2021 hat das Unternehmen Kapelou seine europäische Niederlassung in Bergisch Gladbach gegründet.
Expansion trotz KriegUkrainische Firma baut Niederlassung in Bergisch Gladbach aus
Der Krieg im eigenen Land belastet die Wirtschaftsunternehmen in der Ukraine stark. Nach Zerstörungen durch russische Angriffe ist unter anderem die Energieversorgung unsicher. Dennoch produzieren die meisten Betriebe weiter, engagieren sich mit aller Kraft für ihre Geschäfte. Auch die Firma Kapelou LLC.
Sie ist an vier Standorten aktiv und expandiert trotz Kriegslage. Das Spezialunternehmen für vollautomatische Lagerlogistik hat inzwischen seine 2021 gegründete europäische Niederlassung in Bergisch Gladbach ausgebaut. Die Software sowie die Konstruktion von Fördersystemen wurden verfeinert.
An seinem neuen Standort im Gladbacher Stadtteil Herkenrath ist der Betrieb nicht einfach zu finden. Ein unauffälliger Seiteneingang auf dem Gelände der Firma AGS führt zu Kapelou. Der neue Firmensitz ist ein „großer Glücksfall“ für die Gründer von Kapelou, Oleksandr Klymenko und seine Frau Viktoria Voroniuk, sowie Geschäftsführer Tobias Frohn. „Hier können wir an einem Modell unsere automatische Förderanlage vorführen. Wir zeigen, was wir konstruieren und vermarkten“, erklärt Frohn.
Das ukrainische Unternehmen Kapelou LLC, gegründet in Kiew, entwickelt, fertigt und installiert voll automatisierte Warenlager und Logistikzentren: Für kleine Anlagen, auf denen tragbare Kisten, Pakete oder Kartons bewegt werden, bis hin zu tonnenschweren Produktionsteilen, die zu befördern sind.
Der Aufbau in Europa startete 2021 in einer Büroetage in Refrath. In der 400 Quadratmeter großen Gewerbehalle im Braunsberger Feld ist nun Platz für eine Modellanlage und Büroräume. Das Mitarbeiterteam ist gewachsen: Sergey Palamarchuk wechselte aus der Ukraine nach Bergisch Gladbach und Martin Bena hat den Bereich Vertrieb und Kundenaquise übernommen. Zwei weitere Mitarbeiter werden aus der Ukraine nach Bergisch Gladbach kommen für die Montage der Anlagen vor Ort, kündigt Frohn an.
Das Fördersystem von Kapelou sei ein Nischenprodukt für Unternehmen aller Branchen, ob Pharmaunternehmen oder Metallbetrieb. Fohn: „Jeder Betrieb mit einer Lagerhaltung kann unser potenzieller Kunde sein.“ Und das spreche sich inzwischen herum.
„Wir bauen Anlagen in individuellen Größen und liefern auf Wunsch auch einzelne Module“, erläutert der 40-jährige Firmenchef Klymenko. Mit Modulen sind einzelne Teilstrecken einer Anlage gemeint. Entsprechend werde die Software programmiert. Sie ermögliche, dass auf einem Display direkt an der Anlage oder per Computer, jedes Modul einzeln zu steuern ist. Auch entlaste das Fördersystem bei der körperlichen Arbeit, das heißt, Beschäftigte müssten nicht mehr schwer schleppen.
Zwar konnte Kapelou sein Geschäft in den vergangenen zwölf Monaten ausbauen, dennoch verzögere der Krieg die Entwicklung der Firma, sagt Klymenko. Aktuell müssten alle Maschinenteile für eine Anlage zu 100 Prozent vorfinanziert werden. Dafür müssten die Eigentümer Millionenbeträge stemmen. Das sei nicht einfach. Zurzeit seien 30 Projekte in der Planung.
An vier Standorten in der westlichen Ukraine beschäftigt Kapelou insgesamt rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der überwiegende Teil seien Ingenieure, berichtet der Firmenchef, selbst ausgebildeter Ingenieur im Fachgebiet Mechanik. In Kiew erfolge Entwicklung und Administration, produziert wird in Sosnyzja und Katjuschanka. Die Montage wird auch in Katjuschanka erledigt und das Versandlager steht in Mukatschewe.
„Die Arbeit ist für die Menschen in der Ukraine sehr wichtig. Beschäftigung nimmt etwas die Sorge und Angst im Krieg“, sagt Klymenko. „Zu arbeiten hat auch mir geholfen, schlimme Zeiten in den vergangenen zwei Jahren zu überstehen.“ Nichts tun und auf das Ende des Krieges zu warten, sei für die Ukrainer keine Option. Da sind sich Klymenko und Frohn einig: Der Handel mit der Ukraine helfe dem Land nachhaltig.
Unterstützung aus Bergisch Gladbach
Wie Unternehmen sich gegenseitig unterstützen können, dafür bietet die Zusammenarbeit der Firmen Kapelou LLC und AGS Automation Greifsysteme Schwope GmbH in Herkenrath ein gutes Beispiel. Die Begegnung von AGS-Chef Marc Schwope und Kapelou Geschäftsführer Tobias Frohn hat Volker Suermann, Chef der Rheinisch-Bergischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft (RBW) vermittelt. „Anlass war die Suche von Kapelou nach einer größeren Geschäftsfläche. Volker Suermann wusste, dass wir noch Platz haben in unseren Produktionshallen“, erzählt Schwope.
Ohne die eigene Produktion einschränken zu müssen, hat AGS für das ukrainische Unternehmen eine Halle frei gemacht und zur Miete angeboten. Frohn nennt es einen Glücksfall. Schwope: „Es hat gut gepasst.“ Auch sei es durchaus möglich, dass beide Firmen im Bereich der Intralogistik zukünftig zusammen ein Projekt realisieren. AGS, inzwischen wieder zu 100 Prozent ein Familienunternehmen, ist spezialisiert auf Entwicklung und Bau von Automationsanlagen und Greifsystemen. Am Standort Herkenrath hat das Unternehmen eine knapp 3000 Quadratmeter große Produktions- und Lagerfläche. 32 Beschäftigte arbeiten dort.