Bergisch Gladbach: Neues Café Grenzenlos steht für gelebte Inklusion

Bergisch Gladbach – Die Schnecke ist bekannt für langsame Fortbewegung, sie zieht sich zum Schutz in ihr Haus zurück. Für das Team der am Samstag neu eröffneten Begegnungsstätte Grenzenlos in der Gladbacher Hauptstraße hat sie jedoch eine andere Bedeutung: Die rechtsdrehende Spirale steht für Entwicklung und Fortschritt. Alle am Projekt Beteiligten trugen zur Eröffnung als Merkmal eine gehäkelte Schnecke. Es war ein buntes Treiben bei der Feier in der Begegnungsstätte. Menschen mit und ohne Behinderung kamen zusammen. Und das soll auch künftig so sein.

„Die Begegnungsstätte richtet sich an alle Menschen, auch Leute, die einsam sind oder gerade durch eine schlimme Diagnose aus der Bahn geworfen wurden“, erklärt Leiterin Sonja Schumacher. Die Idee für das Projekt, das vorerst für die nächsten fünf Jahre bewilligt wurde, richtet sich vor allem an Menschen ab 27 Jahren. Denn da hört die offene Kinder- und Jugendarbeit auf. Nicht einfach für die Menschen, die mit einer Beeinträchtigung leben, und auch nicht für deren Angehörige.

Umfeld fällt weg

Das kann Andrea Kowalewski-Brüwer, Vorsitzende des Clubs Behinderter und ihrer Freunde (CBF) und Geschäftsführerin der Trägergesellschaft Inklusio, bestätigen. Sie ist durch ihren behinderten Sohn selbst mit dem Thema konfrontiert. Durch den Wegfall der Betreuung ab dem 27. Lebensjahr falle viel Selbstbestimmung und auch das Umfeld weg, da es ab diesem Alter für Beeinträchtigte kaum Angebote gebe.

„In den Werkstätten, in denen mein Sohn arbeitet, müssen Schließzeiten regelrecht bestimmt werden, weil die Leute dort freiwillig keinen Urlaub nehmen wollen“, berichtet sie. Durch die Begegnungsstätte Grenzenlos soll sich das ändern. Denn hier wird ein vielfältiges Programm angeboten. Stricken, Malen, Tanz, Brunch, gemeinsame Ausflüge; eben alles, was Spaß macht.

Ein Menschenrecht

„Inklusion ist ein Menschenrecht, das Projekt war eine überfällige Schlussfolgerung, wenn wir sagen, wir setzen das Recht um“, so Schumacher. Wie wichtig das ist, bewies die Eröffnungsfeier, denn Schumacher kam so richtig ins Rotieren. Sie nahm Glückwünsche entgegen, beantwortete unzählige Fragen und strahlte über das ganze Gesicht, wenn wieder ein Besucher sie herzlich und dankbar umarmte. „Nur durch das Engagement der rund 20 Mitglieder des Arbeitskreises in den letzten drei Monaten ist das hier möglich geworden“, freute sie sich. Auch weitere ehrenamtliche Mitarbeiter seien stets willkommen. Nach einigen Begrüßungsreden stellte sich das Tanztheater „Lichtgestalten“ vor.

Künftig soll es im Café unter der Woche, von Mittwoch bis Samstag, neben dem offenen Treff auch Kurse für die Freizeitgestaltung geben. Drei der Studios wurden vorgestellt: Im Cocktail-Studio empfing Barkeeper Tom Auweiler, der das Down-Syndrom hat, durstige Gäste. Zusammen mit ihnen und seiner Helferin mixte er den „Crodino“. Auch für Mix-Amateure kein Problem durch seine fachkundige Anleitung. Mit Leidenschaft dekorierte er am Ende das Cocktailglas und gab es zum Probieren frei.

Ein eigenes Biotop

Das Grüne Studio weckte vor allem in Kindern Eifer. Bei Marie Auweiler, Toms Schwester, wurde gepflanzt. Ein bisschen Erde ins Einmachglas, Samen dazu, mit Steinchen dekorieren und mit einem schönen Setzling – fertig war das eigene Biotop.

Fotografin Heide Prange beschäftigt sich sonst mit besonderen Merkmalen von Menschen und porträtiert diese. Am Samstag war sie dauerhaft im Einsatz, um die Besucher mit bunten Statement-Schildern zu knipsen. Tatkräftig unterstützt wurde sie von ihrer Assistentin Jutta Thielert, Sie durfte auch selbst an die Kamera, wenn sie nicht damit beschäftigt war, Fotomodelle zu animieren. Heraus kamen Fotos mit den Slogans: „Einfach mal machen!“ oder „Hashtag Integration“.

Öffnungszeiten

Das Café Grenzenlos in Bergisch Gladbach, Hauptstraße 293 - 297, ist künftig Mittwoch von 17 bis 20 Uhr, Donnerstag und Freitag jeweils von 16 bis 21 Uhr und Samstag von Samstag von 15 bis 20 Uhr geöffnet. (red)