Seit Mai 2022 dokumentieren Laura S. und ihr Mann aus Bergisch Gladbach als "die_schens" ihr Leben als Eltern auf Instagram und Tiktok.
„Momfluencerin“Mutter aus Bergisch Gladbach gibt Eltern Tipps auf Instagram und Tiktok
Laura S. ist „Momfluencerin“ – das heißt, sie veröffentlicht in den sozialen Netzwerken Beiträge zu den Fragen, die eine junge Familie so beschäftigen: Ab wann kann das Baby feste Nahrung vertragen? Was tun, wenn es nicht einschläft? Wie gefährlich ist es, wenn das Kind im Schlaf auf dem Bauch liegt?
Seit Mai 2022 dokumentieren sie und ihr Mann Gökhan, die ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen wollen, als „die_schens“ auf Instagram und TikTok ihren Alltag. Noch verdient sie damit kein Geld, bekommt aber von Unternehmen oft Produkte kostenlos oder vergünstigt zugeschickt. Bis zum Ende ihrer Elternzeit hofft sie, für die Werbepartnerschaften bezahlt zu werden und davon leben zu können.
Ihre Tochter wurde im September 2022 geboren, schon die Schwangerschaft hat sie in den sozialen Netzwerken thematisiert. Damals hätten sie und ihr Mann lange überlegt, ob das der richtige Schritt sei, inzwischen scherzt sie: „Ich denke nur noch in Stories.“ Instagram Stories – das sind Beiträge auf der Social-Media-Plattform Instagram, die sich ihre Zuschauer nur 24 Stunden anschauen können und in denen Laura sie mit in ihren Alltag nimmt, wie sie selbst sagt. Oft beantwortet sie auch Zuschauerfragen oder interviewt Experten zum Thema Mutterschaft. Vor allem Frauen, die selber Kinder oder einen Kinderwunsch hätten, würden sich ihre Beiträge anschauen, erzählt Laura.
„Momfluencer“ sind jedoch teilweise umstritten. Der Vorwurf: Viele von ihnen würden das Recht der Kinder am eigenen Bild übergehen, sie ausnutzen, weil sie sich noch nicht wehren könnten. Die Kinder seien dem schutzlos ausgeliefert, müssten später mit Mobbing und dem Missbrauch der veröffentlichten Bilder umgehen. Oft sei den Eltern nicht bewusst, dass sogar pädo-sexuelle Netzwerke die Darstellungen nutzen können, um missbräuchliche Fotomontagen zu erstellen.
Bergisch Gladbacher Paar zeigt Tochter nicht
Deshalb warnen auch Behörden Eltern davor, Bilder ihrer Kinder zu veröffentlichen – mit wenig Erfolg. So stellt jugendschutz.net, unter anderem vom Bundesfamilienministerium finanziert, in einer Untersuchung der 50 erfolgreichsten Profile fest, dass die Veröffentlichung von Kinderfotos, die die Privatsphäre der Kinder verletzen, für die auf Instagram erfolgreichsten Eltern zur Normalität gehört.
Auch Laura geht davon aus, dass ihre Beiträge vermutlich deutlich mehr Aufrufe erzielen würden, wenn sie ihre Tochter zeigen würde, meint die „Momfluencerin“ darauf angesprochen. Sie und ihr Mann haben sich aber dagegen entschieden, wollen sie so schützen. Man wisse online schließlich nie, wer sich die Beiträge angucke. Dennoch hofft sie, bis zum Ende ihrer Elternzeit 2024 von ihrem Internetauftritt leben zu können.
Fast jedes Unternehmen mache inzwischen Werbung mit Influencern. Die sozialen Netzwerke sind ein hart umkämpftes Pflaster: Je seltener sie Beiträge veröffentlicht, desto seltener werde sie neuen Zuschauern vorgeschlagen. Das bedeutet für sie: weniger Aufrufe und damit weniger Werbepartnerschaften.
„Heute habe ich kein Video gepostet – das rächt sich jetzt auch wieder“, stellt sie fest. Trotzdem sei es ein schöner Teilzeitjob: Beiträge könne sie immer und überall erstellen, beispielsweise wenn ihre Tochter schlafe. Für Mütter können die sozialen Medien also auch die Möglichkeit bieten, Familienleben und Job unter einen Hut zu bringen – vorausgesetzt, das Kindeswohl steht im Vordergrund.