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Die Enge hat ein Ende100 Senioren in Bergisch Gladbach ziehen in ein neues Zuhause

Lesezeit 4 Minuten

An einem Tag zieht das Helmut-Hochstetter-Haus um: Ein für die Bewohner nicht ganz einfacher Neubeginn.

  1. Ein Umzug ist nie leicht – erst recht nicht für 100 pflegebedürftige Senioren.
  2. In Bergisch Gladbach sind die Bewohner des Helmut-Hochstetter-Hauses in einen Neubau an der Jüch gezogen.
  3. Auch wenn die Eingewöhnung schwer fällt, bringt das neue Heim Vorteile für die Senioren.

Bergisch Gladbach – Alte Herrschaften im Rollstuhl oder auf der fahrbaren Trage – wie eine Karawane ziehen am Samstagvormittag die 100 Bewohner des Helmut-Hochstetter-Hauses der Evangelischen Altenpflege in ihr neues Domizil, das den vorgeschriebenen Standard mit ausschließlich Einzelzimmern erfüllt. Das neue Zuhause liegt nur einen Katzensprung entfernt An der Jüch. Bevor die Bewohner das alte Haus verlassen, werden ihre Namen und Daten von einem Team des Deutschen Roten Kreuzes notiert, damit niemand verloren geht: In einer Transferliste ist in hundert Positionen alles verzeichnet, was mitgenommen werden muss – eine Mammutaufgabe. Wenn sie die Schwelle des neuen Hauses betreten, werden die Bewohner erneut registriert.

DRK-Helfer üben sich in umsichtigen Umgang

Nach und nach ziehen auch die Mitarbeiter von Scarabäus Novo, dem gemeinnützigen Gebrauchtwarenkaufhaus, vorbei mit der persönlichen Habe und auch Möbeln in die neuen Einzelzimmer. Mittendrin ist Marco Bauer mit den drei Modelleisenbahn-Modulen seines Vaters Herbert Hau: „Da darf nichts drankommen – der Papa ist sehr aufgeregt wegen der Umsiedlung.“ Auch andere Angehörige helfen beim Umzug, eine Tochter trägt einen großen Teddy und Kleiderbügel unter dem Arm, mit dem anderen stützt sie ihre Mutter. Eine ältere Dame hat sehr sorgfältig ihre blühende Topfpflanze auf der Sitzfläche ihres Rollators platziert, den sie langsam zum neuen Haus schiebt.

Alles muss mit: Angehörige helfen beim Umzug in das neue Haus, das nur einen Katzensprung entfernt liegt.

Aufregend ist der Umzug auch für die 30 Helfer des DRK. „Wir nutzen den Umzug als Evakuierungsübung“, erklärt Ingeborg Schmidt, Vorsitzende des DRK-Kreisverbandes Rhein-Berg. „Es ist eine gute Gelegenheit für die jungen Mitglieder zu erfahren, wie man einen Rollstuhl schiebt, was man macht, wenn der Rollstuhl keine Fußstützen hat.“ Und der leicht abschüssige Weg in das neue Haus erfordert Kondition. „Sie lernen mit den Ängsten der alten Herrschaften umzugehen, die sich erst an die Veränderung gewöhnen müssen“, sagt Ingeborg Schmidt. „Wichtig ist es, einen vertrauensvollen Kontakt zu den Menschen zu entwickeln.“ Und so kann man immer wieder beobachten, wie liebevoll und umsichtig die jungen DRK-Helfer die Bewohner transportieren. Auch die 25 Mitarbeiter der Pflegeeinrichtung und zwölf von der Einrichtung am Quirlsberg haben alle Hände voll zu tun.

Haus an der Jüch hat nur Einzelzimmer

Im Erdgeschoss im neuen Haus sind in Zimmer 01 und 02 Julius und Anna Klinkenberg eingezogen. „Wir sind seit 65 Jahren verheiratet“, berichtet stolz der alte Herr, der wie seine Frau auf den Rollstuhl angewiesen ist. „Und jetzt haben wir hier getrennte Zimmer.“ Nein, nicht weil er schnarche, betont seine Ehefrau – das Haus An der Jüch hat eben nur Einzelzimmer.

Das Deutsche Rote Kreuz nutzt den Umzug als Evakuierungsübung: Einige Bewohner müssen liegend transportiert werden.

Seit drei Jahren sind die beiden in der Altenpflegeeinrichtung. Mit etwas Wehmut berichtet Julius Klinkenberg von dem schönen großen Garten und dem Einfamilienhaus in Köln-Höhenberg, wo sie vorher gelebt haben: „Das geht ja nicht mehr – Aber unser Betreuer hat das gut für uns hier ausgesucht.“ Optimistisch sieht Julius Klinkenberg in die Zukunft: „Wir gewöhnen uns schon noch an das Neue – in der Ruhe liegt die Kraft.“

Im alten Haus bleibt nur die Tagespflege

Einige Räume in dem insgesamt fünfstöckigen Gebäude bieten gar den Blick auf den Kölner Dom. „Die sind natürlich sehr begehrt“, berichtet Thomas Miedzinski, der zusammen mit Christina Schulte-Mantel die Einrichtung leitet. Und schon ist er auf dem Sprung, um in den Gemeinschaftsräumen die Kaffeemaschinen anzuschließen: „Die sind erst heute angeliefert worden.“

Marco Bauer trägt das Eisenbahn-Modell seines Vaters.

Jede Etage hat einen solchen multifunktionalen Gemeinschaftsbereich, in dem nicht nur gegessen wird, sondern auch Veranstaltungen wie Lesungen, Messen und Konzerte stattfinden sollen. Eine Cafeteria wie im alten Haus gibt es nicht mehr. „Wir praktizieren hier das Wohngruppenkonzept für jede Etage“, erklärt Christina Schulte-Mantel. „Leider gibt es die Skatgruppen wie früher nicht mehr – heute sind die Leute meist im Alterungsprozess fortgeschritten, wenn sie in unsere Pflegeeinrichtung kommen.“

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Im alten Helmut-Hochstetter-Haus leert sich Zimmer für Zimmer. Nur die 14 Plätze für die Tagespflege bleiben erhalten. Im neuen Haus gibt es 80 vollstationäre Pflegeplätze und 20 Plätze für die Kurzzeitpflege.