Die aktuelle Wirtschaftskrise trifft auch die Oberbergischen Unternehmen Die IHK schätzt die Lage ein.
Wirtschaftliche Lage in OberbergIHK sieht fehlendes Vertrauen in die Politik
Die aktuell schlechte Konjunkturentwicklung trifft auch den Wirtschaftsstandort Oberberg. Knapp 40 Prozent der Arbeitsplätze im Kreis sind in der Industrie angesiedelt. Schwerpunkte in Oberberg sind Kunststoff- und Metallverarbeitung, für die sehr viel Energie benötigt wird. Zahlreiche Unternehmen sind Zulieferer für die Automobilindustrie. Und die steckt nicht nur in Deutschland zurzeit in der Krise.
Unternehmen wie Wipperfürths größter Arbeitgeber Voss rechnen angesichts der Auftragslage mit einem Umsatzrückgang in diesem Jahr von 20 Prozent. Auch viele andere Unternehmen gehen zurzeit von einer negativen Entwicklung aus, sagt Matthias Franken, von der Industrie- und Handelskammer zu Köln, zuständig für die Konjunkturbeobachtung und -umfragen im Kammerbezirk.
Auslastung beträgt 74 Prozent
Die Unternehmen in der Region schätzten die Entwicklung bei der letzten Befragung deutlich schlechter ein als noch im vorigen Jahr. Die Kapazitäten-Auslastung liege im Schnitt bei 74 Prozent.
Angesichts des Ukraine-Krieges, der Auseinandersetzung in Israel, die anstehende US-Wahl und der Entwicklung bei China und die jüngste Börsenentwicklung in Japan sorgten nicht nur bei den Unternehmen für große Unsicherheit, sondern auch bei den Privatpersonen. In solchen Phasen investiere man nicht, auch nicht als Privatmann. Da werde lieber Geld auf Seite gelehnt. Die Unternehmen stellten Investitionen zurück, beschäftigten aktuell keine Leiharbeiter, würden frei werdende Stellen erst einmal nicht besetzen und auch über Kurzarbeit nachdenken, sagt Michael Saalmann, Leiter der IHK-Geschäftsstelle Oberberg. Konjunkturell bedingte Entlassungen in größerem Stil seien von den Oberbergischen Unternehmen nach Informationen der IHK derzeit aber nicht geplant. Auch wenn die Arbeitslosenquote mit 5,3 Prozent noch niedrig sei, hätten die Unternehmen zum Juni schon deutlich weniger freie Stellen gemeldet. Das sei ein Indikator für die künftigen Arbeitslosenzahlen, die wohl steigen würden.
Unternehmen können nicht verlässlich planen
Zur wirtschaftlich unsicheren Lage komme noch der Fachkräftemangel, der viele der Unternehmen zunehmend belaste. Die letzten Jahre seien sehr herausfordernd gewesen und für viele Firmen sei es schwierig, vernünftig und längerfristig zu planen.
Und das liege weniger an der wirtschaftlichen Lage, sondern an den politischen Rahmenbedingungen in Deutschland. Ein Beispiel sei das Elektro-Auto, so Sallmann. Erst werde es gefördert, dann stelle der Bund die Förderung ein. Das habe sich verheerend auf die Verkaufszahlen ausgewirkt. Für die Energiewende gelte Ähnliches. Für die Unternehmen in der Kunststoff- und Metallbranche gebe es einen weiteren wichtigen Faktor: Die Energiekosten, denn die Betriebe benötigen viel Energie. Und die sei teuer. Die Energiewende komme nicht wirklich voran, es fehlten zu dem ausgegebenen Ziel noch rund 1500 Windkraftanlagen und auch die entsprechenden Trassen. Auch hier gebe es eine große Unsicherheit in Industrie und Bevölkerung.
IHK kritisiert eine fehlende Strategie der Bundesregierung
„Das Vertrauen in die Politik fehlt. Heute wird so entschieden, morgen so“, kritisiert Franken. Eine stringente Strategie der Bundesregierung sei nicht zu erkennen. Die Industrie könne nicht so schnell auf kurzfristige Entscheidungen der Politik reagieren. Produktwechsel und -entwicklungen benötigten Investitionen und auch Zeit. Die gebe es aber nicht. Eine Besserung der Verhältnisse würden selbst die größten Optimisten derzeit nicht erkennen.
Neben einer verlässlichen Politik wünschen sich die IHK-Fachleute auch den schnellen Bürokratieabbau. Der sei versprochen worden, aber nicht zu erkennen. Die Prozesse sein oft viel zu kompliziert.