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GerichtsprozessBergisch Gladbacher bekommt keine Strafe für geklautes 8000-Euro-E-Bike

Lesezeit 3 Minuten
Elektroräder stehen in einem Ständer, ein blaues steht davor.

Ein Mann aus Bergisch Gladbach stand wegen eines geklauten E-Bikes vor Gericht. (Symbolbild)

Die Erklärung des Gladbachers, wie ein in Köln gestohlenes Luxus-E-Bike in sein Wohnzimmer kam, war obskur. Aber bestraft wurde er dafür nicht.

Außer Spesen und ein bisschen Marihuana nichts gewesen: Das Bensberger Amtsgericht hat ein ungewöhnliches Hehlerei-Verfahren um ein 8000 Euro teures Lasten-E-Bike gegen einen 37-jährigen Gladbacher eingestellt. Der Angeklagte, in dessen Wohnzimmer das in Köln-Mülheim gestohlene Radl geortet und sichergestellt worden war, muss 800 Euro Geldstrafe zahlen. Aber nicht für verbotene Makler-Dienste zwischen Fahrrad-Dieb und -Käufer, sondern weil Zivilfahnder der Kölner Polizei als Beifang acht Gramm Marihuana auf dem Küchentisch fanden, nachdem sie wegen „Gefahr im Verzug“ ohne Durchsuchungsbefehl seine Wohnung geentert hatten.

Das Hehlerei-Verfahren hatte unter keinem guten Stern gestanden, was der nun mit einem kleinen blauen Auge davongekommene Angeklagte Dennis B. (Namen geändert) wohl anders sehen dürfte. Mit dem ersten Prozess im Oktober 2022 hat es insgesamt vier Termine gegeben.

Airtag verriet den Standort

Mal waren Zeugen nicht geladen, weil die Ermittlungsakten auf ein Geständnis deuteten, dann wurde Verfahrensbeteiligte krank, ein Beweismittel war unauffindbar oder Zeugen blieben fern. Hatte Dennis B. laut Polizeiprotokollen die Hehlerei eingeräumt, bestritt er sie vor Gericht energisch.

Das 8000-Euro-Rad war am 30. August 2021 in Köln-Mülheim geknackt und geklaut worden. Der rechtmäßige Eigentümer hatte es mit einem „Airtag“ versehen, wie ein Kölner Zivilfahnder im Prozess sagte. So ein Airtag, damals erst vier Monate auf dem Markt, hat den Durchmesser einer Zwei-Euro-Münze. Der Chip mit dem geringen Energieverbrauch, auch Tracker genannt, verrät seinem Eigentümer immer dann, wenn ein iPhone in der Nähe ist, den aktuellen Chip-Standort.

Kölner Zivilfahnder hüpfte in die Wohnung

Auf diese Weise konnte Eigentümer Johann V. zunächst die Kölner Polizei darüber informieren, dass sein Rad sich in Richtung Gladbach bewegte. Die Kölner Ordnungshüter schickten mehrere Teams los, Johann V. kam hinterher, um sein Rad nicht nur ungefähr in einem Wohngebiet, sondern ganz präzise zu orten.

Das gelang ihm auch, und zwar in der Wohnung des Angeklagten Dennis B. Der wurde daraufhin erst einmal von dem Zivilfahnder angesprochen und immer nervöser. Schließlich beschloss der Fahnder, über die Balkonbrüstung in die Wohnung von Dennis B. zu hüpfen, wo sich neben dem Lasten-Bike auch noch vier Fahrrad-Akkus, fünf Fahrradgabeln, zwei Räder, besagte acht Gramm Marihuana auf dem Küchentisch sowie ein Gramm Amphetamine im Eisfach befanden. Johann V. erhielt sein Rad auf der Stelle zurück.

Vermittlung als Freundschaftsdienst

Vor Gericht schwor B. Stein und Bein, dass er den Diebstahl nicht in Auftrag gegeben habe und ihm die übrigen Fahrradteile legal gehörten. Vielmehr habe sein alter Bekannter Jakub P. ihn dringend gebeten, ihm einen Käufer für das Rad zu vermitteln. Da sei ihm sein anderer alter Bekannter Ibrahim K. eingefallen. Für 500 Euro seien sich die beiden Männer einig geworden, Ibrahim K. habe ihn gebeten, das Fahrrad zu ihm zu bringen. Dann seien die Männer raus und die Polizei sehr schnell rein ...

So ganz lebensnah wirkte die Einlassung des ohne Anwalt erschienen Angeklagten nicht. Doch waren weder Jakub P. noch Ibrahim K. als Zeugen erschienen und die Polizei sah sich nicht in der Lage, sie kurzfristig aufzuspüren.

Staatsanwaltschaft und Gericht sehen das Problem, die beiden Zeugen zu bekommen.
Richterin Stephanie Daldrup

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit und des Angeklagten beriet sich Richterin Stephanie Daldrup mit der Anklägerin und verkündeten dann die Absicht, das Hehlerei-Verfahren nach Paragraf 154 der Strafprozessordnung einzustellen. Nur der verbotene Marihuana-Besitz solle bestraft werden, die Amphetamine im Eisfach dagegen auch nicht. Von denen hatte Dennis B. angegeben, dass sie nicht ihm gehörten, sondern er sie für einen anderen Freund aufbewahrt habe.

Das sichergestellte Fahrrad-Zubehör bekommt B. nun zurück, ebenso sein Handy. Die Strafe von 800 Euro für den bislang kaum vorbestraften Wenigverdiener entspricht 80 Tagessätzen zu zehn Euro, das Urteil ist schon rechtskräftig.