Die fixe Quote für Sozialwohnungen ist in Bergisch Gladbach heftig umstritten – am Dienstag soll eine Grundsatzentscheidung fallen.
BaurechtBergisch Gladbach streitet um fixe Quote für Sozialwohnungen
Die Stadt will Einfluss auf den Wohnungsbau nehmen. Dabei setzt die Stadtverwaltung auf eine festgeschriebene Quote von 30 Prozent öffentlich geförderter Wohnungen, die künftig bei Neubauprojekten im Rahmen von Bauleitverfahren festgeschrieben werden soll. Am Dienstag im Planungsausschuss steht das brisante Thema auf der Tagesordnung. Zünglein an der Waage bei der Abstimmung ist die Freie Wählergemeinschaft.
Ende November 2022 ist die Ampel-Koalition an dem Paradigmenwechsel zerbrochen. Die Befürchtung der FDP lautet: Durch die Vorgabe einer verpflichtenden Quote von 30 Prozent für Sozialwohnungen könnten Investoren abgeschreckt werden – erst recht in diesen Zeiten mit extrem gestiegenen Bauzinsen. Dies würde nicht nur zu weniger Sozialwohnungen, sondern auch zu weniger frei finanzierten Wohnungen führen.
CDU setzt sich für eine differenzierte Quote ein
Die CDU teilt diese Sorge und wirbt deshalb dafür bei der Quote zu differenzieren: 15 Prozent für geförderten sozialen Wohnungsbau, 15 Prozent für preisgedämpften Wohnungsbau, wo die Mieten um einige Euro unter dem marktüblichen Niveau liegen.
Grüne und SPD dagegen stehen voll hinter der Reform, die der Stadt bei der Gestaltung neuer Baugebiete und den Mietpreisen ein Mitspracherecht einräumen soll. Das reicht aber nicht für eine Mehrheit. Ausschlaggebend werden wahrscheinlich die Stimmen der Freien Wählergemeinschaft (FWG) sein.
Bisher hat die FWG die Grundsatzentscheidung zur Baulandstrategie und damit auch die 30 Prozent-Regelung mitgetragen. „Am heutigen Montag beraten wir in der Fraktionssitzung abschließend, auch darüber ob wir Anträge stellen, um den Beschluss zu präzisieren“, kündigt FWG-Sprecher Rainer Röhr an.
Stadtsprecher Martin Rölen stellt klar: „Die Quotenregelung unterliegt auch künftig der Prüfung der Angemessenheit“, weist Rölen auf entsprechende Festlegungen im Handlungskonzept Wohnen hin: Die Stadt werde sich „gesprächsbereit“ zeigen, „sollten Investoren eine zu hohe Kostenbelastung bezüglich städtischer Forderungen beanstanden.“ Damit sind auch verpflichtende gemeinwohlorientierte Leistungen gemeint, die Investoren zusätzlich zu den 30 Prozent erbringen sollen: Beteiligungen am Ausbau der Infrastrukturen, zum Beispiel Kitas, Schulen, Spielplätze oder Straßen.
Im Handlungskonzept Wohnen steht aber auch ausdrücklich: „Es dürfen keine Ausnahmen von der städtischen Baulandstrategie zugelassen werden.“ Ausnahmen schwächten die Position der Stadt und gefährdeten die wohnungspolitischen Ziele, heißt es.
Perspektivisch wird die neue Regelung auch für das Zanders-Gelände gelten
Welche Bauleitverfahren nach der neuen Maxime als nächstes angegangen werden, werde zurzeit noch in einer aktualisierten Prioritätenliste erarbeitet, berichtet Rölen. Die Liste soll dem Planungsausschuss im März zur Beratung vorgelegt werden.
Bereits angewendet wird die Verpflichtung zur 30 Prozent Quote mit dem Investor und Eigentümer des Wachendorff-Geländes in Gronau, bestätigt Rölen. Die detaillierten Verhandlungen des städtebaulichen Vertrags dauern aber noch an. Wie berichtet, sieht das Konzept auf dem fünf Hektar großen Areal 450 bis 500 Wohnungen vor. Perspektivisch gilt die Klausel dann auch auf dem Zanders-Areal. Im ersten Quartal 2023 soll entschieden werden, welche Nutzungen es auf dem Gelände der Papierfabrik geben soll.
Die Stadt ist gezwungen, schnell zu handeln, darüber sind sich alle einig: Verwaltung und Politik. Denn die von der Stadt beauftragten Gutachter sprechen in ihren Studien zum Handlungskonzept Wohnen von einem „Wohnungsnotstand“.
Baulandstrategie ist kein Allheilmittel für bezahlbaren Wohnraum
Bevölkerungsgruppen mit geringem Einkommen in Höhe von 1500 bis 1700 Euro seien bereits heute faktisch vom Wohnungsmarkt ausgeschlossen. Aktuell gibt es in Bergisch Gladbach 1820 geförderte Wohnungen. Das entspricht einem Anteil von drei Prozent am heutigen Wohnungsbestand. Bis 2035 läuft für 766 Wohnungen die Bindungsfrist aus. Mit einer 30 Prozent-Klausel könne laut Gutachten das Angebot für Haushalte mit mit geringem Einkommen wenigstens auf dem jetzigen Niveau gehalten werden.
Der Bedarf ist aber viel größer. Somit ist die Baulandstrategie als Instrument, um den Notstand an bezahlbarem Wohnraum entgegenzuwirken, kein Allheilmittel. Zur Kompensation fehlen vor allem die Flächen. Und die neue Baulandstrategie hat noch einen Haken: Sie gilt nur dort, wo die Stadt Baurecht mit einem Bebauungsplan festlegt. Dort, wo es im Innenbereich keinen Bebauungsplan gibt, entfällt diese Steuerungsmöglichkeit. Dies ist bei Genehmigungen nach Paragraf 34 des Baugesetzbuches der Fall. Hier wird eine Baugenehmigung erteilt, wenn sich das Bauvorhaben in Nutzung und Dimension in die Umgebung einfügt.