Um 200.000 Euro34-Jähriger betrog Rentner aus Leverkusen und dem Rhein-Erft-Kreis
Köln/Leverkusen/Rhein-Erft-Kreis – Als die Opfer vor dem Kölner Landgericht am Dienstag von ihrer Angst und der finanziellen Not sprachen, die Robert K. (alle Namen geändert) mit seinen Taten ausgelöst hatte, blickte er gekrümmt und schuldbewusst zu Boden: Über 200.000 Euro soll der 34-jährige Bergheimer als Teil einer Betrügerbande mit dem sogenannten Enkeltrick unter anderem in Leverkusen, Burscheid, Bergheim und Kerpen erbeutet haben.
Die Masche ist so perfide wie wirkungsvoll: Betrüger geben sich als Enkel oder Kinder der Opfer aus, täuschen eine Notsituation vor und setzten ihre Opfer unter Druck, schnellmöglich mit einer großen Summe Geld zu helfen.
Angeklagter gesteht
Robert K. fungierte als Bote. Er fuhr zu den Rentnern, die unter Schock standen, und nahm ihnen vor der Haustür das Geld ab. Das Gericht warf ihm diese Botentätigkeit in zehn Fällen vor. Vor dem Landgericht gestand der 34-Jährige die Taten. Nur für einen Fall in Bonn wies er die Schuld von sich.
Ansonsten aber schilderte K. das Vorgehen der Bande ausführlich: Die Drahtzieher würden in Polen oder Ungarn sitzen und suchten mithilfe von Telefon-CDs gezielt nach ihren Opfern. Zwischen April und August 2021 wurden sie in mindestens zehn Fällen unter anderem in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz fündig. Immer gaben sich die Anrufer als Familienangehörige aus, die meist in selbstverschuldete Verkehrsunfälle verwickelt seien. In Leverkusen etwa wurde im April eine 93-Jährige ins Visier genommen. Die Täter gaben sich als Enkelin aus, die angab, einen Verkehrsunfall verursacht zu haben und deswegen schnellstmöglich 11.000 Euro brauche, weil sie ansonsten ihren Führerschein verlieren würde.
Durch permanente Anrufe und emotionale Erpressung unter Druck gesetzt, sagte die 93-Jährige das Geld zu. Robert K., der sich als guter Bekannter der Enkelin ausgab, erhielt dann die Adresse des Opfers, holte das Geld ab und übergab es weiter an eine Mittelsfrau. Sein „Gewinn“: ein Fünftel des Geldes. Aufgeflogen ist K. schließlich, als ein Opfer in Saarburg den Betrug durchschaute und die Polizei informierte. Zivilpolizisten nahmen ihn fest.
K. kann Drahtzieher nicht nennen
Außer der Mittelsfrau konnte Robert K. allerdings keine weiteren Beteiligten nennen. Es handele sich nicht um eine „konspirative Bande“, sagte seine Verteidigerin. Die Drahtzieher würden sich durch dazwischengeschaltete Mittelsmänner und -Frauen verdeckt halten.
Bevor der Richter drei der Opfer als Zeugen vorlud, verlas er das lange Vorstrafenregister des Bergheimers. Immer wieder wurde er seit 2003 wegen Betrugs, Diebstahls und Raub festgenommen, ab 2013 dann auch wegen Drogenhandels. Seit 2015 habe er eine Verkaufswohnung, vor allem für Kokain, auf dem Kölnberg verwaltet – und soll dabei selbst mehrere Gramm Kokain und Marihuana am Tag konsumiert haben. Später stieg er dann als Bote in die Bande ein.
Bergheimer „wie paralysiert“
Heinz R. aus Bergheim, eines von Robert K.s Opfern, schilderte als Zeuge, was die Tat mit ihm gemacht hat. Die Anrufer gaben sich ihm gegenüber als dessen Enkel aus, der einen Verkehrsunfall mit einem Anwalt verursacht habe und deswegen 50.000 Euro brauche. Durch die vielen Anrufe und den daraus entstehenden Druck habe der 72-Jährige sich „wie paralysiert“ gefühlt. Zunächst übergab er Robert K. 23.000 Euro in bar, nach weiteren Anrufen außerdem fünf Goldbarren, die K. bei einem Juwelier in Köln-Nippes zu Geld machte.
Auch gegen diesen Juwelier soll nun wegen Hehlerei ermittelt werden. „Ich hätte nie gedacht, dass ich auf so einen Trick reinfalle, aber es war perfekt inszeniert“, sagte der Senior. „Ich ärgere mich über mich selbst.“ Nur 650 Euro Rente bekomme er im Monat, das verlorene Geld werde irgendwann schmerzlich fehlen.
Die 97-Jährige Burscheiderin Agnes M. berichtete von der Scham und der Angst, die der Betrug bei ihr auslöste. Auch sie erhielt Anrufe ihrer vermeintlichen Enkelin, 22.000 Euro hat Robert K. ihr abgenommen. Seit dem Vorfall kämpfe sie mit Schlafstörungen.
Bei den anwesenden Opfern versuchte der Angeklagte am Dienstag, sich zu entschuldigen. Wenn er in Zukunft die Chance dazu habe, würde er ihnen wenigstens ein Teil des Geldes zurückzuerstatten, behauptete er. Das gestohlene Geld allerdings sei längst weg. Am 10. März wird der Prozess fortgesetzt.