Nach Aufschrei in WipperfürthWoher kommen die Steine für die Gladbacher Schloßstraße?
- Die ist ein Archiv-Artikel vom 24.03.2022.
Bergisch Gladbach – In den nächsten Wochen wird der große Umbau der Schloßstraße zur „Straße der vielen Begegnungen“ beginnen. Verlegt werden als neues Pflaster Granitsteine, das ist beschlossen. Aber dürfen diese Steine auch aus Europa kommen? Der Mobilitätsausschuss der Stadt, für das Stadtumbauprojekt in Bensberg zuständig, debattierte fast eine Stunde um ein einziges Wort: „europäisch“.
Dieses Wort hatten die Stadtplaner ursprünglich in die Ausschreibung für den gewünschten Stein hineingeschrieben. Was aber nicht gehe, erläuterte der Beigeordnete Ragnar Migenda. Dies schließe ja Steine-Lieferanten aus anderen Kontinenten aus und könne als diskriminierend aufgefasst werden.
Wipperfürther Stein-Debatte im Hinterkopf
Im Hintergrund dräuten die Dinge, die vor einigen Jahren in Wipperfürth für Aufregung gesorgt hatten: Statt Lindlarer Grauwacke aus den heimischen Steinbrüchen mussten Steine aus Indien für die Pflasterung des neuen Marktplatzes genommen werden.
Wipperfürther Pflaster
Grauwacke aus Indien
Die Wipperfürther Stadtverordneten hatten sich Steine aus den nur 15 Kilometer entfernten Grauwacke-Steinbrüchen der Nachbarkommune Lindlar für ihren Marktplatz gewünscht. Die Ausschreibung im Jahr 2019 ging dann aber an die Firma Boymann aus Niedersachsen, die ihrerseits einen Lieferanten beauftragte. Dieses Unternehmen lieferte Grauwacke aus Indien nach Wipperfürth, über einen Transportweg von etwa 6000 Kilometern. In der Bürgerschaft sorgte dies für große Aufregung. Die Verwaltung in Wipperfürth betonte, dass das Unternehmen im Sinne des europäischen Vergaberechts selbst über die Herkunft der Steine entscheiden könne. Kritiker monierten, die Verwaltung habe es versäumt, Transportweg und CO2-Fußabdruck als Kriterien der Ausschreibung festzulegen.
Bei der Vorbereitung der Ausschreibung hatten Stadt und Politik den europäischen Granit sehr bewusst ins Auge gefasst, weil dies Kinderarbeit ausschließe und der CO2-Fußabdruck wegen der kürzeren Transportwege günstiger ausfällt. Dafür war ein um 50 Prozent teurerer Kaufpreis akzeptiert worden. Es gebe allerdings Lieferanten von asiatischen Steinen in Deutschland, die kommunale Ausschreibungen mit dieser „europäischen“ Einschränkung suchten, um dann zu klagen, wusste Michael Zalfen (SPD) zu berichten.
Entscheidung zum CO2-Ausgleich nicht einstimmig
Üblicherweise werde sich kein Hersteller aus Asien auf diese Ausschreibung melden, meinte er. Im Ausschuss überzeugten die Argumente, es fand sich ein einstimmiger Beschluss mit den Fraktionen von CDU, Grünen, SPD, FDP, FWG, AfD und Bergische Mitte (ohne Stimmrecht). Neben Kinderarbeit soll nun nach SPD-Anregung in der Ausschreibung auch der Standard der Internationalen Arbeiter-Verbands ILO berücksichtigt werden, dies für die Arbeit der Erwachsenen.
Weniger einstimmig blieb die Entscheidung zum Ausgleich der entstehenden CO2-Emissionen (durch die Lieferketten). Die CDU-Vertreter meinten, dies solle die Stadt übernehmen und auch finanzieren. „Wenn hier ortsnah ein Wald aufgeforstet wird, macht das Sinn“, meinte Lutz Schade (CDU).
Stadt soll nicht beim CO2-Abdruck belastet werden
Beim Hersteller habe man keinen Einfluss darauf, in welchem Teil der Welt der Klimaausgleich stattfinde. Unterstützer dieser Linie fanden sich in den anderen Fraktionen nicht, und auch beim Beigeordneten Ragnar Migenda zeigten sich Zweifel. „Es kann nicht sein, dass wir in Bergisch Gladbach den CO2-Ausgleich bezahlen“, sagte er.
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Der Migenda-Linie folgten bis auf die CDU alle übrigen Fraktionen. „Das macht keinen Sinn, dass beim CO2-Abdruck die Stadt belastet wird“, meinte Dr. Friedrich Bacmeister (Grüne). „An erster Stelle keine Kinderarbeit, als zweites der CO2-Fußabdruck“, setzte CDU-Sprecher Hermann-Josef Wagner Prioritäten . Mit der Fallung von zehn Straßenbäumen hat es vor wenigen Tagen eine erste vorbereitende Baumaßnahme für die Schloßstraße gegeben.