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Langstrecken-WMFlorian Alt auf Achterbahnfahrt in den Ardennen

Lesezeit 7 Minuten
Florian Alt führt auf der Honda mit der Nummer 333 ein kleines Feld an.

In seinem letzten Stint erkämpft Florian Alt Platz vier zurück.

Motorradrennfahrer Florian Alt fuhr trotz eines technischen Defekts bei den Acht Stunden von Spa mit Viltais Racing auf Platz vier.

Als die schwarz-weiß karierte Zielflagge fällt, ist Motorradrennfahrer Florian Alt nicht sicher, ob er sich über Platz vier freuen oder dem möglich gewesenen Podiumsplatz nachtrauern soll. Da liegen acht Stunden Rennen in der Superbike-Klasse hinter dem 28-jährigen Nümbrechter und seinem französischen Viltais Racing Team. Eine defekte Schelle am Wasserschlauch kostete Platz drei beim zweiten Lauf zur Langstrecken-Weltmeisterschaft, den Acht Stunden von Spa.

Die begannen für Florian Alt und seine beiden Fahrerkollegen Steven Odendaal und Leandro Mercado bereits am Montag mit einem Testtag auf der berühmten Strecke in den Ardennen. „Ich hatte nur eine fliegenden Runde“, berichtet der 28-Jährige. Das Motorrad war zu laut, kommt die Erklärung hinterher.   An solchen Tagen ist die Dezibelzahl deutlich niedriger angesetzt, als an Rennwochenenden. An drei Stellen wurde gemessen, nicht nur die Honda Fireblade als zu laut befunden und mit der schwarzen Flagge aus dem Betrieb genommen.

Fahrerparade nach Malmedy wurde wegen Regens abgesagt

Der Regen machte dann am Mittwoch der Fahrerparade von der Rennstrecke in die benachbarte Stadt Malmedy einen Strich durch die Rechnung. In den vergangenen beiden Jahren, als das Rennen noch über 24 Stunden gefahren wurde, war die Präsentation über abgesperrte Straßen ein großes Spektakel. „Es hat hier oben wie aus Kübeln gegossen, deshalb kam die Absage“, sagt Florian Alt. Einige Kilometer weiter im Tal war es eher ein Sprühregen und optimistisch hatte der extra angereiste Frittenwagen geöffnet, musst dann aber unverrichteter Dinge wieder schließen.

Einen Tag später schien die Sonne und die Rennstrecke war über acht Stunden ohne Lärmbegrenzung für die 36 Teams der Superbike- und der Superstock-Klasse geöffnet. Und es zeigte sich einmal mehr, warum   die Honda von Florian Alt auf ihren Pirelli-Reifen nicht mit den Teams auf Bridgestone- oder Dunlop-Pneus mithalten kann. Während die beiden Reifenhersteller   ihren Teams Prototypen zur Verfügung stellen, um damit zu werben, setzt Pirelli auf Reifen, wie sie jeder Motorradfahrer kaufen kann. „Das kostet uns bei den Rennreifen rund 3,5 Sekunden pro Runde“, beschreibt es der 28-Jährige.

Florian Alt hatte die Aufgabe die Honda Fireblade komplett leer zu fahren

Den Testtag nutzte das Viltais-Team, um an der Rennpace zu arbeiten und zu überprüfen, wie lange eine Tankfüllung genau reicht. Dazu musste Florian Alt die Honda komplett leer fahren. Als der letzte Tropfen Sprit verbraucht war, blieb er in der Mitte der Rennstrecke stehen. „Ich habe mich dann von einem Suzuki-Kollegen bis ins Ziel ziehen lassen.“

Am Rennmotorrad gibt es 40 Messpunkte, die beispielsweise jede Fahrwerksbewegung auswerten oder analysieren, wie viel Druck auf dem Lenker liegt. An Computern werten die beiden Tool-Chiefs die Daten zu Fahrwerk und Reifen aus und legen die Strategie fest.

Florian Alt fährt im Qualifying die schnellste Zeit der drei Teammitglieder

Die beiden Qualifikationstrainings am Freitag sind entsprechend den drei Fahrern in drei Blöcke á 20 Minuten geteilt. Mit seiner schnellen Runde stellte   Florian Alt das Motorrad in der blauen Gruppe auf Startplatz fünf, eine Position, die Steven Odendaal und Leandro Mercado in   der gelben und roten Gruppe bestätigten. Mit 2:20.099 Minuten   ist der Oberberger der Schnellste des Teams , die schnellste Zeit an diesem Tag fährt Marvin Fritz vom späteren Siegerteam Yart Yamaha.

Das Nachmittags-Qualifiying nutzte das französische Privat-Team, um das Renntempo zu prüfen. „Wir haben etwas an der Geometrie geändert“, erklärt   Alt. Platz fünf nennt er einen guten Startplatz. Als Erster wird Steven Odendaal ins Rennen gehen, gefolgt von Leandro Mercado und Florian Alt. Bei den vier Rennen um die Langstrecken-WM wird jedesmal die Reihenfolge der Fahrer geändert, so dass jeder der drei einmal startet. 9,5 Stints sind geplant, so dass jeder der Rennfahrer drei Einsätze von rund 45 Minuten hat und zum Schluss je nach Position entschieden wird, wer zuletzt fährt.

Fans besuchten den Rennfahrer und sein Team in Spa

Bereits am Freitag waren auch die ersten Fans von Florian Alt in den Ardennen eingetroffen. Dazu gehörte Ralf Knieps aus Königswinter, der mit seinen Söhnen Moritz und Max gekommen war. Er hat früher mit Uwe Alt, dem Vater des Rennfahrers zusammengearbeitet, und verfolgt die Karriere des Sohns von klein an.

Dagegen fehlte an diesem Wochenende Marvin Missbrandt, seit Kindertagen der beste Freund von Florian Alt. Der unterstützt den gleichaltrigen Schulfreund eigentlich bei allen Langstreckenrennen. Doch an diesem Wochenende feiert er seine Hochzeit mit Julia in Andalusien und musste auf den Trauzeugen vom Standesamt verzichten. Das hinderte Marvin Missbrandt aber nicht daran, wie gewohnt die Whatsapp-Gruppe um Florian Alt mit brandheißen Informationen und Zeiten zu versorgen. „Nach dem Rennen werde ich mich zur Feier dazu schalten“, sagt Florian Alt und hält am Samstagabend auch sein Versprechen.

Florian Alt steht auf der Treppe des Team-Lkw und blickt herunter.

Im Lkw von Viltais Racing verbringt Florian Alt seine Ruhepausen und lässt sich vom Physio behandeln.

Der Renntag startet am Samstag, 9 Uhr, mit dem Warm-up. „Dann schalte ich mit Hinblick auf das Rennen in den Energiesparmodus“, berichtet der Rennfahrer. Nach einem perfekten Essen, weil mit Kohlehydraten wie Reis und Avocado, legte sich Florian Alt noch einmal hin. Dagen nahmen seine beiden Kollegen ab 12 Uhr die Startaufstellung ein. Nicht nur Startfahrer Steven Odendaal stand in voller Montur neben dem Motorrad, sondern auch Leandro Mercado, der an zweiter Stelle dran war. „Sollte Steven was passieren, er beispielsweise stürzen, ist der zweite Fahrer zur Stelle.“

Anders als bei den Sprintrennen in der Internationalen Deutschen Motorradmeisterschaft (IDM) wird in der Langstrecke nach Le Mans-Art gestartet. Nach einer Einführungsrunde parken die Fahrer entsprechend des Qualifying ihre Motorräder an der Boxenmauer und stellen sich auf der gegenüberliegenden Seite neben der Strecke auf. Kommt das Startsignal laufen die Rennfahrer über die Strecke zu ihren Motorrädern und das Rennen beginnt. Bis auf eine kleine Irritation   beim Start, als einer der Fahrer zu   früh loslief, und es viele andere irritiert nachtaten, lief alles glatt und Odendaal reihte sich als Fünfter ein.

Nach 2:30 Stunden übergab Florian Alt die Honda auf Platz vier an Odendaal. Rund 50 Sekunden dauert ein Fahrerwechsel mit Tankvorgang. Alles lief nach Plan, als der Honda-Pilot gut zehn Minuten später an die Box musste. Erinnerungen an den Auftakt bei den 24-Stunden von Le Mans werden wach, als Viltais genau um diese Zeit wegen eines technischen Defekts ausschied.

Diesmal dauerte der Stopp sechseinhalb Minuten, dann war die defekte Schelle am Wasserschlauch ausgetauscht und   der Südafrikaner konnte wieder auf die Strecke. „Er hatte unheimliches Glück, dass er nicht gestürzt ist, denn das Wasser lief schon über das Hinterrad“, sagt anschließend Florian Alt. Auf Platz 18 reihte sich das französische Team wieder ein und startete eine Aufholjagd mit Rundenzeiten, die nicht weit entfernt von der Qualifikation waren.

Florian Alt sitzt in der Box am Computer und analysiert die Messwerte des Motorrads.

40 Messpunkte gibt es am Motorrad, deren Werte in die Box übertragen werden.

Als Florian Alt nach knapp sieben Stunden seinen letzten Einsatz fuhr, brachte er das Motorrad erneut auf Rang vier. Nach zwölf Runden, als die Reifen begannen abzubauen, übernahm Odendaal für den letzten Stint und hielt den Platz trotz der Angriffe   des französischen Honda-Teams, das nach einem Sturz in der Anfangsphase Plätze gut machen wollte.

„Eigentlich hat man bei einer Standzeit von fast sieben Minuten keine Chance mehr, vorne mitzufahren“, sagt Florian Alt, dass Platz vier ein starkes Ergebnis sei. Zumal auch nur zwei Teams frühzeitig ausgeschieden waren.

Für den 28-Jährigen geht es nun in der IDM weiter, wo er als Superbike-Spitzenreiter übernächstes Wochenende in Most an den Start geht