Alle medizinischen Einrichtungen haben Fachkräftemangel: Das EVK zahlt Prämien und die GFO-Kliniken suchen im Ausland nach Mitarbeitenden.
Kampf mit harten BandagenKlinikum Leverkusen wirbt vor Bergisch Gladbacher Krankenhäusern für Jobs
Der Fachkräftemangel in der Pflege ist längst auch im Rheinisch-Bergischen Kreis angekommen. Angespannt ist die Situation nicht nur in den GFO-Kliniken Marienkrankenhaus und Vinzenz-Pallotti-Hospital, sondern auch im Evangelischen Krankenhaus, das vor kurzem mit einer 5000-Euro-Antrittsprämie um neue Mitarbeiter warb und Beschäftigte mit einer 3000-Euro-Prämie für die Anwerbung neuer Kräfte belohnt.
Noch extremer ging das Klinikum Leverkusen vor, das in Bergisch Gladbach zwischen Busbahnhof und Marienkrankenhaus mit Markierungen „Dein Karriereweg führt nach Leverkusen“ versuchte, Mitarbeiter abzuwerben.
Doch statt zu Gegenreaktionen auf die Rekruiting-Aktionen motiviere das die Klinken der Gemeinnützigen Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe (GFO), Trägerin von 100 Einrichtungen im Sozial- und Gesundheitswesen, mehr denn je dazu, sehr gute Mitarbeitende zu finden und das eigene Personal an sich zu binden: Diesen Eindruck vermittelte das GFO-Team in einem Pressegespräch. „Es ist ein Haifischbecken“, äußert sich Winfried Schönauer, Projektleiter Internationale Pflegekräfte der GFO, der seit anderthalb Jahren verstärkt Pflegekräfte und Auszubildende aus dem Ausland akquiriert.
„Wir sind sehr aktiv, zusätzliche und qualifizierte Mitarbeiter für die GFO zu gewinnen“, sagt GFO-Geschäftsführer Markus Feldmann. „Dazu gehören außer unserem Programm zur Anwerbung internationaler Fachkräfte aus dem Ausland moderne Arbeitszeitmodelle, attraktive Benefits für Mitarbeitende und nachhaltige Beziehungen zu unseren Fachkräften.“
Mit mehr als 100 Einrichtungen und rund 15 000 Mitarbeitern könne das Unternehmen den Mitarbeitenden das bieten, was viele einzelne und kleinere Einrichtungen nicht leisten könnten: Weiterbildung, Standort-übergreifende Fachgruppen, Wechsel des Arbeitsplatzes im gesamten Verbund-Gebiet.
Eine Anwerbung über Prämien lehnt der GFO-Verbund ab. „Dabei kommt das Bestandsteam zu kurz“, so Pflegedirektorin Jingsi Wawrzyn-Lei. Dies sei nur eine zu kurz greifende Maßnahme. „Der Markt ist so heiß gelaufen, aber wir versuchen, unseren Prinzipien treu zu bleiben“, sagt Winfried Schönauer, der über die sogenannten Flexpools Fachkräfte aus dem Ausland akquiriert und anwirbt.
Ausländische Fachkräfte stabilisieren das Gesundheitssystem
„Sie kommen als Fachkräfte und stabilisieren unser Gesundheitssystem“, so Schönauer. „Wir wünschen uns da mehr Differenzierung der Politik.“ In vielen Staaten sei der Pflegeberuf sehr medizinisch ausgerichtet. Mit einer Qualifikation als Pflegekraft stellt sich Mazhar Yilmaz vor, der erst vor einem Monat aus der Türkei nach Deutschland kam: „Ich habe in der Türkei studiert, habe vor einem Jahr den Deutschkurs absolviert und die Prüfung gestanden – nach sechs Monaten Anerkennungszeit am Marienkrankenhaus bin ich eine volle Pflegekraft“, berichtet er über seine Berufsaussichten in Deutschland.
Das Projekte Internationale Pflegekräfte ist sehr erfolgreich: Yilmaz ist eine der 15 qualifizierten Pflegekräfte aus dem Ausland, weitere befinden sich im Einstellungsprozess. 20 junge Leute aus der Türkei, Iran, Indien, Philippinen, Togo, Senegal und anderen Ländern werden zur Zeit bei der GFO Rhein Berg ausgebildet, stellen rund ein Drittel der Nachwuchskräfte mit steigender Tendenz. Weitere elf warten auf ein Visum. Die künftigen Azubis müssen Deutsch-Kenntnisse auf dem Niveau B2 und die Fachoberschulreife nachweisen.
Hilfe bei bürokratischen Hürden in Bergisch Gladbach
„Erstkontakte kommen nicht nur über die internationalen Stellenangebote zustande, sondern auch durch die enge Vernetzung untereinander“, so Schönauer. „Das geht wie ein Lauffeuer unter den Leuten.“ Auch die Weltpolitik spiegele sich in den Bewerbungen: Spannungen im Iran oder die Wahlen in der Türkei zum Beispiel bewegen die Menschen zur Ausreise und Bewerbung in Deutschland.
Um den neuen Mitarbeiter bei den Einreise- und Anerkennungsformalitäten zu helfen und sie in die deutsche Gesellschaft zu integrieren, hat die GFO Integrationsbeauftragte – in Bergisch Gladbach Mechthild Gassenmaier. Sie hilft, die bürokratischen Hürden zu überwinden, aber auch in der Gemeinschaft anzukommen.
Inzwischen sind auch erste Familiennachzüge möglich – die Fachkräfte bleiben in der neuen Heimat.
Intensiv investiert die GFO in die Fortbildung, die Digitalisierung und vieles andere. Auch die Eigenverantwortung der Teams wird gefördert: Zum Beispiel soll die Organisation der neuen Kurzliegestation ganz in die Verantwortung der Pflegekräfte gelegt werden.
Das Evangelische Krankenhaus arbeitet im Wesentlichen auch nach diesem Konzept – plus Anwerbeprämien.