StudieGladbacher Institut veröffentlicht überraschende Zahlen zur Bedeutung des Pkw
Rhein-Berg – Eine Erkenntnis, die Prof. Dr. Stefan Bratzel aus seiner Umfrage zieht, ist ziemlich überraschend: „Die Bedeutung des eigenen Autos nimmt insbesondere bei jüngeren Stadtbewohnern wieder zu.“ Auf dem Land hingegen scheint sie leicht abzunehmen.
Stefan Bratzel ist Leiter des Centers of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach, eines wissenschaftlichen Instituts für empirische Automobil- und Marktforschung an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach. Bratzel hat für den Mobility Service Report (MSR) 2022 zusammen mit dem Marktforschungsinstitut Yougov 2100 Menschen ab 18 Jahren befragt, welche Bedeutung ein privater Pkw für sie hat.
Gladbacher Experte sieht Corona als Faktor
Das Ergebnis: 42 Prozent der Befragten insgesamt geben an, dass sie auf ihren Wagen angewiesen sind. Auffällig dabei ist, dass der Wert bei den Stadtbewohnern zwischen 18 und 34 Jahren zwischen 2018 und 2022 um neun Prozentpunkte angestiegen ist.Unwichtig ist das Auto für insgesamt 17 Prozent der Befragten.
„Es zeigt sich, dass es den Städten in den letzten Jahren nicht gelungen ist, durch eine Verbesserung des öffentlichen Verkehrs und der Mobilitätsservices die junge Generation zum Verzicht auf das eigene Auto zu bewegen“, folgert Studienleiter Bratzel. Das könne an Angebotsdefiziten und auch an Ängsten rund um Corona liegen.
Fast die Hälfte der jungen Menschen ist aufs Auto angewiesen
So überraschend es ist, dass offenbar junge Menschen in der Stadt wieder mehr auf ihr Auto angewiesen sind, wo das ÖPNV-Angebot in der Regel gut ist, so wenig überraschend ist der Unterschied in den Werten zwischen Stadt- und Landbevölkerung. 65 Prozent der Landbewohner zwischen 35 und 54 Jahren sind auf ihren Wagen angewiesen, bei den Stadtbewohnern sind es in derselben Altersklasse nur 36 Prozent.
Bei den jungen Menschen auf dem Land scheint die Entwicklung gegensätzlich zu den Städten zu laufen. Zwar ist der Anteil derjenigen unter den 18- bis 34-Jährigen, die auf ihr Auto angewiesen sind, bei 47 Prozent geblieben. Aber der Anteil derjenigen, die die Bedeutung ihres privaten Pkw als „unwichtig“ einstufen, ist zwischen 2018 und 2022 um sechs Prozentpunkte auf zwölf Prozent gestiegen. Gleichzeitig ist der Anteil derjenigen, die ihr Auto als „wichtig“ bezeichnen, in dieser Altersklasse gesunken, von 31 auf 21 Prozent.
Rhein-Berg: Weniger Pkw-Zulassungen
Und die Anzahl der neu zugelassenen Pkw in Rhein-Berg lag 2020 in der Tat deutlich unter den beiden Jahren davor. Insgesamt 9995 neue Pkw-Zulassungen verzeichnet das Kraftfahrtbundesamt für den Rheinisch-Bergischen Kreis im Jahr 2020. 2019 waren es 11 747 und 2018 11 467 neue Pkw.
Wie wichtig ist das Auto?
Jüngere verzichten auf Urlaub
Gefragt, worauf sie verzichten würden, um sich ein neues Auto zu kaufen, gaben 40 Prozent der 18- bis 34-Jährigen auf dem Land an, auf Urlaubsreisen zu verzichten. Das sind satte zehn Prozent mehr als noch 2018. Bei den Menschen auf dem Land zwischen 35 und 54 Jahren sind es dagegen lediglich 34 Prozent, die auf ihre Urlaubsreise für ein neues Auto verzichten würden.
17 Prozent der jüngeren Befragten (18 bis 34 Jahre) auf dem Land könnten sich vorstellen, auf Ersparnisse zu verzichten. Bei den Befragten zwischen 35 und 54 sind das zwölf Prozent. Bei den Über-55-Jährigen auf dem Land würden acht Prozent auf ihre Ersparnisse verzichten. Auffällig: 14 Prozent der jüngeren Stadtbewohner würden auf Altersvorsorge verzichten (2018 waren es drei). (nip)
Ob das Umsteigen vom Auto auf den ÖPNV auf dem Land in den vergangenen Jahren häufiger geworden ist, lässt sich derzeit nur erahnen. Die ÖPNV-Fahrgastzahlen für den Kreis sind wegen der Corona-Pandemie für die vergangenen Jahre nur bedingt aussagekräftig.
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Laut Wupsi-Sprecherin Kristin Menzel liegt man noch nicht ganz auf dem Vor-Pandemie-Niveau. Waren es vor Corona noch rund zehn Millionen Menschen im Jahr, die mit dem Bus durch den Kreis fuhren, seien die Zahlen in den vergangenen beiden Jahren eingebrochen. Inzwischen liege man wieder bei rund neun Millionen Fahrgästen. Welche Auswirkungen das Neun-Euro-Ticket und ein mögliches Nachfolgemodell hatte und haben könnte, sei noch nicht klar. Auch die Fahrgastzahlen der S 11 sind in den vergangenen Jahren gesunken. Wie VRS-Pressesprecher Holger Klein mitteilt, lag man 2021 bei 28 200 Fahrgästen pro Werktag, 2020 waren es 30 520. Vor Corona waren es deutlich mehr: 48 680 im Jahr 2019 und 49 450 Fahrgäste im Jahr 2018.