Im Schatten der KriseWiehler Kirche zeigt Kunstausstellung „Ins Licht geschrieben“
Bielstein – Das Wort „Missbrauch“ fiel an diesem Abend nicht. Eigentlich folgte das Gespräch der vermeintlich harmlosen Leitfrage: „Welche Rolle spielt zeitgenössische Kunst in Kirchen?“ Aber die aktuelle, existenzielle Vertrauenskrise der katholischen Kirche war doch recht bald Thema.
Für die Veranstaltung im Rahmenprogramm der Ausstellung „Ins Licht geschrieben“ in St. Bonifatius in Wiehl-Bielstein hatte die Gemeinde und das Katholische Bildungswerk hochkarätige Gäste eingeladen. Neben Tobias Zöller, dem leitenden Pfarrer der neun Südkreis-Gemeinden, saßen der frühere Vorsitzende des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Prof. Thomas Sternberg, und Martin Struck, Diözesanbaumeister des Erzbistums Köln, auf dem Podium. Erzbistumsreferentin Dr. Ursula Krohn stellte die Fragen. Dass die Kirche von massenhaften Austritten dramatisch herausgefordert ist, zeigte sich daran, wie unverhohlen Kritik an den überkommenen Strukturen geübt wurde.
Diözesanbaumeister: „Wir werden nur überleben, wenn wir Kirche selber machen"
Selbst der Diözesanbaumeister glaubt, dass das Erzbistum zu viele Entscheidungen an sich zieht. „Wir werden grandios scheitern“, warnte Struck. „Stattdessen brauchen wir ein völlig anderes System. Es müsste ein Aufstand aus den Gemeinden kommen und die Kirchensteuereinnahmen einbehalten werden.“ Thomas Sternberg stimmte zu: „Wir werden nur überleben, wenn wir Kirche selber machen. Wir dürfen nicht mehr warten, bis der Pfarrer kommt.“
Der langjährige CDU-Landtagsabgeordnete prognostizierte, dass nicht alle 16 Kirchen im Sendungsraum Oberberg Süd erhalten werden . Pfarrer Zöller berichtete denn auch, dass der Erhalt der Nümbrechter Heilig-Geist-Kirche in Frage steht. Kann man solche obsoleten Gotteshäuser für soziale und kulturelle Zwecke nutzen? Sternberg erkennt eine größere Bereitschaft von Künstlern, in Kirchen auszustellen. Denn deren Besucher nähmen die Sache ernst: „Im Kirchenraum regt man sich noch auf.“ Die an der Bielsteiner Ausstellung beteiligte Künstlerin Dr. Christiane Breuer berichtete von „tief berührenden Begegnungen“.
Kunst schafft Zugang zu Spiritualität
Und was kann die Kunst für die Kirche leisten? Dr. Bernhard Wunder vom Katholischen Bildungswerk hatte in seiner Einführung darum geworben, die Kirchen nicht nur für Gottesdienstbesucher zu öffnen. „Die christliche Botschaft ist für alle da.“ Überraschend viele Besucher der Ausstellung hätten St. Bonifatius zum ersten Mal betreten.
Diözesanbaumeister Struck kann da nur zustimmen. Jede Kirche sei eine „Erinnerung an Transzendenz“ auch für kirchenferne Menschen. Für die meisten Leute sei es nicht ohne Grund selbstverständlich, sich im Urlaub Kirchen anzusehen. Thomas Sternberg hob die emotionale Wirkung von Kunst hervor, die diese mit der religiösen Erfahrung verbinde. Wenn den Zuschauern am Ende der Passionsspiele in Oberammergau die Tränen über das Gesicht laufen, „dann ist das ganz große Kunst“.
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Pfarrer Zöller hat im Rahmen der Ausstellung über einige der ausgestellten Kunstwerke gepredigt. Er berichtete auch von Widerständen, die es in der Gemeinde gegen die Ausstellung gab. Der Geistliche ist aber überzeugt: „Kunst ist Kommunikation. Wenn ich mich darauf einlasse, entsteht eine Verbindung.“ Und fast immer seien es Formen der Kunst, über die Menschen Zugang zum Glauben finden.
Die Ausstellung „Ins Licht geschrieben“ in der Kirche St. Bonifatius Bielstein, Florastraße 7, ist noch bis 5. Juni zu sehen, mittwochs 10 bis 12 Uhr, samstags 15 bis 17.30 Uhr und sonntags 15 bis 18 Uhr.