AbwasserkonzeptNach Protest der Politik können Millionen Euro eingespart werden
Bergisch Gladbach – Der Zanders-Anschluss später, konsequente Erhebung von Erschließungsbeiträgen und Einnahmen aus Städtebauverträgen: Die Parteien haben einen ersten Entwurf der Stadt zum Abwasserbeseitigungskonzept „zerpflückt“ und die Kosten sehr deutlich gesenkt. Im Dezember plante die Stadt noch mit 228 Millionen Euro, die sie bis 2032 ins Abwassernetz investieren wollte: in neue Kanäle, in Sanierungen, in Technik.
Acht Wochen später, im Februar, sind es nur noch 186 Millionen. 20 Prozent weniger. Im Ausschuss für Infrastruktur gab es für die Fortschreibung des Abwasserbeseitigungskonzepts Zustimmung von CDU, Grünen, SPD, FDP und AfD. Die Bürgergerpartei enthielt sich, die Freien Wähler haben kein Stimmrecht. Eine Debatte blieb aus.
Zwischen den Sitzungen gab es einen Workshop mit Politik und Verwaltung. Mitte Januar war das. Auf Druck der Parteien soll die Verwaltung kräftig zurückgerudert sein, berichten Teilnehmer. Hauptänderung: Es werden 26 Millionen im Komplex „Zanders“ auf die Zeit nach 2032 verschoben, gemeint ist der Anschluss des Unternehmens ans öffentliche Abwassernetz und der damit verbundene Ausbau des Klärwerks Beningsfeld.
Auch für neue Baugebiete aus dem politisch umstrittenen Flächennutzungsplan soll bis 2032 die Kläranlage nicht ausgebaut werden. „Die Zanders-Ausgabe wird aber nur verschoben“, sagt Martin Wagner, Leiter des Abwasserwerks. Er habe nach bestem Wissen und Gewissen und unter Berücksichtigung langer Vorplanzeiten das erste Konzept erstellt. Die Politik habe sich da anders entschieden.
Abwasserbeseitigungskonzept
Alle sechs Jahre sind Kommunen verpflichtet, ein aktualisiertes Konzept zur Abwasserbeseitigung aufzustellen. Die Stellschrauben von Verwaltung und Politik sind aufgrund rechtlicher Vorgaben begrenzt, in Bergisch Gladbach ist dies nur bei den Zanders-Planungen und der Refinanzierung von Bebauungsplänen möglich.
Das für 2015 bis 2020 aufgestellte Konzept umfasste 121 Einzelmaßnahmen mit rund 169 Millionen Euro Investitionen. Die unzureichende Personalsituation der Stadt führte dazu, dass 54 Maßnahmen nicht umgesetzt werden konnten, mit einem Volumen von 87 Millionen. Sie wandern jetzt in das neue Abwasserbeseitigungskonzept.
Bislang ist offen ist, ob die seit Herbst 2019 angewandte Baulandstrategie der Stadt in den Abwasserbereich hineinspielt. Vor Einleitung eines Bebauungsplans erwirbt die Stadt die Flächen günstig und veräußert sie zum Marktwert weiter. Die abgeschöpfte Summe fließt zur Stadt. Der Leiter des Gladbacher Abwasserwerks, Martin Wagner, regt eine rechtliche Prüfung an. (nie)
Der Papierhersteller hat bislang eine Gewerbe-Kläranlage auf eigenem Gelände. Über die Regionale 2025 soll bis Mitte der 2020-er Jahre ein Nachnutzungs-Konzept entwickelt sein. Falls wider Erwarten doch vor 2032 die Planung anläuft, soll das Konzept ergänzt werden.
Alles letztlich eine Frage der Größe: Am Beningsfeld werden die Abwässer von etwa 100 000 Einwohnern gereinigt, dazu Industrie-Abwässer mit einem Volumen von 50 000 Einwohnern, Die Anlage hat eine Kapazität von 200 000 Einwohnern. Was laut Stadt bei Zanders-Anschluss und neuen Bebauungsplänen einen Ausbau erforderlich macht. Nur „zwingend erforderliche Maßnahmen“ sind nun für Zanders vorgesehen, im Umfang von einer Million Euro.
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Über zehn Millionen Euro will die Stadt bei Kanalerschließungskosten einsparen, dies nach einem Vorschlag von Planungsleiter Wolfgang Honecker. Für aktuell 19 Bebauungspläne schätzen die Experten die Kosten auf 17,5 Millionen Euro, wovon die Stadt jetzt nur noch etwa 4,4 Millionen zu tragen gedenkt. Der Rest geht in die Eigenfinanzierung der Träger oder soll im Nachhinein von der Stadt übers Abgabegesetz veranlagt werden. Bislang habe man die Kalkulation ohne diese Einnahmen aufgestellt, sagt Wagner. Aber es stelle sich die Frage, wer „die Musik bestellt hat“. Insofern mache diese Veränderung Sinn.
Wagner erinnert auch an den Bauboom. Drei neue Anträge auf Bebauungspläne gebe es aktuell, mehrere Anfragen ließen weitere Anträge erwarten. Er empfehle, künftige Bebauungspläne „nicht in die Abhängigkeit einer Aufnahme in das Abwasserbeseitigungskonzept zu stellen“. Bebauungspläne seien Steuerungselemente, die es bei der „ungebremsten Innenentwicklung“ nicht gebe.