aufs Neue. „Seitdem ich in Rente bin, habe ich wieder mehr Zeit. Früher war ich um 7 Uhr im Büro und oft bis um 23 Uhr erst aus dem Opernhaus gekommen. „Sowas macht man aus purer Verrücktheit, man muss dafür einfach nur jeck genug sein.“ Das würde dann auch für eine kleine Rolle im Kölner Tatort sprechen, da wäre er dann auch mal gern dabei.

Die Aufführungen sind nahezu komplett ausverkauft. Im Fernsehen zu sehen ist die Aufzeichnung des des diesjährigen Stücks voraussichtlich am Karnevalssamstag, 10. Februar, um 11 Uhr im WDR-Fernsehen