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Belkaw-Geschäftsführer im Interview„Wir werden niemals der billigste Anbieter sein“

Lesezeit 5 Minuten

Die Preise für Strom und Gas werden nach Einschätzung der Belkaw-Geschäftsführer um fünf bis zehn Prozent steigen.

Rhein-Berg – Auch das Gladbacher Versorgungsunternehmen Belkaw ist in den Strudel der Turbulenzen am Energiemarkt geraten. Derzeit werden noch keine regulären Tarife für Neukunden angeboten. Matthias Niewels hat mit den Geschäftsführern Klaus Henninger und Manfred Habrunner gesprochen.

Nach dem Lieferstopp von Billiganbietern sind tausende Kunden bei der Belkaw gestrandet. Wie geht es weiter?

Klaus Henninger: Sorry, da muss ich etwas ausholen. Eine Reihe von Anbietern bei Gas und Strom haben ihre Lieferung eingestellt und deren Kunden sind nun bei uns in der Grundversorgung. So ist das gesetzlich geregelt. Wir sind dafür verantwortlich, dass niemand ohne Strom oder Gas ist. Aber auch wir müssen die Energieträger an den jeweiligen Börsen kaufen. Und die Preise sind im Augenblick extrem hoch. Diese hohen Preise müssen wir an die Neukunden weitergeben. Wir können Sie nicht zu unseren bisherigen Belkaw-Tarifen bedienen, denn sonst würden wir in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten.

Manfred Habrunner (links) und Klaus Henninger.

Das war jetzt eine Ist-Beschreibung. Aber wie wird es weitergehen?

Henninger: Ende Januar, oder im Februar werden wir Wahl-Tarife anbieten – für alle, die aus der Grundversorgung heraus Belkaw-Kunde bleiben wollen.

Und auf was müssen sich die Kunden einstellen?

Henninger: Wir werden Preiserhöhungen vor allem beim Strom nicht vermeiden können, keine Frage. Ich denke in der Größenordnung von fünf bis zehn Prozent.

Manfred Habrunner: Und auf die Preise können sich die Kunden verlassen. Wir werden nicht plötzlich die Lieferung einstellen.

Was macht die Belkaw anders als jene Anbieter die jetzt die Lieferung eingestellt haben?

Habrunner: Wir alle versorgen uns an den Energiebörsen. Die Belkaw über die Rhein-Energie-Trading, eine hundertprozentigen Tochter der Rhein-Energie. Aber wir kaufen das ganze Jahr über gleichmäßig ein. Das Risiko-Management ist so angelegt, dass wir die jeweiligen Ausschläge an den Börsen auffangen. Manche Mitbewerber spekulieren immer auf die niedrigsten Preise. Und das ist jetzt schief gegangen.

Henninger: Wobei ich sagen muss, dass ich so eine Preisexplosion an den Börsen nicht für möglich gehalten hätte.

Da nehmen sie die Billiganbieter also in Schutz?

Henninger: Überhaupt nicht. Ich habe eben schon gezuckt bei dem Wort Mitbewerber. Was ist das für ein Geschäftsmodell, bei dem mit günstigen Einkaufspreisen gerechnet wird und wenn das nicht klappt, dann darf der Grundversorger übernehmen? Ich baue darauf, dass sich unsere Spitzenverbände hier sehr deutlich gegenüber der Politik positionieren, damit das aufhört. Aber meine Hoffnung ist gering.

Habrunner: Es geht ja auch schon wieder los. Derzeit erholen sich die Preise an den Energiebörsen etwas und schon gibt es wieder Anbieter die mit günstigen Tarifen und Wechselboni werben.

Was raten sie denn den Belkaw-Kunden und überhaupt dem Verbraucher angesichts der Turbulenzen?

Henninger: Da sich für unsere Bestandskunden nichts geändert hat, sind sie bestens bei uns aufgehoben. Generell gilt: Wir als Belkaw werden niemals der billigste Anbieter sein. Das wissen wir. Aber unsere Tarife sind fair, wir sind in der Region aktiv, wir sind solide und verlässlich. Wenn unsere neuen Tarife heraus sind, sollen die Neukunden prüfen, was zu ihnen passt. Wir scheuen den Vergleich nicht.

Die Belkaw gehört zu 51 Prozent der Rhein-Energie und zu 49 Prozent der Stadt Bergisch Gladbach. Und die Stadt gehört auch zu den in der Grundversorgung Gestrandeten. Ein Billiganbieter hatte in einem Ausschreibungsverfahren das Rennen gemacht. Derzeit wird das neue Ausschreibungsverfahren vorbereitet. Machen sie sich Hoffnung?

Habrunner: Ich wünsche mir, dass die Ausschreibungsbedingungen so formuliert sind, dass es nicht nur über den Preis geht. Ich weiß, dass das schwierig ist und es darf ja auch nicht sein, dass die Ausschreibung so formuliert wird, dass die Belkaw automatisch das Rennen macht. Aber das wir gerne die Stadt als Kunde hätten, versteht sich doch von selbst.

Wie die Kommunen sich mit strom und Gas versorgen

Die Stadt Bergisch Gladbach ist derzeit dabei, die Ausschreibung für die Strom- und Gasversorgung vorzubereiten. Der bisherige Billiganbieter hatte die Lieferung eingestellt und Gladbach war in die teure Grundversorgung der Belkaw zurückgefallen.

Odenthal bezieht Ökostrom und Gas von der Belkaw. 2019 und 2020 gab die Gemeinde nach Angaben des Kämmerers Thorsten Stefer dafür jährlich rund 590000 Euro aus. Dieses Jahr müsse man neu ausschreiben, kündigte er an. Es zähle das wirtschaftlichste Angebot. Daher sei es wichtig, die gewünschten Leistungsinhalte klar zu beschreiben, damit die Gemeinde für ihr Geld am Ende auch das bekomme, was sie möchte, sagte Stefer, ein klarer Befürworter des Vergaberechts.

In Overath musste der Vertrag über die Gasversorgung turnusgemäß neu ausgeschrieben werden, und der zuständige Beigeordnete Thorsten Steinwartz gesteht ein, dass die Stadt „zu einem schlechten Marktzeitpunkt dran war“. Dennoch sei die Belieferung immer noch günstiger als die Grundversorgung, und Overath sei auch nicht „irgendwo rausgeflogen“. Was die Stromversorgung der Stadt anbelangt, wird Overath von der stadteigenen Gesellschaft „O-Saft“ beliefert. Wenn dieser Vertrag auslaufe, so Steinwartz, sei zu prüfen, ob die Stromversorgung ausgeschrieben werden müsse oder „inhouse“ wieder an die stadteigene Gesellschaft O-Saft gehe.

In Kürten liegt die Energieversorgung bei der Bergischen Energie und Wasser GmbH (BEW) – ein kommunaler Energieversorger mit Zentrale in der Nachbarstadt Wipperfürth. Für drei Jahre sind laut Bürgermeister Willi Heider (parteilos) die aktuellen Verträge über die Lieferungen für Strom und Gas abgeschlossen, die Laufzeiten gehen bis 2023, beziehungsweise 2024. Europaweit habe die Gemeinde ausgeschrieben und anschließend die BEW als Kooperationspartner ausgewählt.

Der Kreis war 2019 in die Grundversorgung zurückgefallen – und blieb dort ein ganzes Jahr. Die Mehrkosten wurden auf 290 000 Euro beziffert. Seit Januar 2021 beliefert die BEW den Kreis.

Von der Stadt Rösrath war trotz mehrfacher Nachfragen nur zu erfahren, die Vergabe der Energieversorgung erfolge über öffentliche Ausschreibung. (red)