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Bergisch GladbachStadt prüft Parken mit Pickerl wie in Wien

Lesezeit 3 Minuten
Eine Frau führt in einem Parkhaus in Stuttgart einen Parkschein in einen Automaten ein.

Die neuen Parkautomaten, die die Stadt Bergisch Gladbach anschaffen will, können nur noch bargeldlos mit EC- oder Kreditkarte bedient werden. 

Die komplette Umstellung der Parkautomaten in Bergisch Gladbach auf bargeldlosen Betrieb ist der Politik zu radikal. Die Wiener Papierlösung soll geprüft werden. 

Ein Hauch von Wien könnte künftig in Bergisch Gladbach einziehen: beim Parken mit dem „Pickerl“, einem Ticket auf Papier, das man in Geschäften und Kiosken kaufen kann und hinter die Frontscheibe legt. In der österreichischen Hauptstadt liefe dieses „simple System“ sehr gut, neben dem Handy-Parken, berichtet Markus Bollen (Grüne) im Ausschuss für Infrastruktur und Umwelt.

Zu radikal ist allen Fraktionen die komplette Umstellung der Parkautomaten auf digitale Technik ohne Bargeld. Dies bringt zwar einen Vorteil für das leere Stadtsäckel, ist aber zum Nachteil der älteren Menschen, ist sich der Ausschuss einig.

Die Stadtverwaltung soll nun im Rahmen eines „integrativen Parkraumkonzepts“ bis zur nächsten Sitzung im Juni prüfen, ob die Wiener Papier-Variante auch in Bergisch Gladbach umzusetzen ist. Außerdem sollen weitere Möglichkeiten vorgestellt werden, die das Bezahlen von Parkscheinen mit Bargeld noch ermöglichen.

Verwaltung wirbt vergeblich für digitale Lösung

Gegen den eindrücklichen Rat der Stadtverwaltung fasst der Ausschuss diesen Beschluss. Vergeblich werben Dezernent Thore Eggert und seine Fachleute dafür, die digitale Lösung – in Nachbarstädten wie Düsseldorf und Köln schon praktiziert – zeitnah umzusetzen.

Zum einen aus wirtschaftlichen Gründen: Das jährliche Entleeren der Münzfächer kostet die Stadt nach eigenen Angaben jährlich 90.000 Euro. Dazu kommt der Wartungsaufwand in Höhe von 10. 000 Euro im Jahr. „Wir könnten 100.000 Euro sparen. Viel Geld, das andernfalls in Zeiten knapper Kassen vielleicht bei den freiwilligen Leistungen gekürzt werden müsste“, argumentiert Eggert. Die Investition in neue Parkautomaten, wo nur mit EC- und Kreditkarte oder per Handy-Park-App bezahlt werden kann, beziffert die Verwaltung mit 265.000 Euro. Eine Amortisation würde allein durch die Einsparungen bereits nach drei Jahren eintreten.

500.000 Euro nimmt die Stadt im Jahr durch Parkgebühren ein

Ein weiterer wichtiger Punkt aus Sicht der Verwaltung ist, dass zum Ende dieses Jahres der Vertrag mit dem Dienstleister ausläuft, der nicht verlängern will. „Nachfolger wird es aller Voraussicht nicht geben“, sagt Fachbereichsleiterin Alexandra Meuthen. Ausschreibungen für den Auftrag seien in den vergangenen Jahren zweimal erfolglos geblieben. Gebe es bis zum Jahresbeginn 2026 keinen Automatentausch, drohten Einnahmeausfälle. 500.000 Euro im Jahr nimmt die Stadt durch Parkgebühren ein.

Im Ratssaal geht es über eine Stunde lang, inklusive Sitzungsunterbrechung, hin und her. Christine Leveling (SPD) outet sich als Bargeld-Fan: „Ich spreche aber auch für einen großen Teil der älteren Bevölkerung, die nicht gut mit dem Digitalen zurechtkommt.“ Martin Derda, der den Seniorenbeirat vertritt, bestätigt dies: „Nach Studien können 30 Prozent der über 70-Jährigen nur eingeschränkt mit dem Smartphone umgehen.“

Wenn sie alle Automaten umstellen, machen Sie für 20 bis 30 Prozent der Gladbacher die Automaten unbenutzbar.
Martin Derda, Seniorenbeirat

Er warnt: „Wenn Sie alle Automaten umstellen, machen Sie für 20 bis 30 Prozent der Gladbacher die Automaten unbenutzbar.“ Derda schlägt vor, wenigstens vor Arztpraxen und Apotheken Kurzzeitparkplätze einzurichten, die mit der Parkscheibe bedient werden.

Jörg Laschet, Freie Wählergemeinschaft, sagt: „Es ist auch eine Frage der Gewohnheit, in vielen Städten sind die Automaten ja bereits umgestellt.“ Christian Buchen(CDU) meint: „Die Zahlen sprechen dafür, auf bargeldlos umzustellen. Aber wir müssen auf die Gesamtbevölkerung schauen.“ Sein Lösungsansatz lautet: An stark frequentierten Stellen sollen Automaten, in die Bargeld eingeworfen werden kann, stehen bleiben. Helmut Wanicek, AfD, möchte dagegen künftig alle Bezahlmöglichkeiten zulassen.

Anna Steinmetzer (Grüne) stuft die immensen Kosten für Automaten mit Münzfach als „unzumutbar“ ein. „Es müsse aber auch die Frage erlaubt sein, ob 80-Jährige, die keine EC-Karte mehr bedienen können, noch Autofahren sollten?“ So dreht sich die Diskussion im Kreis.

Es kommt noch der Hinweis aus der Verwaltung, dass nur noch wenige Banken bereit seien, diese Mengen an Münzen anzunehmen. Frank Janke aus der Abteilung Verkehrstechnik favorisiert die moderne Technik: „Umso weniger Öffnungen da sind, umso weniger Angriffsfläche für Vandalismus gibt es.“ Abgewartet werden muss nun, ob das Parkkonzept eine Lösung anbietet.