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InklusionsbetriebNeue Chance für Menschen mit Behinderung in Oberberg

Lesezeit 3 Minuten
Eine Gruppe vor der Zentralverwaltung der BWO.

Chancen auf dem Arbeitsmarkt schaffen für Menschen mit Behinderung wollen (v.l.) Jens Kämper, Doreen Fiedler, Marita Cordes, Josef Neumann, Florian Hogrebe und Magnus Liebetanz.

Ein Start-up des Vereins „Lebenspfade“ will beweisen, dass Menschen mit Behinderung kostendeckend arbeiten können.

Die oberbergische Wirtschaft tut sich schwer mit der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung. Magnus Liebetanz vom Inklusionsdienst der oberbergischen Behinderten-Werkstätten BWO („Bilden.Wirken.Oberberg“) beklagt, dass eine auf Effizienz getrimmte Wirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten alle Mitarbeiter aussortiert hat, die früher mit einfachen Aufgaben ihren Platz in der Firma hatten. „Da ist eine Rückbesinnung erforderlich.“

Der BWO-Dachverein „Lebenspfade“ will nicht auf diesen Sinneswandel warten und geht nun einen neuen Weg. Am 1. Oktober hat „Service.Handwerk.Oberberg“ (kurz: SHO) den Betrieb aufgenommen, eine BWO-Tochterfirma, die zeigen will, dass die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung betriebswirtschaftlich funktionieren kann.

Erst der zweite Inklusionsbetrieb in Oberberg

Es ist erst der zweite sogenannte Inklusionsbetrieb in Oberberg. Der andere ist WRS (Wir realisieren Service“), ein Unternehmen, das bereits 1995 vom Klinikum und der Oberbergischen Gesellschaft für psychisch Behinderte gegründet wurde und unter anderem als Krankenhauswäscherei tätig ist. 150 Menschen sind dort beschäftigt.

Das Start-up der BWO fängt viel kleiner an. Bisher sind nur drei Mitarbeiter an Bord, von denen wiederum nur einer behindert ist, zwei weitere Menschen mit Behinderung machen ein Praktikum. Ziel ist es, zunächst vier Menschen mit Behinderung Arbeit zu geben.

Wiehler Neugründung bietet Hilfe im Garten an

Der neue Inklusionsbetrieb SHO hat drei Arbeitsbereiche: Gartenbau, Hausmeisterservice und E-Check (Letzteres ist die Unternehmen vorgeschriebene Überprüfung ihrer elektrischen Geräte). Gartenbaudienstleistungen bietet die BWO zwar bereits selbst an. Die neue Schwesterfirma wird im Unterschied dazu nach betriebswirtschaftlichen Kriterien und kostendeckend arbeiten. Am Ende soll eine schwarze Null herauskommen.

Zunächst aber bedarf es einer kräftigen Anschubhilfe. 600.000 Euro werden unter anderem eingesetzt, Ausrüstung zu beschaffen und eine Halle auf dem BWO-Gelände in Wiehl-Bomig umzubauen. 120.000 Euro übernimmt der Trägerverein selbst, der Rest wird über Zuschüsse von Landschaftsverband, Aktion Mensch und NRW-Sozialstiftung aufgebracht. Den Förderbescheid über 130.000 Euro der Stiftung überbrachte nun deren stellvertretender Ratsvorsitzender Josef Neumann (SPD), zugleich Vorsitzender des Landtagsausschusses für Soziales.

Der Sozialpolitiker berichtet, dass es in NRW bereits mehrere hundert Inklusionsbetriebe gibt, die zusammen rund 8000 Menschen beschäftigen. Dort bekämen sie auf dem Weg in den ersten Arbeitsmarkt die Unterstützung, die sie brauchen. Leider seien behinderte Menschen ungeachtet ihrer Qualifikationen doppelt so oft von Arbeitslosigkeit betroffen wie andere Arbeitssuchende. Häufig hapere es an lösbaren Problemen wie der Mobilität.

In den Zeiten des Personalmangels sei eigentlich genug Arbeit für alle da, ist der Abgeordnete überzeugt. Er wundere sich darüber, dass nur so wenige Unternehmen die staatlichen Minderleistungszahlungen in Anspruch nehmen und die meist überdurchschnittlich motivierten Bewerber mit Behinderung an Bord holen, sagt Neumann. Wenn sich ein Gartenbauunternehmen über die staatlich subventionierte Konkurrenz beschwere, sage er immer: „Warum stellen Sie die Leute nicht selbst ein?“


Förderung für Hof Müllerheide

Einen weiteren Bescheid der NRW-Sozialstiftung hat deren stellvertretender Ratsvorsitzender Josef Neumann am Montag im Hof Müllerheide übergeben. Die Reichshofer Einrichtung der Oberbergischen Gesellschaft zur Hilfe für psychisch Behinderte (OGB) bietet Wohnraum für Menschen mit Suchterkrankung und anderen Beeinträchtigungen. Ein Gebäude für zwölf Bewohner soll ein neues Dach bekommen, was die Sozialstiftung mit 34.700 Euro fördert. Auch in diesem Fall stammt das Geld aus den Erlösen der nordrhein-westfälischen Spielbanken in Höhe von jährlich 25 Millionen Euro, die der Stiftung zur Verfügung stehen.

Die Dachsanierung diene dem Klimaschutz, der Kostenersparnis und dem Wohlbefinden der Bewohner zugleich, freute sich Neumann beim Ortstermin. OGB-Vorsitzender Rainer Drewermann bespricht sich von der Maßnahme „einen enormen Gewinn an Lebensqualität sowie eine langfristige und nachhaltige Sicherung des Wohnens“.