Wer soll montags in der City sein?Gummersbacher Politik widerspricht der Polizei
Gummersbach – Die Reaktion der Polizei auf die Äußerungen von Gummersbachs Bürgermeister Frank Helmenstein bezüglich der Montagsdemos in der Kreisstadt stoßen im politischen Raum und bei den Initiatoren der „Gummersbacher Erklärung für Demokratie und Zusammenhalt“ auf Widerspruch.
Helmenstein hatte gesagt, dass er die Gefährdung Dritter bei den Gummersbacher Aufzügen „nicht mehr hinnehmen“ wolle. Am Freitag hatte Polizeisprecher Michael Tietze dazu erklärt, dass nicht die Polizei, sondern die Stadt Gummersbach für den Infektionsschutz zuständig sei. Und unbeteiligte Dritte müssten während der Demo am Montag ja nicht nach Gummersbach kommen und durch die Kampgasse gehen.
CDU: Polizei kann am Montag auf Verstöße reagieren
CDU-Fraktionschef Jörg Jansen findet es einerseits gut, dass die Polizei dafür gesorgt hat, dass der kommende Montagsaufzug wieder als Versammlung angemeldet worden ist. „Dann befinden wir uns wieder im rechtlich korrekten Bereich, die Polizei ist zuständige Versammlungsbehörde und hat ganz andere Möglichkeiten einzugreifen und auf etwaige Verstöße zu reagieren“, sagte Jansen im Gespräch mit dieser Zeitung.
„Kein Verständnis“ hat der Christdemokrat indes für den Hinweis, nach dem man montags während der Demo nicht nach Gummersbach kommen müsse. „Ein solcher Kommentar der Polizei ist nicht ausgewogen. Mich erreichten eine Vielzahl von sehr kritischen Hinweisen dazu. Auch diejenigen, die nicht demonstrieren, haben Rechte und werden durch diejenigen, die die Infektionsschutzpflichten verletzen, gefährdet“, erklärt Jansen. „Die Polizei ist für die Sicherheit aller Bürger verantwortlich – und ich habe großen Respekt vor dieser schwierigen Aufgabe, alles unter Hut zu bringen“, betont Jansen.
Vorsitzender des Polizeibeirates Oberberg: Äußerung „sehr unglücklich“
Von einer „sehr unglücklichen Äußerung“ des Polizeisprechers spricht SPD-Fraktionschef Thorsten Konzelmann, der zugleich Vorsitzender des Polizeibeirats im Kreistag ist. Niemand, der nach Gummersbach kommen wolle, dürfe sich von einer Demo abschrecken lassen, betont Konzelmann. „Dann muss eben ein anderer Zugweg genommen werden“, sagt der Polizeibeiratsvorsitzende. Die Kaiserstraße sei in Gummersbach die Einkaufsstraße schlechthin. „Die muss sich den Demonstranten nicht unterordnen.“
Konzelmann berichtet weiter, dass die Gummersbacher SPD-Stadtratfraktion ihre für Montag geplante Sitzung abgesagt habe, um an der von den Linken initiierten und angemeldeten Gegendemo teilnehmen zu können. Laut Konzelmanns Infos werden weitere SPD-Ortsvereine dabei sein.
Offener Brief an den NRW-Innenminister
Derweil haben sich die Initiatoren der Gummersbacher Erklärung, die inzwischen an die 9000 Unterschriften erhalten hat, mit einem offenen Brief an NRW Innenminister Herbert Reul gewandt. „Aus unserer Sicht gehen die Ordnungskräfte nicht entschieden genug gegen die ,Spaziergänger’ vor, unter denen sich auch ,potenziell gewaltbereite Extremisten befinden’“, wie es auf der Internetseite der Initiative heißt.
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Während sich die Initiative der Gummersbacher Erklärung pandemiebedingt bewusst für einen virtuellen Protest entschieden habe, bekämen Bürgerinnen und Bürger des Oberbergischen von der Polizei gesagt, sie könnten ja zu Demonstrationszeiten ihre Stadt meiden, wenn sie um ihre Gesundheit besorgt seien.
Der Brief an NRW-Innenminister Herbert Reul schließt am Ende mit einer Frage: „Wie viel und welches bürgerschaftliche Engagement sollen wir über zehntausend Menschen denn zeigen? Wie und wo, damit es von der Politik und Polizei wahrgenommen wird? Stattdessen wird den Gefährdern der Demokratie ein rechtsfreier Raum geboten. Jeden Montag in Gummersbach.“