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Aktmalerei in Bergisch GladbachJugendliche zeichnen Aktmodell in einem Workshop

Lesezeit 3 Minuten

Aktmodell Johanna nimmt auf dem Tisch ihre Position ein. Die Teilnehmer des Workshops versuchen, Proportionen, Winkel und Details genau zu erfassen.

Bergisch Gladbach – Einen nackten Frauenkörper vor dem Zeichenblock zu haben, das war wohl für die meisten der Teilnehmen des „Reaktiv“-Termins eine Premiere. Der Workshop, der jeden zweiten Samstag im Monat in der Villa Zanders in Bergisch Gladbach stattfindet, stand diesmal unter dem Thema Aktzeichnen. Die drei Organisatoren Eva Klein (19), Jawad Phillips (21) und Lina Weber (26) haben dieses Jahr als junges Team die Leitung des Projektes „Reaktiv – das Kunstlabor“ übernommen. „Wir wollen den jungen Leuten zeigen, dass sie auch selbst Kunst machen können“, sagt Jawad Philips, Hauptleiter des Workshops. Ziel ist es, besonders junge Menschen an Kunst heranzuführen, indem sie Ausstellungen im Museum Villa Zanders besuchen und anschließend das Thema in der Praxis umsetzen.

Ohne Scheu können sich die Teilnehmer in Bergisch Gladbach ausprobieren

Es gehe darum, sich selbst ohne Scheu ausprobieren zu können, betont Projektleiterin Lina Weber: „Es muss nicht immer alles gut aussehen.“ Doch wie gehen Jugendliche beim Aktzeichnen mit Nacktheit um? Ist es für sie eine komische Situation, die sie vielleicht beschämt? Sind sie gehemmt, einen nackten Körper abzubilden? In dem kleinen Raum herrscht jedoch eine lockere und entspannte Atmosphäre.

Johanna, das Aktmodell, liegt auf einem mit Tüchern ausgelegten Tisch und nimmt ihre Haltung ein, während die Zeichner und Zeichnerinnen ihre Arbeitsplätze vorbereiten. Auf ein Kommando von Jawad Philips geht es los. Die Teilnehmer haben 30 Sekunden Zeit, eine Skizze anzufertigen. Dass die Frau nackt ist, spielt gar keine Rolle. „Es bleibt einfach keine Zeit, drüber nachzudenken“, sagt Dora (17) die schon zum fünften Mal dabei ist. Alle schauen nur abwechselnd auf ihren Zeichenblock und dann wieder hoch auf das Modell, beobachten und studieren genau jeden Abstand, jeden Winkel und jede Proportion.

Seit drei Jahren Aktmodell

Auch für Johanna, die seit drei Jahren nebenbei als Aktmodell arbeitet, ist Nacktheit keine große Sache. Ihren richtigen Namen möchte sie aber nicht in der Zeitung lesen. Tatsächlich sei die Situation am Anfang auch für sie ungewöhnlich gewesen. Aber sobald sie ihre Position eingenommen habe, schlüpfe sie in eine andere Rolle. Johanna ist Tänzerin. Die Arbeit als Aktmodell sei für sie „eine Art von Meditation“, sie genieße es, durch verschiedene Haltungen ihre persönliche Ausdrucksweise und Tanzästhetik darzustellen zu können. Für die Jugendlichen räkelt sie sich an diesem Tag lasziv auf dem Tisch und posiert dabei wie eine griechische Göttin.

Wie sie in dieser Haltung in einen Zustand der Meditation verfallen kann, bleibt als Außenstehender unbegreiflich, denn das ganze sieht mehr nach eingeschlafenen Beinen und Nackenverspannungen aus. Je nach Auftrag muss Johanna mehrere Stunden in ein und der selben Position verharren. Dabei sei es ihr vor allem am Anfang ihrer Karriere häufig passiert, dass sie sich unterkühlt habe: „Die Quittung bekommt man dann erst am nächsten Tag, wenn man krank geworden ist.“ Deshalb sage sie einen Auftrag sofort ab, sobald sie merke, dass es ihr nicht gut gehe.

Eingeschlafene Gliedmaßen dank Göttinnen-Position

In den Pausen unterhalten sich die Zeichner und das Modell entspannt über ihre Arbeit, über die Kunst an sich oder eben über eingeschlafene Gliedmaßen, da die griechische Göttinnen-Position, dann doch nicht so meditativ ist wie gedacht. Zwischen zehn und 20 Minuten haben die Teilnehmer Zeit. Jawad Philips geht herum, gibt Tipps oder korrigiert an einigen Stellen. Er selbst will später zur Düsseldorfer Kunstakademie. Er habe schon immer viel gezeichnet, für sich allein oder unter Anleitung. Sein Fazit: „Wenn man einen guten Lehrer hat, ist alles viel einfacher.“