„Bibliomania“Büchner-Preisträger Jürgen Becker las in der Gladbacher Villa Zanders
Bergisch Gladbach – Seit 1997 befragt der Wiener Künstler Julius Deutschbauer Menschen nach ihren ungelesenen Büchern. Mit diesem Konzept ist er auch in der Ausstellung „Bibliomania“ im Kunstmuseum Villa Zanders präsent. Im Rahmen der Ausstellung wird seine „Bibliothek ungelesener Bücher“ mit rund 800 Bänden zum Treffpunkt für monatliche Lesezirkel, bei denen Autorinnen und Autoren aus ihren Büchern lesen und von Deutschbauer interviewt werden.
Zum Start der Reihe von Lesungen war der Lyriker und Büchner-Preisträger Jürgen Becker zu Gast, der vor kurzem seinen 90. Geburtstag feierte. Er las zunächst ein neunteiliges Gedicht, dass vor vielen Jahren in einer Festschrift für Zanders erschienen ist. Für ihn war die Villa der rechte Ort, an die nun nicht mehr existierende Papierfabrik zu erinnern, mit „Wörtern auf Wasserzeichen“ und dem Wandern der Gedanken über das Papier.
Bergisch Gladbach: „Journalgedichte“ Kern der Lesung
Beckers soeben erschienener Band „Die Rückkehr der Gewohnheiten“, der sich im Untertitel als Sammlung von „Journalgedichten“ ausweist, war jedoch der Kern seiner Lesung. Er pickte aus seinem Band Gedichte, Notate, Satzreihen und Prosastücke, die nachvollziehbar machten, dass er als „eine maßgebliche Stimme der zeitgenössischen Poesie“ charakterisiert wurde. Becker bringt das tägliche Geschehen mit Erinnerungen zusammen und dokumentiert, dass frühere Geschehnisse auch heute Bedeutung haben. Allerdings verändern sie sich in der Erinnerung und ergeben neue Geschichten.
Er erzählt von der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs, erinnert an die Zeit nach dessen Ende, und unwillkürlich fragt man sich, was denn in der Krise von heute mit der Extremsituation von damals vergleichbar sein soll, zumindest hier in Deutschland.
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Nach Beckers Sicht entscheiden Augenblicke, wo es langgeht. Und er erinnert daran, dass fast täglich eine Epoche aufhört, und das geht auch ganz lapidar: „Der Deutschlandfunk bringt keine Verkehrsnachrichten mehr!“ Man hört Jürgen Becker gerne zu. Er schreibt und spricht authentisch. Ohne Pathos, mit den richtig gewählten Worten. Es klingt niemals platt und nie hysterisch, er dokumentiert – auf poetische Weise.