Bergisch GladbachPlanungsausschuss will 30 Prozent Quote für sozialen Wohnungsbau
Bergisch Gladbach – Investoren sollen künftig in neuen Bebauungsplänen deutlich weniger frei finanzierte Wohnungen planen dürfen. 30 Prozent der Fläche soll für geförderte Wohnungen reserviert werden, so der Vorschlag von Experten. Stadtverwaltung und eine politische Mehrheit unterstützen diese Reform, um mehr bezahlbare Wohnungen zu schaffen. Der CDU geht das zu weit: Investoren könnten verschreckt werden, so die Befürchtung.
Stattdessen will die CDU bei der Quotierung differenzieren: 15 Prozent für geförderten sozialen Wohnungsbau und 15 Prozent für preisgedämpften Wohnungsbau für Menschen mit mittlerem Einkommen. Die Netto-Kaltmiete würde die Stadt festlegen, sie könnte so bei elf Euro pro Quadratmeter liegen. „Wir dürfen nicht nur in die eine Richtung denken“, argumentiert Hermann-Josef Wagner, „wir müssen auch an die Familien denken.“ Dabei ist sich die CDU bewusst, dass preisgedämpfter Wohnungsbau, nicht vom Staat unterstützt wird.
Konzepte sollen an rundem Tisch diskutiert werden
Doch von der 30 Prozent-Quote runterzugehen, dafür findet die CDU im Planungsausschuss am Mittwochabend keine Unterstützer. Stattdessen geht nun der Entwurf des Handlungskonzepts Wohnen mit dieser 30 Prozent Vorgabe an Ivestoren als ersten Schritt in die Öffentlichkeitsbeteiligung. Diese Zielvorgabe sei dabei aber nicht festgeschrieben, betont die Stadtverwaltung. Der Anteil an Sozialwohnungen bei neuen Bauvorhaben, solle erst in Anschluss an die Bürgerbeteiligung festgelegt werden.
Infoveranstaltung
Der genaue Termin der Bürgerbeteiligung stehe noch nicht fest, sagt Stadtsprecher Martin Rölen. Sicher sei, dass die Beteiligung mindestens 30 Tage umfassen und noch diesen Sommer stattfinden werde. Während der Offenlage könne sich jeder schriftlich zu dem Konzept äußern. Die Unterlagen werden ins Internet eingestellt und zur Ansicht im Rathaus Bensberg ausgelegt. Auch eine Bürgerinformationsveranstaltung ist vorgesehen. (ub)
Außerdem soll auf Antrag der Ampel-Koalition parallel zur Bürgerbeteiligung ein Runder Tisch eingerichtet werden, um das Wohnraumkonzept mit den Akteuren der Wohnungswirtschaft, Politik und Verwaltung auf ihre Praxistauglichkeit und Wirksamkeit zu diskutieren.
Kooperationsbereitsschaft bei EIgentümern und Investoren
Peter Müller, Vorsitzender des Vereins Haus und Grund, als einer der angesprochenen Akteure, zeigt sich skeptisch: „Ich halte das nicht für richtig durchdacht“. Regelungen, um sozialgebundenen Wohnungsbau zu stärken, halte er zwar für sinnvoll. Aber eine verpflichtende Quote von 30 Prozent sei nicht vernünftig: „Bei den heutigen hohen Baupreisen kann ich mir das nicht vorstellen.“ Da würden die Investoren hohe Verluste machen, wenn sie nur einen Teil der Wohnungen zu derzeit üblichen hohen Marktpreisen vermieten oder verkaufen könnten.
Es sei denn, so Müller, der Bund schieße mehr Geld zu. Oder mehr Wohnungen müssten auf den Grundstücken platziert werden, was zu einer hochgeschossigen Bauweise führen würde. Aus dem Bauch heraus sagt Müller, würden Investoren in der heutigen Situation mit hoher Inflation bei Mieten von 14 Euro pro Quadratmeter bereits Verluste einfahren. Insofern sei es fraglich, ob sich die Bauwirtschaft auf eine solche Regelung einlassen werde. Beigeordneter Ragnar Migenda sagt dagegen, er stoße bei Eigentümern und Investoren auf Kooperationsbereitschaft: „Ich erlebe da kein großes Zucken.“
70 bis 80 Wohnungen pro Jahr um Niveau zu halten
Migenda hält es für richtig, dass die Stadt „mit einem eindeutigen und einhelligen Quorum in die Öffentlichkeitsbeteiligung geht.“ Dies gilt wohl auch vor dem Hintergrund, dass die Stadt gezwungen ist, schnell zu handeln. Wie berichtet, gibt es in Bergisch Gladbach aktuell nur 1820 geförderte Wohnungen. Das entspricht einem Anteil drei Prozent am heutigen Wohnungsbestand. Bis 2035 läuft für 766 geförderte Wohnungen im Stadtgebiet die Bindungsfrist aus. Mit einer künftigen 30 Prozent Quote kann laut Gutachten das Angebot für Haushalte mit geringem Einkommen wenigstens auf dem jetzigen Niveau gehalten werden. „Hierfür ist eine Bauleistung von 70 bis 80 Wohnungen pro Jahr notwendig“, sagt Bernhard Faller vom Bonner Büro Quaestio.
„Wir müssen eine weitere Spaltung der Gesellschaft verhindern“, betont SPD-Fraktionschef Klaus Waldschmidt. Jörg Krell mahnt an, dass die Genehmigungszeiten für Bauvorhaben zu lange dauerten. Sascha Gajewski von den Grünen betont, die Stadt sei zu einer Daseinsfürsorge verpflichtet. Sein Parteikollege Josef Cramer fragt sich aber, wo die Flächen herkommen sollen. Das Gutachten weist einen Bedarf von 58 bis 84 Hektar Land aus, um die Nachfrage zu decken. „Im Außenbereich dürfen so wenig Flächen wie möglich versiegelt werden“, stellt Cramer klar.
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Beigeordneter Migenda sieht Potenziale für Wohnungsbau sowieso eher auf Grundstücken im innerstädtischen Bereich. Laut Baulandstrategie soll erst nachverdichtet werden, wenn gemeinwohlorientierte Leistungen vereinbart werden. „Kooperationsmodell“, nennt sich das. Die Stadt kann Leistungen des Bauherren aber nicht erzwingen, sie könnte ihm allenfalls Baurecht verweigern, wenn er sich gegen Vorgaben sperren würde. Aber meistens wollen ja beide neues Baurecht: Die Stadt will dringend mehr Wohnraum schaffen, und die Unternehmen wollen damit Geld verdienen.