Körperliche Gewalt gegen Politiker war laut Umfrage unter den oberbergischen Kreisparteien bislang kein Thema, dafür aber Beleidigungen.
Beleidigungen im NetzVerbale Gewalt gegenüber Oberbergs Politikern nimmt zu
Wenn Marie Brück, Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen Oberberg, einen Post mit Wahlwerbung auf Facebook veröffentlicht, muss sie nicht selten Kommentare unter dem Post löschen, da diese Beleidigungen oder Hass beinhalten. „Der Ton ist rauer geworden, vor allem im Internet. Viele Kommentare gehen unter die Gürtellinie“, berichtet Brück von einer zunehmenden verbalen Gewalt.
Körperliche Gewalt gegen Mandatsträger der Grünen habe es, ihrer Kenntnis nach, im Oberbergischen Kreis bislang nicht gegeben. Doch die Sorge wächst. Anlass dafür gab der jüngste Angriff auf den SPD-Politiker Matthias Ecke in Sachsen, der beim Aufhängen von Wahlplakaten angegriffen und im Gesicht verletzt worden war. Der SPD-Landesverband Sachsen teilte wenig später mit, dass Ecke einen Bruch des Jochbeins und der Augenhöhle sowie Hämatome im Gesicht erlitten hat und operiert werden musste.
Kommunalpolitik: Keine körperliche Gewalt im Oberbergischen
Vergleichbares ist in Oberberg laut einer Umfrage bei den Kreisparteien bislang ausgeblieben. „Ein leichtes Schieben oder Anspucken haben wir aber leider schon erlebt und nehmen das sehr ernst“, berichtet Jan Köstering, Kreissprecher Die Linke. Erst recht nach einem Vorfall im Jahr 2020, als eine damalige Sprecherin der Linke Oberberg Morddrohungen – vermutlich von einem rechtsextremistischen Absender – erhalten hatte.
„In der Regel geben wir so etwas zur Anzeige, aber nicht immer. Denn mit einer Anzeige ist auch die Privatadresse in der Polizeiakte vermerkt und könnte im schlimmsten Fall von Kriminellen abgerufen werden“, so Köstering. Plakatiert werde in seiner Partei nur noch zu zweit und auch an Infoständen stehe niemand alleine.
„Natürlich führt man auch kritische Gespräche, wenn man im Wahlkampf unterwegs ist. Aber bislang sind diese Gespräche bei mir immer gut verlaufen. Vorfälle habe ich nie erlebt“, berichtet Elisabeth Dusdal aus Marienheide, Mitglied des CDU-Kreisvorstands. Sie könne sich aber vorstellen, dass das Thema, nach dem jüngsten Vorfall, in ihrer Partei mit Hinblick auf die bevorstehende Europawahl und die Bundestagswahl im kommenden Jahr ausführlicher diskutiert werde.
Wahlkampf in Oberberg: Beleidigungen an Infoständen
Das bestätigt auch Helge Sufrian, Geschäftsführer der SPD in Oberberg: „Einen Sicherheitsdienst kann sich sicher keine der Parteien in Oberberg leisten und das wäre auch das falsche Signal. Dann traut sich ja keiner mehr an unsere Stände. Aber natürlich sensibilisieren wir unsere Fraktionsmitglieder.“
Mit Leuten, die gerne mal „Sprüche klopfen“, wie Sebastian Diener, Sprecher der FDP Oberberg, es bezeichnet, sei auch seine Partei konfrontiert. Wenn es Beleidigungen, oft in den sozialen Medien gebe, dann richten sich diese meist gegen die gesamte Partei, aber nicht gegen einzelne Mandatsträger. „Auch solche Mails kommen schon mal an, aber wir haben noch nie Todesdrohungen erhalten“, so Diener.
Die AfD Oberberg müsse sich derweil seit Jahren „mit Beleidigungen auseinandersetzen“, sagt der Kreisvorsitzende Bernd Rummler – ob an Infoständen oder an der Kreisgeschäftsstelle in Gummersbach-Vollmerhausen, an der bereits mehrere Demos stattfanden. Das Plakatieren habe man bereits an einen Dienstleister abgegeben. Fast täglich werden heruntergerissene Plakate neu aufgehängt.
„Wir haben schon einige Anzeigen gestellt. Aber wir versuchen auch, mit den Kritikern in die Kommunikation einzusteigen“, sagt Rummler. Bei Mitgliedern seiner Partei habe es auch private Vorfälle gegeben, bei denen Kinder Opfer von Mobbing wurden – wegen der politischen Einstellung ihrer Eltern.
Die Polizei Oberberg ist nach dem Vorfall in Sachsen sensibilisiert. „Bei großen, angemeldeten Parteiveranstaltungen sind wir ohnehin vor Ort. Eine erhöhte Präsenz bei Infoständen ist nicht geplant“, sagt Polizeisprecherin Kathrin Popanda. Und Jan Köstering (Die Linke) betont: „Demokratie muss ohne ständige Polizeipräsenz funktionieren.“