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Oberbergische AusfahrtIn Nümbrecht wird Inklusion mit Motorrad-Gespannen gelebt

Lesezeit 3 Minuten
Christa Schmidthaus an einem Motorrad-Gespann.

Christa Schmidthaus an einem Motorrad-Gespann.

Mit der Volksbank Oberberg stellen wir bei unserem Wettbewerb Menschen und ihr Lieblingsfest vor. Heute geht’s um die Oberbergische Ausfahrt.

„Das ist gelebte Inklusion“, beschreibt die Nümbrechterin Christa Schmidthaus ihr Lieblingsfest, die „Oberbergische Ausfahrt“, die der Reichshofer Verein „Treffpunkt Lebensfreude“ und die Wiehler Gesellschaft HBW (Heimat – Begleitung – Wohnen) gemeinsam seit 2016 für Menschen mit Behinderung organisieren. Unter dem Motto „Vom Rollstuhl in den Beiwagen“ nehmen Biker aus ganz Deutschland und den Niederlanden einmal jährlich im Sommer ihre Fahrgäste mit auf eine reizvolle Tour durch die Oberbergische Landschaft.

Ziel ist, sich auf Augenhöhe zu begegnen. Für besonders bewegungseingeschränkte Passagiere gibt es beim Start und Ziel auf dem Areal der HBW im Wiehler Industriegebiet Bomig einen Lifter, der das Umsetzen vom Rollstuhl in den Beiwagen ermöglicht. Die Veranstaltung erfreut sich wachsender Beliebtheit. Nachdem bei der ersten Ausfahrt 2016 gerade einmal drei Motorradgespanne am Start waren, hatte sich deren Zahl im Folgejahr auf 30 erhöht. In diesem Jahr waren es mehr als 80 Fahrzeuge, die auf zwei Touren etwa 160 Fahrgästen diesen einzigartigen Ausflug ermöglichten.

Oberbergische Ausfahrt: Gespannte Erwartung bei Teilnehmern und Helfern

„Vor dem Start entsteht eine Atmosphäre von gespannter Erwartungshaltung – nicht nur bei den Fahrtteilnehmern, sondern auch bei den Betreuern, Helfern und Familienangehörigen“, schildert Schmidthaus ihren Eindruck bei den Ausfahrten. „Ganz besonders aber leuchten die Augen, wenn es dann losgeht.“ In diesem Jahr war auf der zweiten Runde noch ein Platz im Beiwagen frei für die Nümbrechterin. Sie hat das Angebot einer Mitfahrt gerne angenommen und erzählt begeistert: „Es ist einmalig, wie viele Menschen lächelnd am Straßenrand stehen und dem Korso freundlich zuwinken.“

„Das ist ein grandioses Erlebnis“, weiß sie nun aus eigener Erfahrung. Dabei gehe es nicht nur darum, „sich den Wind um die Nase wehen zu lassen“, sondern auch um den Austausch mit den Motorradlenkern. Bei mehreren hätten die Fahrer ihren Gästen die Zeit gelassen, die Aussicht zu genießen und wie Fremdenführer auf Besonderheiten in der Landschaft hingewiesen. Die Nümbrechterin ist begeistert von ihrer Rolle als Sozia im Beiwagen: „In der tiefen Sitzposition ist die Fahrt ein atemberaubendes Gefühl, das ist eine ganz andere Perspektive.“

Umfangreiches Rahmenprogramm mit Musik und Vorführungen

Christa Schmidthaus erklärt, dass es aber nicht nur die Ausfahrt sei, die die ganztägige Veranstaltung zu ihrem Lieblingsfest mache. Ebenso beeindruckend sei das Rahmenprogramm auf dem HBW-Gelände. Neben Bandmusik sorgten auch die Darbietungen mehrerer Tanzgruppen für ausgelassene Stimmung in einer Weise, die Menschen mit Behinderungen sonst nur selten erleben.

Schmidthaus weiß, wovon sie spricht, denn sie hat viele Jahre als Gruppenleiterin bei der HBW gearbeitet und war später Lehrerin an der Helen-Keller-Schule: „Dort habe ich vorwiegend die Abschlussklassen betreut und es war mir ein Bedürfnis, die Schüler bei ihrem Übergang ins Arbeitsleben bestmöglich zu begleiten.“

Viele ihrer früheren Schützlinge begegnen ihr im Dorf oder im Kurpark wieder und diejenigen, die bei der letzten Ausfahrt dabei waren, würden begeistert von dem Erlebnis erzählen. Eine Frage aber hätten alle: „Wann ist die nächste Ausfahrt?“ Schmidthaus erläutert, dass die Veranstaltung bei den Menschen, für die nicht alles so selbstverständlich ist, sehr lange nachhalle. Die Oberbergische Ausfahrt sei Inklusion auf Augenhöhe: „Und das ist mein Leben.“


So geht’s mit unserem Sommerwettbewerb weiter

Seit Beginn der Ferien haben wir gemeinsam mit der Volksbank Oberberg 20 Menschen und ihr Lieblingsfest vorgestellt. Jetzt geht unser Sommerwettbewerb in die Entscheidungsphase.

Um zu bestimmen, welcher der 20 Finalisten auf welchen Platz kommt, haben wir eine Jury aus lokalen Experten einberufen: Sängerin Britta Berger, Festorganisator Jürgen Berg und Radio-Berg-Chefredakteurin Alex Pesch werden sich mit Thomas Knura (Volksbank) und Arnd Gaudich (Zeitung) in zwei Wochen zur Beratung treffen. Die große Preisverleihung für alle Finalisten findet Ende September in Wiehl statt.