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StadtgeschichteBuch von Peter Lückerath und Michael Werling zum Laurentius-Friedhof

Lesezeit 4 Minuten

Die Autoren Peter Lückerath (links) und Michael Werling am Grab der Familie Odenthal, die Kaufleute und Politiker hervorbrachte.

Bergisch Gladbach – Friedhöfe sind Orte der Stille. Die Geschichten derer, die dort für immer schweigen, erzählen stellvertretend Peter Lückerath und Michael Werling in ihrer neuesten Publikation. Ihr Weg über den Laurentius-Friedhof ist ein Gang durch die Stadtgeschichte: Seit 150 Jahren werden auf dem Berg am Marienkrankenhaus Menschen beigesetzt. „Dort liegen unglaublich viele interessante Personen, deren Geschichten wir ans Licht heben konnten“, so Werling.

Pompöse Grabmale und bescheidene Kreuze, bröckelnde Putten und Engelsgesichter, Steinsarkophage und Stelen berichten den Lebenden von den Toten. „Kleine Denkmäler, die als Teil einer Erinnerungskultur bewahrt werden sollten“, findet Werling, Architekturhistoriker und Vorsitzender des Bergischen Geschichtsvereins. Gemeinsam mit seinem Vorstandskollegen Peter Lückerath begab er sich auf Spurensuche. „Menschen – Gräber – Geschichten“ lautet dann auch der Untertitel des Buches.

Der Laurentius-Friedhof

Der Laurentius-Friedhof in seiner heutigen Gestalt ist Ergebnis einer 150-jährigen Entwicklung. Regelmäßig musste das Gelände, das mit der Anlage eines kleinen Gräberfeldes 1868/69 begann, erweitert werden – Folge einer stetig wachsenden Bevölkerung. Zuvor hatte der Kirchhof rund um St. Laurentius als Friedhof gedient. Dort reichten die Parzellen aber nicht mehr aus, zumal die Särge im lehmigen Boden nicht gut verrotteten.

Die Urzelle des neuen Friedhofes lag „Auf’m kleinen Horn“, einem Hang nordwestlich der Kirche. Im Zuge der Erweiterung 1899 wurde auch ein Leichenhaus konzipiert, das die hygienischen Bedingungen der Aufbahrung von Toten verbessern und den Missstand beenden sollte, dass Leichen bis zur Beisetzung des öfteren in einem Wagenschuppen aufbewahrt wurden. 2012 verfügte der Friedhof noch über 2684 Grabstätten; heute werden immer mehr Plätze nicht mehr belegt – Folge einer sich wandelnden Bestattungskultur. (spe)

Neben der historischen Entwicklung von St. Laurentius als Kirch- und Begräbnisort, neben architekturhistorischen Beiträgen zu Gräbern und Grabmalen, die immer auch Kinder ihrer Zeit sind, zeichnen die Autoren Biografien und Familiengeschichten nach. „Manchmal Detektivarbeit“, erzählt Lückerath, der sich auskennt mit personengeschichtlichen Quellen. Im Falle eines Monteurs, der von seiner Firma nach „Niederländisch Indien“ (Indonesien) geschickt wurde, musste selbst er passen: „Da stößt man dann an Grenzen.“

An Grenzen stieß auch die katholische Kirchengemeinde St. Laurentius Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Stadt wuchs und die Kirchengemeinde mit ihr. Der alte Kirchhof im Ortskern, der lange die Toten aufgenommen hatte und auf den heute noch einige wenige Grabsteine hinweisen, wurde zu klein.

Bekannte Tote

Fabrikant, Krämer, Geschäftsfrau und Karnevalsprinz – auf dem Friedhof liegen sie vereint. Hier findet sich auch die Grabstätte von Louis Weber, der im Leben viel Spaß hatte – nicht nur im Karneval. Weber war der erste offizielle Karnevalsprinz der Stadt und zog 1928 in einem triumphalen Umzug durch die Straßen, der wegen politischer Umstände lächerliche 14 Jahre Verspätung hatte. Jacob Herweg verstand sich weniger auf Kamelle als auf Zahlen. 1847 wurde er Bürgermeister von Gladbach und musste die verschuldete Gemeinde erst einmal sanieren. Entsprechend bescheiden war sein Büro: Tisch, Schreibpult und Ofen mussten genügen. Ob er Spirituosen mochte, ist nicht bekannt.

Auf deren Verkauf verstand sich Katharina Heuser, genannt „et Schmitters Kathrinchen“, eine couragierte Geschäftsfrau, die einen florierenden Laden betrieb. Hochbetagt starb sie 2004, passenderweise an ihrer Wirkungsstätte. Hinter der Theke fiel sie einfach um. (spe)

Der damalige Vikar schenkte der Gemeinde deshalb ein Stück Ackerland am nahen Berghang, Keimzelle des heutigen Friedhofs. Anders als heute, da die meisten Friedhöfe nicht mehr ausgelastet sind, weil sich die Bestattungskulturen verändern, hatte die Begräbnisstätte St. Laurentius früher stets Platznöte. Sechs Erweiterungsphasen, so Werling, ließen den Friedhof von 5000 auf heute 48 500 Quadratmeter anwachsen.

Mehr Kunst als Grab: Ein Pseudo-Sarkophag auf dem Laurentius-Friedhof.

Wer im Leben Luxus gewohnt war, der wollte auch von der Nachwelt angemessen wahrgenommen werden. Und so entstanden über die Jahre auf dem Areal aufwendige Familiengrabstätten, an deren Gestaltung Steinmetze und Künstler arbeiteten. So hatte etwa der Fabrikant Theodor Zimmermann sein Geld mit Korallenkalkstein gemacht, „ein Material, das einmal sehr in Mode war und auch beim Emilienbrunnen verwendet wurde“, erklärt Werling. Auch im Tode hielt Zimmermann dem Korallenkalkstein die Treue. Seine Grabstätte zeugt davon.

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Peter Lückerath, Michael Werling: St.-Laurentius-Friedhof. Menschen – Gräber –Geschichte,Bergisch Gladbach 2020, 304 Seiten. Für zehn Euro erhältlich im Geschichte-Lokal Bensberg und im Buchhandel.