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Observatorium SchnörringenDie Teleskope sind im Einsatz – Erste Einblicke in Galaxie

Lesezeit 5 Minuten

Der Elefantenrüsselnebel wurden mit den Schülerteleskopen aufgenommen.

  1. Nach vielen Jahren der Vorbereitung liefert die Sternwarte in der kleinen Waldbröler Ortschaft die ersten Fotos.
  2. Um den Kometen Neowise abzubilden, brauchte es nur eine Belichtungszeit von wenigen Minuten.
  3. Die Formation „Pillars of Creation“ konnte aber erst nach einigen Stundenim Detail abgelichtet werden.

Schnörringen – Ihre Teleskope hatten die Hobby-Astronomen von Schnörringen selbstverständlich auch auf Neowise ausgerichtet, als der Komet in der vergangenen Woche unser Sonnensystem passierte. Den Himmelskörper in so geringer Erdentfernung im Bild einzufangen, war für die Weltraumforscher recht einfach – im Vergleich zu den Aufnahmen viel fernerer Formationen, die sie mit ihren Spähgeräten gemacht haben. Denn nach vielen Jahren der Vorbereitung liefert die Sternwarte in der kleinen Waldbröler Ortschaft seit wenigen Wochen die ersten Fotos. Auf den ganz weiten Blick ins Weltall aber warten die Astronomen des Initiativkreises „Schnörringen Telescope Science Institute“ noch.

Um den Kometen Neowise abzubilden, brauchte es nur eine Belichtungszeit von wenigen Minuten. Ganze fünf Stunden und 18 Minuten aber musste das Teleskop die Formation „Pillars of Creation“ in den Fokus nehmen, ein rund 7000 Lichtjahre entferntes Sternentstehungsgebiet in unserer Galaxie: Wer diese „Säulen der Schöpfung“ mit bloßem Auge durchs Teleskop anschaut, der wird nicht viel mehr als die Schwärze des Kosmos wahrnehmen.

Gas und Staub in 2400 Lichtjahren Entfernung sichtbar machen

Erst die Langzeitbelichtungen und das Übereinanderstapeln mehrerer Aufnahmen am Computer machen die so weit entfernte Formation in ihrer ganzen Farbenpracht sichtbar. Um trotz langer Belichtungszeiten scharfe Bilder zu erhalten, sind die Spiegelteleskope exakt parallel zur Erdachse ausgerichtet. Computergesteuerte Technik gleicht die Erdrotation aus.

Das große Teleskop soll bis Jahresende noch spektakulärere Bilder aus den Tiefen des Alls einfangen, hofft Dr. Klaus Vollmann.

So entstand auch ein Bild des „Elefantenrüsselnebels“, einer Ansammlung von interstellarem Gas und Staub in 2400 Lichtjahren Entfernung zur Erde. Beide aufgenommen hat Peter Stinner aus Wissen, der zu dem mittlerweile 17 Mitglieder umfassenden Forscherkreis gehört. Der Verein hätte schon viel mehr aufnehmen können, sagt Dr. Klaus Vollmann, einer der Initiatoren: „Aber wir haben die Regel, dass nur diejenigen Mitglied werden, die auch regelmäßig mitmachen.“ Mitmachen, das bedeutet vor allem noch handwerkliche Arbeit.

Kurz vor der Fertigstellung

Nach wie vor treffen sich die Männer jeden Samstag, um die To-do-Liste abhaken zu können. Baulich sei die Sternwarte so gut wie fertig, berichtet Vollmann. Das Servicegebäude mit Seminarraum, Bad, Schlafzimmern und Kontrollraum ist komplett, im angeschlossenen Kuppelbau wird aber noch gearbeitet. Die spröden Hartgummirollen, auf denen sich die schwere Kuppel dreht, mussten ersetzt werden. Dabei fiel auf, dass einer der Antriebsmotoren nicht richtig lief.

Eine Sternwarte entsteht

Das erste Observatorium richteten der Atmosphärenphysiker Dr. Klaus Vollmann und der Astrophysiker Dr. Thomas Eversberg 1999 in einer Hütte ein, unterhalb der neuen Sternwarte. Im Sommer 2008 kauften sie aus privaten Mitteln eines der größten astronomischen Teleskope Deutschlands, das zuvor von der Universität München eingesetzt wurde. Zudem erwarben sie für das Gerät eine Teleskopkuppel von sechs Metern Durchmesser.

Im Mai 2015 wurde der Bauplatz für die neue Sternwarte ausgeguckt, seitdem laufen die Arbeiten. Mit der Idee, Kinder und Jugendliche für die Astronomie zu begeistern, gründeten Vollmann und Eversberg den gemeinnützigen Initiativkreis Schnörringen Telescope Science Institute (STScI). Um das kostspielige Vorhaben verwirklichen zu können, erhielten die Astronomen seitdem Unterstützung von zahlreichen Privatleuten, Firmen, Vereinen, Stiftungen und öffentlichen Geldgebern. (ag)

www.stsci.de

Es brauchte auch eine neue Elektrosteuerung, damit die Kuppel mit Teleskop millimetergenau ausgerichtet werden kann. Für das große Teleskop selbst mussten die Astronomen einige Wochen auf ein Elektronikteil aus den USA warten, zum Verstellen der bislang noch nicht eingebauten Optik. Der 80 Kilo schwere Spiegel mit einem Durchmesser von 80 Zentimetern wird erst installiert, wenn die Verkabelung gelegt ist. Dagegen sind die kleineren Schülerteleskope im Außenbereich schon einsatzbereit – wie die ersten Aufnahmen eindrucksvoll zeigen.

Schulbesuche mussten ausfallen

Die für Ende April geplante Auftaktveranstaltung mit 17 Schulgruppen für ein Netzwerk, das Jugendlichen regelmäßigen Zugang zu den Teleskopen ermöglichen soll, musste wegen der Corona-Pandemie ausfallen. Ärgerlich, findet Vollmann, der sich schon auf den Start des Betriebs gefreut hatte. Die Veranstaltung soll baldmöglich nachgeholt werden, damit das als Schüler- und Ausbildungssternwarte gedachte Observatorium endlich seinen primären Zweck erfüllen kann.

Die „Säulen der Schöpfung“ wurden mit den Schülerteleskopen aufgenommen.

Ein großes Trostpflaster ist da die Förderzusage der Leader-Region Oberberg für ein Spektroskop, das mit dem großen Teleskop verbunden werden soll. Per Leader soll 65 Prozent des 80 000 Euro teuren Geräts finanziert werden, die Wipperfürther Voss-Stiftung übernimmt ebenfalls einen Teil, sodass der Verein nur noch 8000 Euro beisteuern muss. Das Spektroskop wird es ermöglichen, die Zusammensetzung des eingefangenen Lichts zu analysieren – und da beginnt die eigentliche Forschung.

Nicht nur schöne Bilder

Denn schöne Bilder ferner Formationen sind nichts gegen die Daten aus der Spektroskopie. Vollmann: „Genauere Erkenntnisse über eine Formation können wir erst durch die Zusammensetzung des Lichts gewinnen.“ Sie zeigt etwa, wie die chemische Zusammensetzung eines Sternensystems ist, ob es rotiert oder ob es sich um einen Doppelstern handelt.

Der Hof der Sternwarte.

Entfernt von beleuchteten Städten bietet das ländlich gelegene Schnörringen gute Bedingungen, um in den Weltraum zu blicken. Doch die ersten Aufnahmen haben gezeigt, dass die Forscher auch hier nicht ganz von Lichtverschmutzung verschont sind. Weil die elf Straßenlaternen im Ort die Bilder leicht verfälschen, hat der Verein Kontakt zu den Stadtwerken aufgenommen, sagt Vollmann: „Vielleicht könnten die Laternen mit Blenden nachgerüstet werden.“ Die Gespräche dazu laufen noch.

Wenn alles glatt läuft, ist der Nachthimmel über Schnörringen frei von Lichtsmog, wenn das große Spiegelteleskop mit seiner Brennweite von zehn Metern in Betrieb geht. Bis zum Jahresende, so hofft Vollmann, ist es soweit. Und die Bilder, die dieses Gerät liefert, dürften noch faszinierender sein als die bisher aufgenommenen.