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Anlaufstelle Rhein-BergHier kommen Kinder unter, die aus ihren Familien geholt werden

Lesezeit 4 Minuten

Für Kinder, die schnell aus ihren Familien geholt werden müssen, hat das Bethanien Kinder- und Jugenddorf diese Stelle eingerichtet.

Rhein-Berg – Es riecht nach frisch geschnittenem, gebohrtem Holz und nach frisch gestrichenen Wänden – kurzum: Alles noch neu in den Räumlichkeiten der künftigen Kinderschutz- und Clearingstelle des Bethanien Kinder- und Jugenddorfs. Ab der kommenden Woche stehen die neuen Räumlichkeiten bereit – rund um die Uhr an allen sieben Wochentagen – für Kinder, die akut in Obhut genommen werden müssen, da sie bei ihren Familien zu Hause nicht bleiben können.

Gewalt in der Partnerschaft

Das rät die Polizei bei häuslicher Gewalt

Jede vierte Frau in Deutschland hat in einer Partnerschaft schon mal Gewalt erlebt. Das geht aus der Polizeilichen Kriminalstatistik hervor. Wer betroffen ist, dem rät die Polizei:

Bei akuter Bedrohung, wählen Sie 110! Die Polizei wird alles Erforderliche tun, um Sie zu schützen.

Zeigen Sie die Straftat bei der Polizei an. Eine Strafanzeige können Sie bei jeder Polizeidienststelle erstatten. Eine Person Ihres Vertrauens und/oder ein Rechtsbeistand können Sie begleiten.

Wenn Sie sich noch nicht entscheiden können, die Polizei zu rufen, wenden Sie sich an eine Person Ihres Vertrauens oder lassen Sie sich beraten, aber handeln Sie!

Setzen Sie sich mit einer Beratungsstelle für Häusliche Gewalt in Verbindung. Den Kontakt in Ihrer Nähe vermittelt Ihnen die Polizei oder das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ 08000 116 016, rund um die Uhr und in vielen Sprachen.

Notieren Sie sich Einzelheiten zu den Vorfällen, wie Datum, Uhrzeit und was genau geschehen ist.

Suchen Sie einen Arzt auf, nennen Sie ihm den Ursprung der Verletzungen und lassen Sie die Verletzungen attestieren und z.B. fotografieren, um sie für eine mögliche Strafanzeige dokumentiert zu haben.

Frauenhäuser bieten Ihnen ebenfalls Schutz und die Mitarbeiterinnen können Sie bei weiteren Schritten beraten.

Gründe dafür gibt es viele: Gewalt, Vereinsamung, Streit, Überforderung oder Suchtkrankheiten der Eltern – quer durch alle sozialen Schichten. In der Kinderschutz- und Clearingstelle wurde für diese Kinder ein sicherer Ort geschaffen, an dem sie vorübergehend unterkommen können. Es ist eine Zwischenstation, bis klar ist, wie es weitergeht.

Bundesweit einzigartiges Angebot für Kinder in Refrath

Da die Räumlichkeiten in Refrath aus Denkmal- und Naturschutzgründen nicht gebaut werden konnten, habe man sich in der näheren Umgebung nach geeigneten Räumlichkeiten umgeschaut und die Brücke nach Köln geschlagen. In Köln ist die Kinderschutzstelle in Mieträumen einer Kirchengemeinde auf 400 Quadratmetern entstanden. Die kurzfristige Erreichbarkeit rund um die Uhr ist das, was die Kinderschutzstelle von Kinderheimen und anderen Angeboten, die es bereits in Rhein-Berg gibt, unterscheidet.

Die Stadt Bergisch Gladbach und die Jugendämter befürworten die neue Anlaufstelle.

„Wenn nachts um 3 Uhr ein Kind in Not ist, dann haben es Jugendämter und Polizei oft schwer, für diese Kinder schnell eine adäquate Unterbringungsmöglichkeit zu finden. Genau für solche Fälle hat das Bethanien Kinder- und Jugenddorf Refrath mit der Kinderschutz- und Clearingstelle nun eine Anlaufstelle“, erklärt Pressesprecherin Daniela Fobbe-Klemm das nicht nur rund um Köln, sondern auch bundesweit einzigartige Angebot.

Platz für neun Kinder in neuer Anlaufstelle

„Theoretisch könnte hier auch ein Kind aus Berlin unterkommen“, so Fobbe-Klemm. Das Traurige: Der Bedarf ist da. Die Stadt Bergisch Gladbach und die Jugendämter befürworten die neue Anlaufstelle, berichtet Fobbe-Klemm.

In Köln ist die Kinderschutzstelle in Mieträumen einer Kirchengemeinde auf 400 Quadratmetern entstanden.

Neun Kinder zwischen sechs und 12 Jahren können aufgenommen werden. 14 Mitarbeiter, darunter Pädagogen, eine Psychologin und eine Hauswirtschaftskraft, kümmern sich unter der Leitung von Marcus Wolter um die Kinder.

Finanziert durch Spenden – Geld sowie Sachspenden

Wer hierherkommt, dem wird eine Farbe zugewiesen. Diese findet sich im gesamten Haus wieder, von der Garderobe bis hin zu den farbig gestrichenen Zimmer. Sie soll jedem Kind eine Orientierung geben. Außerdem hat jedes Kind eine feste betreuende Bezugsperson. Eine Inobhutnahme kann für wenige Tage, drei Monate oder in Ausnahmefällen auch bis zu sechs Monaten Dauer erfolgen.

Noch riecht alles neu – die Anlaufstelle wird in der kommenden Woche eröffnet.

Neben den Einzelzimmern steht auch ein Doppelzimmer für Geschwister zur Verfügung, ebenso wie ein barrierefreies Zimmer und Bad für Kinder mit Handicap. Kuscheltiere warten darauf, geknuddelt zu werden, Spielsachen und Fahrräder stehen parat. Finanziert werden konnte all das dank zahlreicher Spenden. Auch Kleiderspenden liegen im Schrank bereit für die Kinder, die nachts ohne alles vor der Tür stehen. Mit Hilfe einer staatlich festgelegten Fallpauschale werden zudem die Versorgung und das Personal finanziert.

Clearingstelle auf verschiedene Bedürfnisse vorbereitet

Die Arbeit, die die Mitarbeiter in der Kinderschutz- und Clearingstelle leisten, erfordert viel Feingefühl. Im sogenannten Clearing erarbeiten die Verantwortlichen eine Perspektive für jedes Kind. Wo steht es gerade? Was braucht es? Wie soll es weitergehen? Das sind nur wenige der vielen Fragen, die sie sich täglich stellen müssen und in einem Bericht festhalten.

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Inwieweit der Alltag der Kinder in der Kinderschutzstelle gestaltet werden kann, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. „Manche Kinder können ganz normal zur Schule gehen, gegebenenfalls auch Freunde treffen. Aber es kann notfalls auch Unterricht in geschütztem Raum stattfinden“, erklärt Fobbe-Klemm.

Und wie stecken die Mitarbeiter die Arbeit und das Erlebte in der Kinderschutz- und Clearingstelle weg? „Durch Supervisionen. Unsere Mitarbeiter reden viel miteinander. Das hilft sehr, denn so eine Arbeit schafft man nur im Team“, betont Daniela Fobbe-Klemm.