„Ankommen“ war Thema in Waldbröl, wo nach einem Film Menschen verschiedener Herkunft über ihre Erfahrungen berichteten.
Ankommen in WaldbrölDiskussion über Integration mit überraschenden Erkenntnissen
Menschen 100 verschiedener Nationalitäten leben in Waldbröl im friedlichen Miteinander, und darauf ist Bürgermeisterin Larissa Weber stolz. So stolz, wie etwa Sherzad Mohammad, der 2015 aus Syrien nach Waldbröl kam und angekommen ist, hier als Fliesenleger arbeitet. „Meine Heimat ist Deutschland“, sagt er, nicht die Diktatur, der er entflohen sei.
„Ankommen“ ist das Thema des Abends im evangelischen Gemeindehaus am Wiedenhof, „Wir sind jetzt hier. Geschichten über das Ankommen in Deutschland“, veranstaltet von der Friedrich-Ebert-Stiftung und gleichzeitig Titel eines Dokumentarfilms von Ronja und Niklas von Wurmb-Seibel. Ein Film, in dem sieben ehemalige Flüchtlinge einfach erzählen, was ihnen widerfahren ist, was sie bewegt, was sie ausmacht. Voll besetzt ist der Saal des Gemeindehauses, und nach dem Film bekundet der Eine oder Andere, tief berührt zu sein.
Der Filmemacher selbst stellt sich im Anschluss der Diskussion, und auch Azim Fakhri, einer der Protagonisten des Films. Sehr lange hat es gedauert, bis der Familienvater aus Afghanistan endlich in seinem eigentlichen Beruf als IT-Administrator arbeiten durfte und darf.
Dass Menschen, die arbeiten können und wollen dies bis zur Klärung ihres Flüchtlingsstatus’ nicht dürfen, und dass diese Verfahren sich oft über Jahre hinziehen, ist einer der Kritikpunkte, die auch Belma Hadzeric, die Leiterin der Flüchtlingsberatungsstelle des Kirchenkreises An der Agger, in die Diskussion einführt. Menschen, die wie Azim und Sherzad ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können und Steuern zahlen, statt staatliche Unterstützung annehmen zu müssen.
Vor den Taliban aus der Heimat geflüchtet
Was ihre Heimatgefühle betrifft, sind die beiden Männer aus Afghanistan und Syrien ganz unterschiedlich, Sherzad hat für sich und seine Familie mittlerweile ein Haus in Waldbröl gekauft, kann sich nicht vorstellen, jemals wieder in Syrien zu leben. Azim erzählt, dass er sich sehr wohl fühlt in seinem hiesigen Umwelt, nachbarschaftlich, privat und auch beruflich. Trotzdem überwiegt seine Sehnsucht nach der alten Heimat, in die er gerne zurückkehren würde, wenn dort jemals die Taliban-Schreckensherrschaft wieder beendet wäre.
Larissa Weber kann seine Gefühle gut verstehen, sie selbst kam als Zehnjährige mit ihren Eltern aus Kirgisistan, einem Nachbarland Afghanistans, nach Deutschland. „Noch manchmal“, sagt sie, „erinnere ich mich an den Duft der staubigen Straßen nach einem Regen.“ Auch Belma Hadzeric berichtet über ihren „Migrationshintergrund“.
„Ich kam mir so blöd vor, dass ich kein Deutsch sprach“, sagt sie schmunzelnd und dann ernst: „Die Sprache zu lernen, Deutsch zu lernen, das ist anfangs das Wichtigste.“ Der NRW-Landtagsabgeordnete Volkan Baran, Mitglied des Integrationsausschusses, moderiert den Gesprächsabend im Gemeindehaus und das auch mit Humor.
Sie solle Werbung für Waldbröl machen, fordert er Larissa Weber auf, und die erzählt von dem griechischen Gastronomenehepaar, das aus dem Westerwald kam, wo keiner den anderen begrüßte. In Waldbröl seien sie auf der Straße von wildfremden Menschen freundlich gegrüßt worden: „Das war ihr Grund zum Bleiben.“