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Markt auf Schloss HomburgIn Nümbrecht zieht das Mittelalter Massen an

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Ritter Hermann Karasch aus Friesenhagen erlebte den Mittelaltermarkt zwischen Hofnarr Maxx und Äbtissin Adelheid.

Ritter Hermann Karasch aus Friesenhagen (M.) erlebt den Mittelaltermarkt zwischen Hofnarr Maxx und Äbtissin Adelheid.

Der Nümbrechter Mittelaltermarkt auf Schloss Homburg erlebte am Wochenende einen gewaltigen Andrang. Am Montag geht's dort weiter.

„Ich ziehe Zähne, ich richte Knochen, und ich lege Ehefrauen in Eisen“, ruft der Schmied und reckt Hammer und Zange in die Höhe. Magistrat und Bürgermeister Hilko Redenius lässt sich von den doch eher rustikalen Dienstleistungen nicht abschrecken und spricht dem Schmied die Duldung auf dem Markt rund um Schloss Homburg aus. Aber nicht nur der Schmied, sondern auch Händler, Gaukler und viele Spielmannsleute dürfen sich am Wochenende und noch bis zum heutigen Montag in Nümbrecht tummeln.

Der Andrang ist am Sonntag so extrem, dass Jürgen Körber, der als Darsteller und Bürgerbusfahrer beteiligt ist, klagt: „Wir werden der Massen kaum noch Herr.“ Die Pendelparkplätze sind überfüllt, die Kassenschlange viele Meter lang.

Laut und kunterbunt wuselt der Spielmannszug über den Mittelaltermarkt.

Laut und kunterbunt wuselt der Spielmannszug über den Mittelaltermarkt.

Nach drei Jahren Pause ist der Mittelaltermarkt zurückgekehrt. Neuer Gastgeber ist der erst wenige Monate alte Verein „Kramerey vnd Kurtzweyl“, zu dem auch Körber gehört. Mit Veranstalter Andreas Tabor hat der Verein in nur zwei Monaten die Zeit um hunderte Jahre zurückgedreht. Sobald man das Schlossgelände betritt, ändert sich die Geräuschkulisse.

Mittelalterliche Musik erschallt, es wird gehämmert, gerufen, geklatscht, manchmal quietscht eine Ritterrüstung. Es riecht nach Feuer, Räucherstäbchen und auch nach Knoblauch. Eine Mischung, die hungrig macht, fast alle Besucherinnen und Besucher haben mindestens eine Hand voll mit Essen. Das mag aber auch an den gewitzten Händlern liegen. Unter den 50 Standbeschickern sind sowohl Profis als auch Mittelalter-Enthusiasten. Einer von letzteren ist Ulrich Karthäuser, der Trommelbauer. Es hat etwas Meditatives, ihm beim Aushöhlen massiver Hölzer zuzuschauen. Karthäuser verkauft Musikinstrumente und wollte Trommeln ins Angebot aufnehmen. Als er keine authentischen finden konnte, beschloss er, diese selbst herzustellen: „Ich habe den Suchtfaktor unterschätzt, und da es keine Selbsthilfegruppe gibt, muss ich weitermachen.“

Ulrich und Nadja Karthäuser fertigen hölzerne Trommeln.

Ulrich und Nadja Karthäuser fertigen hölzerne Trommeln.

Karthäuser und all die Anderen sind verkleidet, leidenschaftlich engagiert und vor allem gut gelaunt. Mit Komplimenten und cleveren Wortspielen ziehen sie Schaulustige in ihren Bann. Und das haben sie gründlich geübt. Mit Hilfe alter Kompendien zur Marktsprache haben sie sich das rechte Vokabular antrainiert. Schließlich steckt hinter dem Markt auch immer ein pädagogisches Konzept mit dem Ziel, Wissen über das Mittelalter weiterzugeben.

Wer sich indes weder mit Redegewandtheit noch mit Pädagogik locken lässt, den überzeugt eine Whiskey-Probe. Aber auch moderate Preise sind ein überzeugendes Argument und ebenso erklärtes Ziel des Vereins – ein Weg aus der Kommerzialisierung der Mittelalter-Leidenschaft. Und das kommt gut an: Mehr als 1000 Schaulustige sind trotz schlechten Wetters bereits zum Auftakt gekommen.

Ich ziehe Zähne, ich richte Knochen, und ich lege Ehefrauen in Eisen.
Der Schmied hat ein breitgefächertes Angebot

Hermann Karasch begeistert das Spektakel: In seiner Ritterrüstung hat er etliche Märkte bereist, auf Schloss Homburg ist er das erste Mal. Vor allem die Kulisse bis hinauf zum Burgturm hat es ihm angetan. Der zwölfjährige Josais Juma sagt hingegen: „Das Axtwerfen finde ich am besten.“ Und darin ist er auch gar nicht schlecht: Angeleitet von Jiri Crhak, treffen alle sechs Wurfgeschosse das Ziel. Als nächstes will Josais zum Bogenschießen bei Jiris Bruder.

Wer also am Mai-Feiertag Lust hat, Drachen zu erlegen, Falken zu streicheln oder eine Prinzessin aus dem Turm zu retten, sollte sich am besten früh auf den Weg machen – etwa vom Rewe-Parkplatz oder dem Busbahnhof aus, beides an der Gouvieuxstraße, oder auf dem Gelände der Firma Sarstedt in Rommelsdorf. Alle Standorte steuert ab 10.30 Uhr ein Pendeldienst an, der jeden auf direktem Wege in eine vergangene Zeit bringt.