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RechtsunsicherheitIm Reichshofer Rat sprach Kämmerer Dresbach über die Hebesätze

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Geld.

Aktuell liegt die Grundsteuer B in Reichshof bei 570 Prozentpunkten.

Der rechtliche Rahmen, den das Land NRW in Sachen Hebesätze gestaltet hat, erscheint plötzlich nicht mehr rechtssicher.

Auch in der Gemeinde Reichshof dürfte die Bürgerinnen und Bürger vor allem eines interessieren: Wie viel Grundsteuern müssen sie nach der Grundsteuerreform zahlen? Eine Antwort gibt es, wenn der Gemeinderat – voraussichtlich am 10. Dezember – zusammen mit dem Haushalt für 2025 auch die neue Hebesatzsatzung verabschiedet. Dafür muss zunächst das Monster namens „Grundsteuerreform 2025“ gezähmt werden, und das wird absehbar landauf, landab ein hartes Stück Arbeit für die Verwaltungen, insbesondere die Kämmereien, und die politischen Gremien.

Die Thematik ist hochkomplex. Das wurde deutlich, als Kämmerer Gerd Dresbach in der jüngsten Ratssitzung einen Zwischenbericht abgab. Selbst der rechtliche Rahmen, den das Land NRW gestaltet hat, erscheint plötzlich nicht mehr rechtssicher, weil es inzwischen zwei unterschiedliche Rechtsgutachten gibt, die sich widersprechen.

Unterschiedliche Hebesätze sind erlaubt

Knackpunkt ist die „Hebesatzdifferenzierung“. Damit ist gemeint, dass Kommunen unterschiedliche Hebesätze für Wohn- und Nichtwohngrundstücke, zu denen Gewerbegrundstücke und unbebaute Grundstücke gehören, erheben können. Mit so einer Differenzierung ließe sich das Hauptproblem, vor dem die Kommunen stehen, ausgleichen, nämlich die Tatsache, dass das Wertniveau von Nichtwohngrundstücken in weitaus größerem Umfang gesunken ist als das von Wohngrundstücken. Weil das so ist, droht eine Verschiebung der Grundsteuer-Belastung zugunsten der Nichtwohngrundstücke – zulasten der Wohnenden.

Diese Differenzierung sei kein Problem, steht in einem Rechtsgutachten, das das Land NRW eingeholt hat. Demnach haben die Kommunen auch keine besondere Begründungspflicht, erklärt Gerd Dresbach auf Anfrage. „Die Kommunen müssen den differenzierten Hebesatz über die Satzung beschließen und damit auch verantworten.“ Es solle aber eine Begründung geben, wozu die Differenzierung diene, zum Beispiel, um Wohnen zu entlasten und Nichtwohnen auf den alten Belastungsstand zu bringen.

Kämmerer hat Bedenken

Allerdings dürfe der Unterschied zwischen den beiden Hebesätzen maximal im Verhältnis 1 zu 2 stehen. Setzt eine Kommune den Hebesatz für Wohnen mit 500 Prozentpunkten fest, dürfe der Hebesatz Nichtwohnen maximal 1000 Prozentpunkte betragen.

Aktuell liegt die Grundsteuer B in Reichshof bei 570 Prozentpunkten. Die Finanzverwaltung des Landes NRW hat der Gemeinde zuletzt am 19. September mitgeteilt, dass diese auf 723 Punkte erhöht werden müsste, um aufkommensneutral zu sein. Oder: Käme ein differenzierter Hebesatz zum Tragen, müsste der Hebesatz für Wohnen auf 649 Punkte erhöht werden, der Hebesatz Gewerbe auf 858.

Das entspricht einer Spreizung von 1 zu 1,3 für Reichshof – also im Rahmen. Bedenken hat der Kämmerer trotzdem.„Durch differenzierte Hebesätze werden vor Ort unterschiedliche Grundsteuerbelastungen erzeugt“, schreibt er in der Sitzungsvorlage. Genau das sei aber ursprünglich der Grund dafür gewesen, dass das Bundesverfassungsgericht 2018 eingeschritten sei.

Man müsse sich nun fragen, ob man für einen kleinen Unterschied letztlich wirklich die Option einer Differenzierung ziehen und dafür die drohende Rechtsunsicherheit in Kauf nehmen wolle, „in der Gewissheit, dass wir sowieso keine Gerechtigkeit schaffen können und im schlechtesten Fall noch Einbußen im Steuerertrag haben.“