Der Oberbergische Kreis kauft das evangelische Gemeindezentrum in Oberwiehl, um die Helen-Keller-Schule zu erweitern. Pfarrerin Judith Krüger erläutert die Hintergründe.
Paul-Schneider-HausOberwiehler Kirchengebäude wird Förderschule
Die Kirche verkauft keine Kirchen. Aber seit dem Entwidmungsgottesdienst am vergangenen Sonntag ist das Oberwiehler Paul-Schneider-Haus keine evangelische Kirche mehr, sondern formal nur noch irgendein Gebäude. Und damit steht dem Verkauf an den Oberbergischen Kreis nichts mehr im Wege. Der Notartermin ist vereinbart. Über den Preis wurde vorerst Stillschweigen vereinbart. Der Kreis möchte in dem Komplex an der Hindelanger Straße eine Nebenstelle der Helen-Keller-Förderschule einrichten. Im Sommer 2025 soll der Betrieb starten.
Die Schule mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung leidet am Standort in Oberbantenberg schon seit längerer Zeit unter Platzmangel. Zur Entlastung hatte der Kreis zunächst das evangelische Gemeindezentrum in Wiehl-Börnhausen in den Blick genommen, denn das möchte die Kirchengemeinde ebenfalls gern verkaufen, berichtet Pfarrerin Judith Krüger. Dieses erwies sich allerdings als ungeeignet, und so kam im vergangenen Mai das Oberwiehler Gemeindezentrum in den Blick.
Aufschrei im Wiehler Presbyterium
„Im Presbyterium gab es natürlich einen kleinen Aufschrei“, berichtet Krüger. Am Ende sei die Entscheidung aber einstimmig gefallen. „Das Paul-Schneider-Haus ist nur noch sehr schlecht genutzt worden, und das bei monatlichen Betriebskosten von 7000 Euro und einem hohen Investitionsbedarf.“ Die geplante neue Nutzung habe der Kirchengemeinde die Entscheidung sehr erleichtert, sagt Krüger. „Künftig sollen hier junge Menschen mit Beeinträchtigung auf das Leben vorbereitet werden.“
Wie die Kreisverwaltung mitteilt, braucht er eine Interimsunterkunft für die Berufspraxisstufe der Helen-Keller-Schule. Derzeit besuchen in Oberbantenberg 26 Schülerinnen und Schüler diese Abschlussstufe. Die Stufe ist damit zweizügig. Nach Einschätzung der Schulleitung wäre die Oberwiehler Räumlichkeit bei einer Dreizügigkeit mit 50 Personen (39 Schülerinnen und Schüler mit besonderen Bedarfen und elf Mitarbeiter) voll ausgelastet. Die vorher erforderlichen Umbauten betreffen im Wesentlichen die Herstellung der Barrierefreiheit. Es fehlt an einem Aufzug und behindertengerechten Toiletten.
Pfarrerin Krüger geht davon aus, dass sich die Verkehrsbelastung in Grenzen hält und ausreichend Parkplätze auf dem Gelände eingerichtet werden. Die Kirchengemeinde hoffe, dass Haus abends und am Wochenende nutzen zu können. Beim Entwidmungsgottesdienst sprach Krüger in der Predigt den Schmerz an, der sich aus dem Abschied von einem Gebäude ergibt, dessen Grundsteinlegung vor 35 Jahren viele Oberwiehler noch selbst erlebt haben und das sie mit prägenden Erlebnissen wie Taufen und Hochzeiten verbinden. Kirchenaustritte und noch mehr der Bevölkerungswandel führten aber dazu, dass die Kirchengemeinde mit ihren Ressourcen haushalten müsse. In der Predigt betonte Krüger, dass es nicht auf Gebäude, sondern auf Menschen ankomme. „Bei Paulus steht: Die Menschen sind der Tempel, in dem Gottes Geist wohnt.“
Am zweiten Advent wird es noch einmal einen Gottesdienst geben, und auch zu Weihnachten, nämlich letztmals mit der Christvesper.
Das Paul-Schneider-Haus
Die evangelische Kirchengemeinde Wiehl übernahm in ihrem Oberwiehler Bezirk 1959 die ehemalige Volksschule und richtete ein Gemeindehaus ein, das nach dem in der NS-Zeit ermordeten Bekenntnispfarrer Paul Schneider benannt wurde. 1989 wurde an der Hindelanger Straße ein Neubau errichtet, indem bis zuletzt am zweiten Sonntag jeden Monats ein Gottesdienst stattfand.