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OberbergDer Job für eine Autoknacker-Bande sollte die Hochzeitskasse füllen

Lesezeit 3 Minuten
Einbrecher Auto aufgeknackt

Symbolbild

Bonn/Oberbergischer Kreis – Eines Tages erhielt der junge Weißrusse, der damals für einen weltweit tätigen Gebrauchtwarenhändler in Minsk arbeitete, einen Anruf aus Deutschland. Ein Landsmann lockte den 27-Jährigen mit einem guten Angebot: Für das Zerlegen von Autos könne er 500 Euro verdienen, Unterkunft und Verpflegung würden übernommen.

Da der Minsker seine Geliebte heiraten und auch eine Familie gründen wollte, hoffte er auf ein schnelles Zubrot für „eine schöne Hochzeit“. Er sagte zu, nahm sich bei seinem Arbeitgeber drei Wochen frei und flog im Februar 2020 nach Düsseldorf.

Von einer professionellen Autoknackerbande engagiert

Was er nicht ahnte: Engagiert worden war er von einer professionellen Autoknackerbande, die im Oberbergischen Kreis und im nördlichen Rheinland-Pfalz bereits seit einem Jahr reihenweise Luxuslimousinen verschwinden ließ. Erst als der Weißrusse von den Auftraggebern die Instruktionen bekam, begriff er, dass der Job nicht nur das „schnelle und präzise Zerlegen“ umfasste, sondern vor allem auch den Diebstahl von hochwertigen Fahrzeugen, die mit dem Zugangssystem „Keyless Go“ ausgestattet sind.

Wegen schweren Bandendiebstahls in fünf Fällen muss sich der Angeklagte nun vor dem Bonner Landgericht verantworten. Innerhalb der genehmigten „Urlaubswochen“ soll er an kapitalen Autodiebstählen in Nümbrecht, Waldbröl, Raubach, Dierdorf und Westerburg beteiligt gewesen sein, wie er im Prozess sofort einräumte. Das Schema sei immer dasselbe gewesen: Ein Pilotfahrzeug mit einer Dreierbesatzung ging in der Nacht auf Suche nach passender Beute; meist luxuriöse Geländewagen, vor allem von BMW.

So konnten die Täter die Autos klauen

Vor Ort stellte sich dann einer der Mittäter ans ausgeguckte Fahrzeug, der andere lehnte sich mit einem Funkstreckenverlängerer an die Hauswand, hinter der dann der Originalschlüssel vermutet wurde, knackte den Schließcode des Kfz-Schlüssels und leitete diesen weiter an den Komplizen. Der entriegelte mit einem Car-Scanner das Auto.

Die gehackten Limousinen wurden anschließend in die von der Bande angemieteten Werkhallen in Bergneustadt und Wahlrod gefahren, noch in der Nacht ausgeschlachtet und als Hehlerware angeboten. Der Gesamtschaden der Diebstähle, an dem der Angeklagte beteiligt gewesen war, beläuft sich laut Anklage auf 149.000 Euro.

Ein halbes Jahr später ist die Bande aufgeflogen

Für den Weißrussen jedoch blieben gerade mal 3000 Euro, die ihm nach dreiwöchigem Urlaubsjob ausgezahlt wurden und er – wie verabredet – zurück nach Minsk flog, und ganz normal seinen Beruf ausübte. So bekam er nicht mit, dass es ein halbes Jahr später im Oberbergischen Kreis zu einer großangelegten Razzia kam, bei der zahlreiche Bandenmitglieder festgenommen wurden.

Die Haupttäter, angeklagt wegen gewerbsmäßigen Diebstahls und Hehlerei in 67 Fällen mit einem Schaden von 2,32 Millionen Euro, wurden im Oktober 2021 vom Landgericht Bonn zu hohen Haftstrafen verurteilt.

Die Schlüsselfigur der Organisation kam mit sechs Jahren Haft davon. Mit dem entscheidenden Geständnis hatte der 30-Jährige seine Strafe entscheidend gemildert – nicht zuletzt auch, weil er die Namen von Mittätern preisgab, unter anderem die Identität des 27-Jährigen.

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Der Weißrusse will nicht gewusst haben, dass er bereits lange mit internationalem Haftbefehl gesucht worden war. Als der 27-Jährige im März dieses Jahres in Deutschland einreiste, wurde er am Flughafen schließlich festgenommen; seit fünf Monaten sitzt er in Untersuchungshaft.

„Ich bereue sehr, was ich getan habe“, ließ er jetzt seine Verteidigerin vor Gericht erklären. „Wegen des schnellen Geldes verführt zu werden, das war dumm und unüberlegt. Ich habe meine Familie, vor allem meine Verlobte, in Stich gelassen. Im Oktober kommt mein Sohn zur Welt – und ich bin nicht da.“