Ab dem 1. Januar wird es keinen lauten Feueralarm mehr im Oberbergischen geben.
Weisung aus DüsseldorfWarum Oberbergs Feuerwehren künftig auf die Sirene verzichten müssen
Wenn die Sirenen heulen, rückt kurz darauf die Feuerwehr aus – so kennen es viele Oberberger seit Jahrzehnten. Ab 2024 werden die Menschen zwischen Radevormwald und Morsbach das Alarmsignal deutlich seltener hören. Und wenn, dann könnte es knüppeldick kommen.
Was genau soll geändert werden?
Ab dem 1. Januar 2024 fällt die Sirene als Alarmierungsmittel der Feuerwehren weg. Das hat der Oberbergische Kreis, der für die Leitstelle in Kotthausen und damit für das Ansteuern der Sirenen zuständig ist, auf Nachfrage bestätigt. Abgebaut werden die kreisweit rund 100 Signalanlagen deshalb aber nicht – im Gegenteil. Künftig sollen sie ausschließlich vor drohenden Katastrophen warnen, etwa bei großflächigen Waldbränden, Stromausfällen und Überschwemmungen. Auch die Freisetzung giftiger Stoffe, ein Terroranschlag oder ein Cyberangriff werden als mögliche Gründe genannt, um die Sirenen laufen zu lassen.
Idee zur Neuregelung entstand nach dem Hochwasser 2021
Wer steckt hinter der Änderung?
Die Idee stammt nicht aus Oberbergs Kreishaus, sondern ist eine Weisung der Landesregierung, die den 1. Januar 2024 als spätestes Datum für die Umsetzung nennt. Der Kreis hat praktisch keine andere Wahl.
Was bezweckt die Landesregierung damit?
Nach dem Hochwasser im Juli 2021 hatte das Innenministerium eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die untersuchte, wie die NRW-Bevölkerung künftig besser vor Katastrophen geschützt werden kann. Ganz oben auf ihre Vorschlagsliste setzten die Experten das Thema Warnung, kritisierten den Alarm für die Feuerwehr als „zweckfremde Mitnutzung der Sirene“ und schrieben dazu in ihrem Bericht: „Zu groß ist schlicht die Gefahr, dass das Warnsignal als Feueralarm zur Alarmierung der Freiwilligen Feuerwehren fehlinterpretiert wird – der Feuerwehrmann steht auf, die Bevölkerung bleibt liegen.“ Die Sirene müsse das Alleinstellungsmerkmal als Warnung vor Gefahr sein.
Gibt es dagegen auch Widerspruch?
Zumindest Teile des NRW-Feuerwehrverbandes kritisierten diese Haltung. Argument: Es müsse dem Bürger an Rhein und Ruhr doch wohl möglich sein, zwei verschiedene Warntöne – den Feueralarm und die Katastrophenwarnung – auseinanderzuhalten. Die Arbeitsgruppe ließ sich davon aber nicht beirren und betonte: „Die Gefahr zur Fehldeutung der Signale wird noch dadurch verstärkt, weil in Katastrophen- und Großeinsatzlagen beide Signale quasi zeitgleich erfolgen, sodass die Unterscheidung und das Bemerken einer Warnung umso schwerer fallen.“ Der Innenminister folgte letztlich dieser Sicht.
Was sagen Oberbergs Feuerwehren zu diesem Thema?
Kreisbrandmeister Wilfried Fischer hätte sich gewünscht, die Sirenen weiterhin zur Alarmierung der Feuerwehr und Warnung der Bevölkerung bei Feuerwehrlagen nutzen zu können. „Allerdings können wir im Oberbergischen auch mit der zukünftigen Nutzung der Sirenen gut leben, da wir eine Alarmierung unserer Einsatzkräfte über die recht neu installierte digitale Alarmierungstechnik sicherstellen können.“ Gemeint sind vor allem Piepser, die die Feuerwehrleute besitzen, und die Smartphone-App „Alamos“ (siehe auch unten).
Wipperfürther Feuerwehr verzichtet seit dem Frühjahr auf die Sirene
Die Wipperfürther Wehr verzichtet schon seit dem Frühjahr auf die Sirene, hätte sie bei größeren Einsätzen aber gerne weitergenutzt, wie Peter Rothmann, Leiter der Feuerwehr betont: „Das war das eindeutige Signal an alle Kameraden, dass jetzt wirklich jeder gebraucht wird.“ Im Falle von Großbränden oder schlimmen Unfällen habe die Sirene durchaus schon zehn oder 15 zusätzliche Wehrleute mobilisiert. Ähnlich sehen es Michael Schlößer und Wilhelm Weber von der Führung der Einsatzkräfte in Nümbrecht, wo die Anlagen bis zum Jahresende heulen werden. „Für die Nachbarschaft rund um die Gerätehäuser war der Sirenenton die Vorwarnung, dass gleich Feuerwehrleute herbeieilen und mit den Fahrzeugen ausrücken.“
Was sagen die Befürworter der neuen Regelung?
In Bergneustadt hat die Feuerwehr die Sirenen schon vor rund 30 Jahren abgeschaltet, erklärt Wehrchef Michael Stricker. Die stille Alarmierung funktioniere, die Kosten für die Wartung der Sirenen seien günstiger und außerdem: „Die Sirene ruft immer auch Leute auf den Plan, die dann gucken fahren, wo etwas passiert ist.“
Wann werden die Sirenen ganz sicher zu hören sein?
Davon ausgehend, dass Oberberg von tatsächlichen Katastrophen verschont bleibt, werden die Sirenen künftig nur zweimal im Jahr zu hören sein. Am jeweils zweiten Donnerstag im März und September soll es künftig Warntage mit Probealarmen geben, bei denen sich die Bevölkerung daran gewöhnen soll, dass sich der Sirenenalarm nun nicht mehr nur an die Feuerwehr richtet.
Per Smartphone-App zum Einsatz: Rund drei Stunden pro Tag nutzt der Deutsche sein Smartphone. Feuerwehrleute bilden da keine Ausnahme und haben ebenfalls das Handy meist zur Hand. Deshalb nutzen Oberbergs Feuerwehren inzwischen – zusätzlich zu den Piepsern – die Alarm-App „Alamos“. Im Einsatzfall sendet die Leitstelle ein Stichwort und die Adresse auf das Handy.
Gleich hinterlegt ist eine Karte, die den kürzesten Weg zur Einsatzstelle weist. Großer Vorteil: Alle Feuerwehrleute können über die App sofort zurückmelden, ob sie einsatzbereit sind. So kann schnell weitere Verstärkung entsandt werden. Nachteil: Fällt das Handynetz aus, funktioniert auch die App nicht mehr.