Im Hauptausschuss diskutierten die Bergisch Gladbacher Politiker auch über Atomstrom.
Ab SommerStadt Bergisch Gladbach will komplett auf Strom aus erneuerbaren Energie setzen

Auch Windkraft könnte künftig eine Möglichkeit für die Stadt Bergisch Gladbach sein, um sich mit Strom zu versorgen. (Symbolbild)
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Am Atomstrom scheiden sich die Geister. Das ist nicht nur auf europäischer Ebene so, sondern auch in Bergisch Gladbach. Die wichtigste Frage lautet dabei: Ist Strom aus Kernkraftwerken eigentlich grün oder ökologisch? Die Stadt muss das klären, juristisch einwandfrei und ohne Möglichkeit zur Klage.
Und sie muss es sehr schnell klären: Zum 1. Juli 2023 will die Stadt ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien beziehen, weniger als drei Monate verbleiben also. Vorbereitet wird in diesen Tagen eine europaweite Ausschreibung, auf drei Jahre ausgelegt. Verwaltung und Politik nehmen Mehrkosten dafür in Kauf: Rund 100.000 Euro im Jahr ist der Ökostrom teurer als Strom aus konventioneller Herstellung.
Der Vorgang der Stromumstellung als solcher geht noch zurück auf einen Antrag der ehemaligen Ampelkoalition aus dem März 2022. Seitdem bereitet die Zentrale Vergabestelle der Stadt und das städtische Rechnungsprüfungsamt die Ausschreibung vor. Derzeit wird die Stadt in der Grundversorgung eines Energieversorgers beliefert. Die Umstellung auf Öko soll die Nachhaltigkeitsaktivitäten der Stadt unterstützen.
Bergisch Gladbach: Diskussion über Atomstrom
Neulich im Hauptausschuss war der Atomstrom gleich das heißeste Thema. Günther Schöpf, der Vertreter der „Alterative für Deutschland“ (AfD), hob als erster die Hand. Atomstrom würde ja auch unter den Erneuerbaren Energien fallen, ob die Stadt dies in ihrer Ausschreibung berücksichtige. Bei einer europaweiten Ausschreibung, die kommen müssen, seien Lieferanten vorstellbar, die beispielsweise aus Frankreich belieferten.
In Frankreich werde der Atomstrom etwas anders gesehen als in Deutschland, meinte der Redner. Später griffen auch Redner der CDU-Fraktion die Frage des Atomstroms auf. Diese Sache müsse in der Tat geklärt sein, meinte Dr. Michael Metten, Fraktionsvorsitzender der CDU. Von der Verwaltung kam dazu ein zustimmendes Kopfnicken. Das habe man auf dem Schirm, meinte der Beigeordnete Ragnar Migenda (Grüne). In der Ausschreibung wird betont, dass der wirtschaftlichste Anbieter gewählt wird. Ein kleiner Stromlieferant hat da keine Chance, weil der Jahresumsatz des Lieferanten darf nicht unter 2,8 Mio. Euro liegen.
Bergisch Gladbach setzt auf erneuerbare Energien
In der Europäischen Union gelten Atom- und auch Gasstrom künftig als klimafreundlich, nachhaltig und auch ökologisch. Im Juli 2022 hatte sich dafür eine Mehrheit im Europaparlament gefunden, Basis ist ein umstrittener Vorschlag der EU-Kommission. In der Kreisstadt steht eine große Mehrheit hinter der Ausschreibung, die Eingabe der AfD darf als Außenseiterstimme gesehen werden. In den Ausschreibungsunterlagen, die die Stadt bislang veröffentlichte, ist eine Lieferung von „100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien“ vorgesehen.
Im Kleingedruckten wird Wasserkraft erwähnt, Windenergie, Solarenergie, Geothermie, Energie aus Biomasse sowie Energie aus flüssiger Biomasse, sofern bestimmte Kriterien eingehalten werden. Falls sich ein Anbieter mit Atomstrom am Verfahren beteiligt, könnte er sich auf die Beschlüsse auf europäischer Ebene berufen. Dann stünde die Ausschreibung der Stadt gegen das Votum des Europäischen Parlaments. Und die Verwaltung um Bürgermeister Frank Stein (SPD) sähe sich einem Gerichtsverfahren gegenüber. Ein Vertragsbeginn im Juli wäre dann illusorisch.
Die Angebotsfrist endet am Dienstag, 2. Mai, um 9.15 Uhr. Bis 31. Mai beabsichtigt die Stadt, eine Entscheidung zu treffen. 481 städtische Abnahmestellen mit rund 20,8 Gigawattstunden (Gwh) Ökostrom sollen ab 1. Juli, 0.00 Uhr, zu den Gladbacher Rathäusern, zu Feuerwehrhäusern, Schulen, städtischen Unterkünften und so weiter fließen.