Die Politik in Waldbröl und Reichshof verweigert der Werdin-Musikschule eine zusätzliche Förderung. Schulleiter Ingo Thape ist alarmiert.
KulturförderungLeiter warnt vor dem Ende der Musikschule von Waldbröl und Reichshof
Die Werdin-Musikschule kennt keine kommunalen Grenzen. Das nach dem Kölner Musikpädagogen Eberhard Werdin benannten Institut hat in Waldbröl seine Wurzeln und ist dort ansässig, ihre Dozentinnen und Dozenten unterrichten aber auch Schülerinnen und Schüler aus Reichshof und Windeck, dazu kommen noch einige aus Wiehl und Ruppichteroth. Und sie hat mit Waldbröl und Reichshof gleich zwei kommunale Finanziers, was nicht unbedingt ein Vorteil ist.
Wobei die Stadt Waldbröl ihre Unterstützung darauf beschränkt, dass sie der Musikschule kostenlos Räume zur Verfügung stellt. Und die Gemeinde Reichshof beteiligt sich nur mit 3000 Euro am Schulbetrieb, abgesehen von weiteren 10 000 Euro, die für die Anschaffung von Musikinstrumenten zur Verfügung gestellt werden. Zudem reicht die Gemeinde mehr als 20 000 Euro weiter, die über das NRW-Grundschulförderprogramm „JeKits“ (Jedem Kind Instrumente, Tanzen, Singen) in den Reichshof kommen.
„Absolutes Schlusslicht in Oberberg“
Beide Kommunen haben im Zuge der jüngsten Haushaltsberatungen einen Antrag von Musikschulleiter Ingo Thape (56) abgelehnt, ihre Unterstützung deutlich zu verstärken. Vergeblich hatte Thape beteuert: „Die Werdin-Musikschule wird im Vergleich zu den anderen oberbergischen Musikschulen nur sehr gering finanziell unterstützt“, sie sei „das absolute Förderungsschlusslicht im Oberbergischen“. Und dies, obwohl auch die anderen oberbergischen Kommunen nur sehr wenig Geld für ihre Musikschulen ausgäben, wenn man sie mit den Nachbarstädten Olpe, Meinerzhagen oder Bergisch Gladbach vergleiche, sagt Thape.
Dieser Mangel wirke sich auf die personelle Situation aus. Sieben der 30 Dozentinnen und Dozenten der Werdin-Musikschule seien älter als 60 Jahre. Nachfolger zu finden, wäre einfacher, wenn man sie fest anstellt, statt nur mit Honoraren zu bezahlen. Oberberg sei wegen der weiten Anfahrt ohnehin nicht besonders attraktiv für Musiker, die am Rhein leben. Doch ohne neues Personal gebe es bald keinen Unterricht mehr. Thape warnt: „Die Aufrechterhaltung der musikalischen Bildung ist damit gefährdet.“ Schon in drei Jahren könnte der Personalmangel zum Ende der Musikschule führen. Eine für das erste Halbjahr 2024 vorgesehene Gebührenerhöhung sorge nur dafür, dass der aktuelle Haushalt ausgeglichen ist, schafft aber keinen neuen Spielraum.
Reichshofer Emsa-Projekt steht in Frage
Den Reichshofern Politikern rechnet Thape vor, dass ein Drittel der Arbeit der Musikschule den Schülerinnen und Schüler aus der Gemeinde zugute kommt, dazu gehört das Emsa-Projekt der Gesamtschule Reichshof. Emsa ist ein Landesförderprogramm, bedeutet „eine Musikschule für alle“ und steht für eine enge Verzahnung von weiterführender Schule und Musikschule. 2022 war die Gesamtschule Reichshof als erste weiterführende Schule in Oberberg als „Emsa“-Schule zertifiziert worden. Bisher werde die Emsa-Organisation von ihm unentgeltlich erledigt, sagt Thape. Die Fortführung des „tollen Projekts“ stehe in Frage, auch weil er seine Anstellung als Musiklehrer an der Gesamtschule aufgibt.
Thapes Vorschlag lautete darum: Die Gemeinde Reichshof könnte zumindest eine EMSA-Teilzeitstelle mit jährlich 20 586 Euro finanzieren, als Einstieg für eine verlässliche Förderung der Musikschularbeit. Lieber wäre ihm noch eine Summe von knapp 50 000 Euro gewesen, in der zudem eine weitere Stelle für die Musikschule und eine neue Software gesichert wären. Und er habe sogar positive Signale auf dem Denklinger Rathaus bekommen. Umso enttäuschter sei er darum über die überraschende Ablehnung im Gemeinderat gewesen.
Doch es bleibt dabei, die Gemeinde Reichshof wird nicht mehr als bisher aus eigener Kasse beitragen Einen Antrag der SPD-Fraktion, mehr Geld zu geben, hat der Gemeinderat mit der Stimmenmehrheit von CDU und FDP abgelehnt. Thape vermutet, dass maßgebliche Mitglieder der CDU-Fraktion in der Musikschule eine Konkurrenz für die Reichshofer Blaskapellen sehen. Die „Dorfstrukturen“ stünden einer nachhaltigen Entwicklung der Musikschule entgegen, obwohl sie sich eines anhaltend großen Zuspruchs erfreue: Ihre Angebote hätten mehr als 1600 Teilnehmer, mehr als 500 davon kommen aus dem Reichshof.
Thape hofft, dass die Politik bei den nächsten Haushaltsberatungen einsieht: „Der Aufbau einer Musikschule dauert lange, sie kaputt zu machen, geht ganz schnell.“