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Abstand statt AbschiedDie Auswirkungen der Coronakrise auf die Bestattungskultur

Lesezeit 4 Minuten
Pfarrer vor Kamera

Bestatter stehen in der Coronakrise vor neuen Herausforderungen.

Oberberg – Schon bevor am Mittwochabend der erste Todesfall durch das Coronavirus bekannt wurde, war klar: Für Hinterbliebene brechen im Oberbergischen schwere Zeiten an. Nicht genug, dass sie den Tod eines geliebten Menschen zu verkraften haben. Die Corona-Pandemie macht Trauerfeier, Beisetzung und Anteilnahme zunehmend schwierig und stellt die Bestatter im Oberbergischen vor große Herausforderungen.

„Wir sind nun in der Situation, Angehörigen, Freunden und Verwandten mitteilen zu müssen, dass sie einfach nicht dabei sein dürfen“, bedauert Uwe Pfingst vom Bestattungshaus Aeterno aus Bergneustadt. Wenn wider Erwarten doch 20 Menschen am Grab auftauchen, müsse er das Ordnungsamt verständigen. Denn für die Beisetzungen am Grab gilt: Maximal zehn Personen dürfen dabei sein, die müssen den Mindestabstand wahren, obwohl sie sich in diesem Moment sicher lieber in den Arm nehmen würden. Darüber hinaus muss sich jeder auf einer Liste eintragen, damit bei einem bestätigten Corona-Fall die Infektionskette nachvollzogen werden kann.

Oberberg: Schutzmaßnahmen bei Gesprächen mit dem Bestatter

Bereits das Trauergespräch sei nicht mehr das, was es mal war. „Sonst finden die ersten Gespräche bei den Hinterbliebenen zu Hause statt. Davon müssen wir, auch zu unserem eigenen Schutz, Abstand nehmen.“ Zum Gespräch lädt Pfingst nun maximal zwei Angehörige ins Bestattungshaus – an einen großen Tisch unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen und mit Mindestabstand. „Für den Trauerprozess sind diese ganzen Auflagen eine Katastrophe. Das hinterlässt eine immense Lücke, wenn die Menschen nicht richtig Abschied nehmen können.“

Die Trauerhallen sind größtenteils geschlossen. Noch kann Pfingst zumindest kleine Trauerfeiern in der hauseigenen Trauerhalle durchführen, natürlich mit reduzierter Teilnehmerzahl. „Hier können wir die hygienischen Maßnahmen immerhin voll erfüllen.“ Auch neben dem Kondolenzbuch stehe immer Desinfektionsmittel bereit.

Hinterbliebene haben viel Verständnis für die neue Situation

Bestatter Dirk Sträßer aus Dieringhausen hat bereits Erfahrung mit den ersten Bestattungen auf Distanz gemacht. Der 56-Jährige übt sein Handwerk bereits seit mehr als 35 Jahren aus, aber so etwas hat er noch nicht erlebt. „Zum Glück haben die meisten Angehörigen viel Verständnis für die neue Situation“, berichtet er. Die Trauerfeiern finden nun unter freiem Himmel statt, in der Regel vor den Trauerhallen. „Und wenn es regnet, bauen wir schnell einen kleinen Pavillon auf“, verspricht Sträßer.

Mittlerweile gibt es schon besondere Auflagen. „Unter anderem die, dass wir jedem Leichnam zuerst ein sogenanntes Hygienetuch über das Gesicht legen müssen“, so Pfingst. Bereits seit dem 1. Februar steht Covid-19 auf der Liste der meldepflichtigen Krankheiten nach dem Infektionsschutzgesetz.

Trauerfeier per Video

Einen kleinen Trost für alle, die Zuhause bleiben müssen, gibt es doch: Schon seit einiger Zeit bietet Uwe Pfingst seinen Kunden auch an, Trauerfeier und Beisetzung mit einer professionellen Kamera aufzuzeichnen (Bild). „Wir sind sogar mittlerweile in der Lage, das Ganze live zu streamen über unseren Youtube-Kanal, auf den natürlich nur ein ausgewählter Trauerkreis Zugriff hat. Oder wir fertigen eine DVD an.“

Auch bei Bestatter Dirk Sträßer gibt es die technischen Voraussetzungen für die Erstellung eines entsprechenden Videos bereits. (nis)

Weil die Todesursache aber nicht auf jeder Totenbescheinigung auftauche und weil längst nicht bei jedem Verstorbenen noch ein Test durchgeführt wird, müssen die Bestatter auf Nummer sicher gehen. Denn die Ansteckungsgefahr besteht bei Covid-19 über den Tod hinaus. „Wir haben zum Glück noch ausreichend hygienische Einwegartikel, auf 60 Grad waschbare OP-Kittel und Schutzmasken mit Plexiglas, um uns zu schützen“, erklärt Pfingst, der zehn Mitarbeiter beschäftigt. „Ein Abschiednehmen am geöffneten Sarg ist dann leider für niemanden mehr möglich.“

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Die Lager der beiden Bestatter sind noch gefüllt. Etwa 30 Särge stünden immer zur Verfügung. „Allerdings müssen wir uns jetzt bereits um Nachschub bemühen. Ob die Lieferketten auch in naher Zukunft noch funktionieren, ist ungewiss.“ Ähnlich wie im Krankenhaus, wo Verschiebbares verschoben wird, seien auch Bestatter dazu angehalten, Urnenbestattungen, die üblicherweise innerhalb von wenigen Wochen nach der Kremierung durchzuführen sind, so lange wie möglich hinauszuzögern, berichtet Sträßer.