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BauprojektTorf im Untergrund macht den Kanalbau für Bergisch Gladbach teuer

Lesezeit 3 Minuten
Das Foto zeigt die Taubenstraße im Gladbacher Stadtteil Alt-Frankenforst

Nach Alt-Frankenforst kehrt der Kanalbau zurück.

Der Kanalbau in Alt-Frankenforst wird etwa acht Millionen Euro kosten. Weil Torf im Boden liegt, muss eine teure Spezialbauweise angewandt werden.

Plötzlich zuckten doch einige Ausschussmitglieder merklich zusammen. Knappe acht Millionen Euro für den Kanalbau in Alt-Frankenforst? Kann diese Zahl stimmen? Bislang lagen die Planungen doch bei rund drei Millionen Euro. Ja, die Zahl stimmt, sie ist vorläufig und könnte später noch weiter steigen; zu zahlen von allen Gladbachern über ihre Abwassergebühren.

Diese könnten wohl gegebenenfalls erhöht werden, falls die Kalkulation eine Lücke zwischen Ein- und Ausgaben ergibt. Die Stadt muss in der Tat einiges an Geld in die Hand nehmen, um in Alt-Frankenforst die Kanäle für Regen- und Schmutzwasser zu sanieren. Auch im neuen Abwasserbeseitigungskonzept ist die Sanierung erfasst, wegducken ist nicht möglich.

Sanierung erforderlich

„Nichts tun, geht leider nicht“, bestätigte Martin Wagner, Leiter des städtischen Abwasserwerks, im Fachausschuss. Die vorhandenen Kanäle in Teilen der Tauben-, der Rosen- , Elster- und Fasanenstraße seien alle marode, an einer Sanierung komme die Stadt wirklich nicht vorbei.

„Bei jedem Starkregen bekommen die Nachbarn Besuch“, schilderte Wagner in prägnanter Weise die momentane Situation: Regen läuft auf Nachbargrundstücke und setzt Keller unter Wasser. Die Empfehlung des Abwasser-Experten lautet: Bauen in Flüssigboden-Bauweise.

Eine Sache für Spezialisten: Dabei werden Rohre außerhalb der Baugrube mit Beton ummantelt und anschließend in der Tiefe auf eine Betonschicht gelegt. Aber was macht das Ganze eigentlich so kostspielig und schwierig in Alt-Frankenforst? Es ist der Torf. Torf ist eigentlich eine prima Sache der Natur.

Vertrag mit Baufirma aufgelöst

In Niedersachsen gibt es ihn im Überfluss, und oft wird er in Mooren abgebaut und als Pflanzsubstrat verkauft. Auf diese Idee könnten die Gladbacher vielleicht auch kommen: Im Untergrund von Alt-Frankenforst liegt nämlich Torf. Das habe aber vorher niemand wissen können, nahm Wagner die beauftragten Ingenieure in Schutz. Dieser Frankenforster Torf ist jetzt ein Problem für die Kanalbauer.

Der Untergrund ist torfig-locker, Rohre könnten wohl absinken, Leitungen defekt gehen, auch neuverlegte. Weil die Planer völlig überrascht vom Torffund waren, stoppten 2021 die Kanalbauarbeiten in Alt-Frankenforst. Da waren erst 18 Prozent der Maßnahme umgesetzt. Die ausführende Baufirma sah sich außerstande, weiter zu machen. Die Stadt löste den Vertrag, und seitdem ruhten die Arbeiten.

Die neue Methode kommt der Stadt dabei noch am günstigsten. Im Fachausschuss hatte Wagner Spezialisten zum Vortrag eingeladen, die ausufernd berichteten. Noch teurer werde ein Bauverfahren, bei dem auf jedem Grundstück Pumpstationen eingerichtet werden müssen, 82 insgesamt.

Bei jedem Starkregen bekommt der Nachbar Besuch
Martin Wagner, Leiter des Gladbacher Abwasserwerks

Auch mit Spundwänden könne gebaut werden, obwohl auch hier Risse im Untergrund möglich seien. Beide Möglichkeiten schätzten die Planer auf elf Millionen Euro. Die Politiker, leicht gestresst von einem dreiviertelstündigen Fachvortrag, senkten schnell die Köpfe. Da hätte besser gleich nur die einzig denkbare Variante vorgestellt werden sollen, mit dem Kanalbau in Flüssigboden-Bauweise.

Einfach wird der Kanalbau im Alt-Frankenforst jedenfalls nicht. Der Aushub aus der Tiefe muss später wiederverwendet werden für den Einbau, und die Baufirma benötigt Platz für ihre Arbeiten. Sehr viel Platz, dachte sich mancher im Ausschuss. 600 bis 800 Quadratmeter bräuchte die Baufirma mindestens an Fläche, um Arbeiten zu können, möglichst in der Nähe des Baufelds, referierte Wagner.

Regresszahlungen als Thema

Ein Versuch, das ehemalige Ingenieurbüro für Regresszahlungen in die Pflicht zu nehmen, wie vom Grünen-Co-Fraktionsvorsitzenden Dr. Friedrich Bacmeister gefordert, sei wenig sinnvoll. Denn es habe niemand vorab vom Torf wissen können. Und die Untersuchung der Ingenieure sei im üblichen Umfang gewesen.

Was jetzt kommt, ist eine europaweite Ausschreibung. Pro forma muss in den kommenden Tagen der Ausschuss für Finanzen zustimmen; es geht ja ums Geld. Und dann bereitet die Stadt eine zweistufige Ausschreibung vor.

Zunächst sollen sich Baufirmen bei der Stadt melden, die Expertise mit diesem Verfahren vorweisen können. Im zweiten Schritt nehme man Kontakt zu den fachkundigen Firmen auf und bitte um Angebote, sagte Wagner. Nach Auswahl könne es dann losgehen in Alt-Frankenforst.