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„St. Martina“Nicole Krpiczak führt auf ihrer Tinker-Stute den Wiehler Laternenumzug an

Lesezeit 4 Minuten
Ein Martinsumzug mit Kindern und einem St- Martin auf einem Pferd.

Den Kindern riet Nicole Krpiczak, beim Martinsumzug ausreichend Abstand zum Pferd halten. Nach dem Umzug dürfen sie es streicheln.

In Wiehl hat nach dreijähriger Pause wieder ein Martinsumzug stattgefunden. Mehr als 300 Leute zogen durch die Stadt.

Pünktlich um 17 Uhr, nach einer Einstimmung in der Kirche St. Maria Himmelfahrt, startet am Freitagabend am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium der Wiehler Martinszug, den die katholische Kirchengemeinde Wiehl organisiert hat. Lange haben die Kinder dieses Ereignis vermisst, denn pandemiebedingt und durch den Umbau des Wiehlparks hatte es eine dreijährige Pause bei dieser Traditionsveranstaltung gegeben.

Mehr als 300 Leute folgen dem St. Martin hoch zu Ross von der Hauptstraße über die idyllische Brücke in der Mühlenstraße und dann über die Homburger und die Brucher Straße zum Ballonstartplatz im Wiehler Freizeitpark. Musikalisch begleitet wird die große Gruppe vom Remperger Posaunenchor. Bereits kurz nach dem Aufbruch setzt heftiger Dauerregen ein, was die Vorfreude auf die Weckmänner am Martinsfeuer jedoch kaum trübt. Vorausschauend haben einige der zahlreichen Kinder ihre selbst gebastelten Laternen in transparente Kunststofftüten sicher eingepackt.

Vorbereitungen auf den Wiehler Martinsumzug starteten vormittags

Für „St. Martin“, oder besser gesagt „St. Martina“, haben die Vorbereitungen auf den Umzug in Wiehl bereits am Vormittag begonnen. Die Morsbacherin Nicole Krpiczak schildert, dass sie ihre Tinker-Stute „Cheyenne“ zunächst an den Flanken geschoren hat, damit das „elfjährige Mädchen“ während des Umzuges nicht so schwitzt. Auf das Waschen und Trockenreiben folgt die Haarpflege. Liebevoll bürstet Krpiczak Schopf und Schweif des Pferdes: „Sie soll ja richtig schön aussehen.“

Gleich darauf wird die Stute in den Pferdeanhänger geführt und dann geht es auf die Reise nach Wiehl. Dort zieht sich Krpiczak selbst um. Den Martinshelm hat sie sich im Internet organisiert, den Mantel gemeinsam mit ihrer Mutter Waltraud vor rund zehn Jahren selbst genäht, als sie erstmals einen Martinszug für die Kita angeführt hat, in die damals auch ihre Kinder gingen. Die Besonderheit des Umhangs aus rotem Vliesstoff ist, dass dieser teilbar ist: „Das haben wir für die Umzüge in Lichtenberg gemacht, wo der Mantel mit einem Schwert geteilt wurde“, erzählt Krpiczak.

Nicole Krpiczak striegelt ihre Tinker-Stute.

Bereits am Vormittag vor dem Martinsumzug bereitet Nicole Krpiczak ihre Tinker-Stute auf die Veranstaltung vor.

Die Familie von Nicole Krpiczak besitzt insgesamt 23 Pferde. „Wir sind etwas pferdeverrückt“, erklärt ihre Mutter. So habe praktisch jedes Familienmitglied, einschließlich der Enkel, eigene Tiere. „Für Martinsumzüge sind aber zwei am besten geeignet – Cheyenne und Cassy, die von meiner jüngere Schwester Sarah geritten wird“, erläutert Krpiczak. Ihre Schwester biete zudem therapeutisches Reiten an: „Dafür braucht man Pferde, auf die man sich verlassen kann“, erläutert Nicole Krpiczak weiter.

Zwar seien Irische Tinker „sehr ruhige Vertreter“, doch seien die Anforderungen an die Tiere bei einem Umzug wie an St. Martin recht hoch. Nicht alle Tiere kämen mit großen Menschenmengen zurecht und auch auf dem Zugweg könne es immer wieder Überraschungen geben, wenn etwa in einer Nebenstraße etwas Unerwartetes passiere. Dann könne das Pferd erschrecken und ein Stück zurückweichen. Deshalb rät Krpiczak den Kindern beim Martinsumzug, ausreichend Abstand zu halten. Vor Feuer habe Cheyenne dagegen überhaupt keine Angst: „Ich bin schon früh mit ihr auf Fuchsjagden geritten. Dabei gibt es auch ein großes Feuer, viele Menschen und Hunde – Cheyenne ist an alles gewöhnt.“

Auf dem Wiehler Umzug führt die siebzehnjährige Nele Zielenbach das Tier durch die Straßen. Cheyenne ist das Pflegepferd von Nele und die beiden kennen sich bestens. Zwischendurch holt die junge Frau immer wieder ein paar Möhren aus der Tasche und belohnt das Pferd fürs Bravsein. Am Feuer angekommen, dürfen die Kinder dann doch noch ganz nahe heran und das Martinspferd streicheln.

„Ich mag es, mit meiner Laterne hinter dem St. Martin zu laufen und dabei viele Lieder zu singen“, bekundet der siebenjährige Leander aus der zweiten Klasse der Grundschule Wiehl. Stolz hält er seine Laterne hoch, die mit vielen ausgeschnittenen, bunten Sternen in der Dunkelheit leuchtet. „Wir sind ja auch die Sternenklasse“, erklärt seine Mitschülerin Malia. Sie hat ihre Laterne mit Tieren und Herbstblättern verziert. Alexander (8) beißt derweil genüsslich in seinen Weckmann: „Das ist toll hier am Feuer.“ Philip aus der Parallelklasse stammt aus Aserbeidschan und findet den Martinsbrauch super: „Ich liebe es, Laternen zu basteln – vor allem wegen dem Bemalen.“

Nach dem Martinsumzug geht es für Cheyenne wieder in ihre Morsbacher Heimat. Zurück im Stall wird sie eingedeckt und bekommt neben einer großen Ladung Heu auch Pferdemüsli und Mineral-Leckies als zusätzliche Belohnung vor der Nacht. Nicole Krpiczak ist trotz des Regens begeistert von dem Martinszug in Wiehl. „Es ist so schön wenn die Leute sich freuen und ich mag es, wenn die Kinderaugen leuchten“, sagt sie zufrieden.