Das Land hat einen Fördertopf für Straßenausbaubeiträge aufgelegt, doch die Modalitäten sind komplex, wie ein Beispiel aus Wipperfürth zeigt.
Anwohner atmen aufWipperfürth soll für die Königsberger Straße volle Förderung erhalten
Die Anwohner der Königsberger Straße in Wipperfürth blicken gespannt auf den Donnerstagabend. Dann gibt es einen Informationsabend zum seit vielen Jahren angekündigten Ausbau eines Teilabschnitts der Straße. Die zentrale Frage für die betroffenen Anlieger ist, was mit den Kosten für den Ausbau geschieht. Müssen sie bezahlen oder ist der Ausbau kostenfrei?
Seit Jahren sind die Anliegerbeiträge in NRW ein strittiges Thema. Im Dezember 2019 beschloss die Landesregierung, die Beiträge der Grundstückseigentümer ab 2020 zu halbieren. Ein 65 Millionen Euro umfassendes Förderprogramm wurde aufgelegt. Am 3. Mai 2022 änderte das Ministerium die Förderrichtlinie und hob den Fördersatz von 50 auf 100 Prozent an. Seit 1. Juni 2022 gilt wieder eine geänderte Rechtslage in NRW, da das Bundesverfassungsgericht eingeschritten war. Hauptkritik der Verfassungsrichter war ein fehlender Zeitraum für die Abrechnung der Beiträge. Kommunen haben teilweise nach vielen Jahrzehnten noch den Anliegern Erschließungsbeiträge in Rechnung gestellt.
Baumaßnahmen dürfen nicht vor dem 1. Januar 2018 begonnen worden sein
Nun gelten Fristen, die aber in einem Gesetz noch formuliert werden müssen. Klar ist, dass nur Maßnahmen gefördert werden, die nach dem 1. Januar 2018 beschlossen wurden, aber sie dürfen auch noch nicht begonnen haben, die Mittel noch nicht veranschlagt und ausgegeben sein. Die Förderung kann aber erst dann beantragt werden, wenn die Endabrechnung vorliegt. Viele Bedingungen also, und die Verunsicherung in den Kommunen ist hoch.
Das trifft auch für die eingangs erwähnte Maßnahme in der Königsberger Straße zu, denn die war im Haushalt der Stadt Wipperfürth bei den investiven Mitteln enthalten. Allerdings ist sie für die Jahre 2017 und 2018 mit null Euro angegeben.
Bauministerium nimmt schriftlich Stellung zur Königsberger Straße
Ist die Maßnahme damit noch förderfähig oder nicht? Was gilt als Beginn der Maßnahme? Da der Teufel oft im Detail steckt, bat Christian Berger, CDU-Landtagsabgeordneter für den Norden des Oberbergischen Kreises, das zuständige Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung schriftlich um eine Klärung.
Und demnach können sich die Anlieger der Königsberger Straße freuen, sie müssen nicht zahlen. Entscheidend ist, dass die Maßnahme zwar geplant und im Haushalt aufgeführt, aber noch kein Geld ausgegeben worden ist und es vor 2018 auch keinen entsprechenden Ratsbeschluss zu der Maßnahme gegeben hat. Wipperfürths Bürgermeisterin Anne Loth begrüßt die Klarstellung und teilt mit, dass die Stadt bisher noch keinen Förderantrag gestellt habe, da noch keine der in Frage kommenden Ausbaumaßnahmen schlussabgerechnet sei.
Zudem muss auch feststehen, wie hoch die Beiträge für die jeweiligen Grundstücke wären, ergänzt ihr Lindlarer Amtskollege Dr. Georg Ludwig. Er weist darauf hin, dass es in der Gemeinde mehrere Maßnahmen gibt, für die KAG-Anträge vorgesehen sind, etwa der Homburger Weg und ein Teilstück der Alten Landstraße in Scheel sowie der Kutschweg in Schmitzhöhe. Weitere Maßnahmen sind Weiß- und Rotdornweg.
Ludwig betont: „Es gibt grundsätzlich keinen Rechtsanspruch auf Fördermittel. Dies wurde auch in den Anliegerversammlungen vermittelt.“ Er rechnet damit, Ende des Jahres/Anfang 2024 Förderanträge für den Homburger Weg und das Teilstück der Alten Landstraße stellen zu können.
Die Marktstadt Waldbröl hat noch keine Zuweisungen nach der „Förderrichtlinie Straßenausbaubeiträge“ beantragt, da die bisherigen Maßnahmen vor dem maßgeblichen Stichtag 1. Januar2018 beschlossen bzw. begonnen wurden, heißt es aus dem Rathaus. Für künftige beitragspflichtige Straßenausbaumaßnahmen sei eine Inanspruchnahme von Fördermitteln aber selbstverständlich vorgesehen.
Kommunales Abgabengesetz: Was steckt dahinter?
Als Erschließungsmaßnahme gilt die erstmalige Erstellung oder Ausbau eines Weges zu einer öffentlichen Straße. In diesem Fall gelten die Bestimmungen des Baugesetzbuches, und die Grundstückeigentümer an dieser Straße müssen 90 Prozent der Kosten tragen. Eine Grunderneuerung einer Straße, die als nachrangige Erschließung gilt, wird nach Paragraf 8 des Kommunalen Abgabengesetzes (KAG) NRW abgerechnet. Das wurde lange strittig diskutiert.
Der Bund der Steuerzahler NRW hatte eine Bürgerinitiative ins Leben gerufen, um die Beiträge abzuschaffen. Das hat die NRW-Landesregierung versucht und ein Förderprogramm beschlossen, das mehrfach geändert wurde. Aktuell beträgt der Fördersatz für Maßnahmen, die nach 2018 beschlossen und begonnen wurden, 100 Prozent.
Die betroffenen Anlieger müssen danach also nichts bezahlen, die Kommunen einen Förderantrag stellen, wenn die Abrechnungen vorliegen und die Kosten pro Anlieger feststehen. Der Fördertopf werde nicht gedeckelt, sondern bei Bedarf aufgestockt, so CDU-Landtagsabgeordneter Christian Berger.