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Ende der Realschule WiehlMit dem „Licht-aus-Fest“ endet am Samstag eine Ära

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Tafel

Symbolbild

Wiehl – Mit einem großen „Licht-aus-Fest“ endet am Samstag in Bielstein eine Ära. Reiner Thies sprach mit Schulleiterin Doris Hennicke über diese Zäsur.

Für die Abschlussfeier am Samstag haben Sie 1400 Anmeldungen. Hat Sie der Ansturm auf die „Licht-aus-Party“ überrascht?

Nur ein bisschen. Wir hatten mit 1200 Gästen gerechnet. Wir hatten in manchen Jahren bis zu 130 Absolventen, viele ehemalige Schüler sind in der Region geblieben. Und es wird die letzte Gelegenheit sein, das Haus bei einer Realschulveranstaltung zu betreten. Wir haben gar keine Werbung mehr gemacht, nachdem in den ersten Tagen bereits einige hundert Anmeldungen über unsere Homepage eingegangen waren. Schon aus Sicherheitsgründen werden wir keine unangemeldeten Besucher hineinlassen können. Es wird eine Einlasskontrolle geben.

Hauptschule

Im Bielsteiner Schulzentrum stellt zum nun auch die Hauptschule ihre Arbeit ein. Am 29. Juni haben die 98 Schüler des letzten Jahrgangs ihre Entlassungsfeier. Eine zusätzliche Abschiedsfeier wie in der Realschule gibt es nicht. Das Kollegium der Hauptschule sehe das Ende nüchterner, erläutert die kommissarische Schulleiterin Iris Krebs: „Das Leben geht für uns weiter.“

Personelle Kontinuität spielt dabei eine Rolle: Anita Kallikat, die frühere Leiterin der Hauptschule, steht an der Spitze der Sekundarschule (Untertitel „Technisch orientierte Bildung“, kurz: TOB). Auch Nachfolgerin Iris Krebs und eine ganze Reihe von anderen Hauptschullehrern sind bereits teils oder ganz gewechselt. In den Jahren der auslaufenden Hauptschule, die auch als „Berufsvorbereitende Schule für Technik“ (BESTE) firmierte, gab es einen regen personellen Austausch, berichtet Krebs: „So haben wir gewährleistet, dass die Schüler bis zum letzten Tag mit ,Besten Chancen’ auf das Leben nach der Schule vorbereitet wurden.“ (tie)

Offenbar ist die Identifikation der Ehemaligen mit der Realschule groß.

Dabei muss man bedenken, dass die Realschule 113 Jahre alt ist. Das Gymnasium wird im kommenden Jahr erst 50 Jahre alt. Die Realschule war lange die einzige weiterführende Schule in der Stadt. In manchen Familien sind mehrere Generationen hier eingeschult worden. Wir hatten einen hervorragenden Ruf und immer hohe Anmeldezahlen.

Dennoch hat der Stadtrat 2012 das Ende beschlossen. Hat Sie das sehr frustriert?

Ich denke, es ist die normale Reaktion eines Lehrerkollegiums, wenn es das Ende seiner Schule bedauert. Die Entscheidung des Schulträgers muss man aber respektieren und im Zusammenhang mit der damaligen Landespolitik sowie dem gesamtgesellschaftlichen Trend zu höheren Schulabschlüssen sehen. Die Hauptschule hat bei den Eltern an Akzeptanz verloren, obwohl hier in Bielstein gute Arbeit gemacht wurde.

Also haben Sie mit der Sekundarschule Ihren Frieden gemacht?

Vielen neuen Herausforderungen, wie der Inklusion und der Integration von Flüchtlingen, kann man mit den Rahmenbedingungen der neuen Schulform vielleicht besser begegnen. Grundsätzlich gilt allerdings, dass die wechselhafte Bildungspolitik den Schulen die Arbeit nicht erleichtert hat. Nicht selten, etwa bei der Inklusion, wurde versäumt, auf die zusätzlichen Herausforderungen im Schulalltag adäquat zu reagieren.

2013 wurde in Bielstein der letzte Realschuljahrgang aufgenommen. Sie wurden damals Schulleiterin und mussten die Schrumpfung organisieren.

Ich war ja schon 16 Jahre lang als Konrektorin tätig gewesen, aber so intensiv habe ich mich vorher noch nie mit Personalplanung beschäftigen müssen. Ein Fachlehrermangel war natürlich unausweichlich. Krankheitsausfälle lassen sich mit einem immer kleineren Kollegium immer schwerer auffangen. Alles lastet auf immer weniger Schultern. Entsprechend schwierig war es, zusätzliche Angebote aufrecht zu erhalten. Aber ich glaube, dass uns das bis zum Schluss ganz gut gelungen ist. Wir haben schrittweise Räume an die Sekundarschule abgegeben und uns zuletzt auf sechs Räume in einem Flügel des Gebäudekomplexes mit unseren 100 Schülern zurückgezogen.

Bekamen Sie Unterstützung von der Sekundarschule?

Es gab ein gutes Miteinander. Personell konnten wir aber nur im geringen Umfang unterstützt werden. Die Sekundarschule ist anders organisiert, hat ein ganz anderes pädagogisches Konzept, weil sie eine „Gesamtschule ohne Oberstufe“ ist.

Auch viele Absolventen Ihrer Schule haben später am Gymnasium das Abitur gemacht.

Ja, wir hatten immer mehr als 50 Prozent, die sich beim Abschluss für die gymnasiale Oberstufe qualifiziert haben. Dabei hätte ich es mitunter lieber gesehen, wenn mehr Schulabgänger eine Berufsausbildung aufgenommen hätten. In diesem Jahr sind es wieder nur 20 von knapp 100. Dabei bietet das duale Ausbildungssystem so viele Chancen. Deutschland gilt in diesem Bereich weltweit als vorbildlich. Umso trauriger ist es, dass viele Eltern die Kinder lieber in der Sekundarstufe II parken statt sie zu ermuntern, praktische Erfahrungen im Berufsleben zu machen.

Gibt es Schülerkarrieren, auf die Sie besonders stolz sind?

Unsere Absolventen wurden gern genommen, sowohl von Unternehmen als auch von weiterführenden Schulen, denn die Zeugnisse waren aussagekräftig. Ich werde jedoch in meiner Abschlussrede sagen, dass die sechs Jahre, die die jungen Leute in der Realschule verbracht haben, nur ein Fundament sein konnten. Es wäre vermessen zu sagen, dass ein erfolgreicher beruflicher Weg allein darauf zurückzuführen ist. Aber viele haben ihren Weg gemacht, da ist alles dabei, vom Geschäftsführer über den Schönheitschirurgen bis zum selbstständigen Handwerksmeister. Meine Kollegen und ich können zufrieden die Schule abschließen.