Hühner nur bis neun UhrWaldbröler Viehmarkt kämpft mit der Hitze

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Schon um neun Uhr müssen die Geflügelhändler ihre Stände wieder abbauen.

Waldbröl – Plötzlich ist das Gegacker groß. Huhn um Huhn, Küken um Küken kommt in die großen Kisten. Willi Klaas greift zum Messer, mit wenigen, knappen Schnitten schneidet er Luftlöcher in die Pappe. Jetzt muss es schnell gehen. Klaas hat nur noch wenige Minuten, um sein Geflügel abreisefertig zu machen. Denn wer auf Waldbröls Vieh- und Krammarkt lebende Tiere anbietet, der muss an diesem Markt-Donnerstag seinen Stand bis 9 Uhr geräumt haben.

So lautet eine Anordnung aus dem Veterinäramt des Oberbergischen Kreises von Mittwoch mit Blick auf die Tierschutzverordnung und die erwartete Rekord-Temperatur am Donnerstag. Sprecher Philipp Ising erklärt: „Bei Temperaturen von mehr als 30 Grad sind Tiertransporte nur noch mit einer Ausnahmegenehmigung erlaubt.“ Willi Klaas und seine Ehefrau Susanne sind aus Rietberg (bei Gütersloh) in die Marktstadt gekommen, das sind – je nach Route – zwischen 180 und 230 Kilometer.

Standanzahl in Waldbröl deutlich reduziert

„Gelohnt hat sich der kurze Tag für uns trotzdem“, sagt Händler Klaas, während er nach zwei weißen Sussex-Hühnern greift. „Wir hatten viele Vorbestellungen – und natürlich wollten wir unsere Kunden nicht enttäuschen.“ Zwei seiner Kollegen haben derweil die Reise nach Waldbröl nicht angetreten. Zustimmung findet die Anweisung bei Willi Klaas nicht unbedingt: „Gerade mal 23 Grad“, sagt der Rietberger am Morgen, während er zusammenpackt. „Außerdem bekommen unsere Hühner viel Wasser – und wir haben deutlich weniger Tiere mitgebracht als sonst, damit sie in den Käfigen und Boxen mehr Platz haben.“

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Die Standanzahl ist aus diversen Gründen ein wenig geschrumpft.

An gewöhnlichen Markttagen bauen im Waldbröler Stadtzentrum 110 bis 120 Beschicker ihre Stände auf, diesmal sind es 70 bis 80. Grund dafür sei aber nicht nur die Hitze, betont der Günter Härting, Marktmeister seit 1983. „Einige unserer Händler sind lieber zum Alteburger Markt nach Idstein-Heftrich gefahren, weil der so selten stattfindet.“ Bei einem ersten Rundgang am frühen Morgen hat der 72-Jährige beobachtet, dass zumeist Stammkunden über die Hochstraße und den Marktplatz streifen – weniger die „Sehleute“. „Unsere Stammkundschaft kauft ein an den Lieblingsständen und fährt gleich wieder nach Hause.“ In der Tat ist es diesmal kein Problem, einen Parkplatz in Marktnähe zu erwischen.

Fischhändler: Doppelte Menge an Eis dabei

Unterdessen läuft bei Fischhändler Christian Paul aus Plettenberg die Kühlung auf Hochtouren. „Auch habe ich die dreifache Menge an Eis dabei“, sagt Paul. „Und den höheren Energieverbrauch werde ich auch spüren.“ Trotzdem habe er nicht gezögert, seinen Wagen an der Stadtkirche aufzustellen. „Allerdings kaufen die Leute heute lieber kalte Snacks wie Fischbrötchen, weniger frischen Fisch.“

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Doppelt so viel Eis ist nötig, damit die Fische von Christian Paul frisch bleiben.

Bei Guido Caputo geht derweil auch Heißes ganz gut. Wer nämlich ein echter Marktfan ist, der isst die echte Marktwurst schon zum Frühstück. „Für uns ist das also fast ein normaler Markttag“, urteilt der Waldbröler Gastronom, der mit seinem Kollegen Sven Kudell auf wenigen Quadratmetern im Imbisswagen an den heißen Bratplatten steht. Virginia Eisenbletter hat’s da besser: Sie arbeitet an einem der Grillstände von Hasan Mert aus Nümbrecht – und die sind luftig.

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An den Grillständen ist etwas mehr Luft, trotz der Hitze der Fritteuse.

Der Grill raucht, die Fritteuse brodelt. „Viel Wasser trinken, dann geht’s“, verrät Eisenbletter. „Jedoch haben die Leute bis zur Mittagszeit mehr Getränke als sonst gekauft.“Luftig, so steht auch Jan von Werth, Schmelzkäse gibt es bei dem Freudenberger also nicht: „Unser Standplatz ist optimal, wir stehen hier schön im Zug“, schwärmt der Käsehändler an der Alten Poststraße. Er habe ebenfalls nicht lange überlegt, ob er komme oder nicht. „Unsere Kunden sind doch auch da, die wollen wir nicht enttäuschen.“

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Der Markt habe ja schon viel erlebt, blickt Günter Härting zurück. Er sei ausgefallen wegen Eis und Schnee, wegen Corona natürlich, 2018 habe ihn der Orkan Friederike tüchtig durcheinandergewirbelt, ausgerechnet im Jubiläumsjahr 2021, zum 170-jährigen Bestehen, sei das gleichnamige Sturmtief über eine Handvoll Stände gefegt. „Aber Hitze hatten wir noch nie.“

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