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Selbsttest zweiter TeilBergisch Gladbach geht auf Kritiker ein und will handeln

Lesezeit 4 Minuten

Die Stadt Bergisch Gladabch startet eine zweite Reihe mit Selbsttests für die Schulen.

Bergisch Gladbach – Bei den breit angelegten Corona-Schnelltests an weiterführenden Schulen und zwei Berufskollegs sind bisher nur einige positive Fälle aufgefallen. Unter den 6262 Spucktests an elf Standorten habe es bisher 33 positive Ergebnisse gegeben, so der Zwischenstand der Stadtverwaltung am vierten Tag der selbst organisierten präventiven Massentestung.

Davon hätten sich nach einer Überprüfung mit PCR-Tests aber nur zwei als positiv und zwölf als negativ herausgestellt. Auf die Ergebnisse von 19 PCR-Tests, die sicherer eine Infektion mit dem Coronavirus nachweisen, werde noch gewartet.

Nach Auskunft der Stadtverwaltung waren es größtenteils Schüler, im Schnitt 75 Prozent, die bei dem freiwilligen Angebot mitgemacht haben. „Das finde ich persönlich eine sehr gute Zahl“, zeigt sich Bürgermeister Frank Stein zufrieden. Er sei unverändert der Überzeugung, dass die Aktion ein wichtiges Signal an die Schulen und die Stadtgesellschaft gewesen sei: „Wir dürfen uns nicht hinter Paragrafen und Zuständigkeiten verstecken. Da, wo wir handeln können, müssen wir das tun. Denn die Pandemie besiegen wir nicht, indem wir sie verwalten.“

Zwei Schulen verweigerten die Selbsttests komplett

Dennoch scheint das Thema „Schnelltests zum Eigengebrauch“ heikel zu sein. Zwei weiterführende Schulen verweigerten die Selbsttests komplett. An einer Schule machte der Abi-Jahrgang geschlossen nicht mit, damit alle die Klausuren des Vorabiturs mitschreiben konnten. Die 20 Grundschulen haben sich wie berichtet geschlossen rausgezogen – die Handhabung erscheine als zu kompliziert für die Altersklassen, lautete hier die Hauptsorge.

Für weitere Kritik sorgte an vielen Schulen nicht nur die Kurzfristigkeit der städtischen Aktion. Es gibt vor allem den Wunsch, die Tests durch medizinisches Fachpersonal durchführen zu lassen, denn es handele sich dabei um keine Kernaufgabe der Lehrer. „Das können wir durchaus nachvollziehen“, sagt Jörg Köhler, Leiter des Krisenstabs. Geschultes Personal abzustellen, dafür reichten die Kapazitäten aber nicht – dies gelte auch für die vom Land für die kommende Woche zugesagten Laientests mit Nasenabstrich.

Die Bedenken eines Schulleiters im Wortlaut

Der Schulleiter einer Realschule hat noch nicht mit der Testung begonnen, obwohl er die Aktion sehr gut findet, wie er der Stadtverwaltung schreibt. Er sei froh, wenn die Möglichkeit bestehe, Corona-Infektionen schnell zu identifizieren und frühzeitig behandeln zu können. Aber er kritisiert die Art und Weise, wie die Tests durchgeführt werden.

Zitat aus der Mail: „Wie geht es mir als verantwortlichem Schulleiter damit, welche Gefühle haben meine Lehrerinnen und Lehrer und was ist mit den Hauptpersonen, den Schülerinnen und Schüler? Ich habe Bauchschmerzen, mal eben so etwas zu verantworten, was ich als falsch empfinde.

Ich versuche dies, mit einem Bild zu beschreiben: Ich sitze mit 14 fremden Personen im Warteraum einer großen Praxis, der Ehemann einer Arzthelferin, ein Journalist, kommt in Jeans und Hemd herein, verteilt Corona-Schnelltests, erklärt, wie sie angewendet werden sollen, geht mit dem Müllsack umher, sammelt die Reste ein und stellt die Uhr auf 15 Minuten.

Die mir fremden Personen und ich schauen gebannt auf das sich abzeichnende Testergebnis. Der Journalist geht rum, sieht die Testergebnisse und sagt 13 Personen, sie sollen sich so schnell wie möglich desinfizieren und nach Hause gehen. Wir zwei sollen bitte sitzenbleiben, und warten, dass der Arzt kommt, er würde das Ergebnis überprüfen.Ich möchte eine solche Situation als Erwachsener nicht erleben!“

Der Schulleiter stellt fest: „Die Ausstattung an Schulen ist im Vergleich zu Testzentren unvollständig. Lehrer sind kein medizinisches Personal.“ Er fragt: „Wie kann das Gesundheitsamt uns unterstützen?“ (ub)

Weitere Kritikpunkte, vorgebracht von Eltern und Lehrern, die beim Schulamt eingingen, lauten: die Durchführung koste für alle eine Schulstunde, der Aufwand-Nutzen stimme nicht, die Privatsphäre der Kinder werde missachtet, es könne ein extremer Druck entstehen. „Das Feedback war aber überwiegend positiv“, sagt Jörg Köhler.

„Im Falle eines positiven Tests, werden die betroffenen Schüler in einem separaten Raum von einem erfahrenen Kollegen betreut, bis die Eltern da sind“, erläutert Romina Matthes, stellvertretende Schulleiterin am Gymnasium Herkenrath. Eine Schulstunde sei darauf verwendet worden, das Testprozedere zu erläutern, Schüler hätten ein kindgerechtes Video produziert, um Ängste zu nehmen.

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„Zum Wohle unserer Schüler wünsche ich mir, dass das Land auch für die erste Woche nach den Osterferien Tests bereitstellt.“ Auch wenn die Tests nur eine Momentaufnahme seien, würden sie für mehr Sicherheit im Schulalltag sorgen.

Die Grundschulen haben darum gebeten, das Testmaterial den Familien für daheim zur Verfügung zu stellen. Dieser Anfrage stehe der Krisenstab grundsätzlich positiv gegenüber, müsse dazu aber noch beraten werden. Es handele sich um ein Medizinprodukt, welches Minderjährigen nicht ohne Aufsicht zugänglich sein dürfe und somit nicht ohne Aufsicht transportiert werden dürfe.