Eines der ersten Radiogeräte im ganzen Deutschen Reich stand ab Ende des Jahres 1923 im Hotel „Zum Prinzen Heinrich“ in Morsbach.
RundfunkgeschichteMorsbacher Hotelbesitzerin besaß 1923 eines der ersten Radiogeräte
Seit 100 Jahren gibt es das Radio in Deutschland. „Achtung! Achtung! Hier ist die Sendestelle Berlin“, das waren die ersten Worte, die am 29. Oktober 1923 ausgestrahlt wurden. Und eine der ersten Hörerinnen lebte in Morsbach: Josefine Hesse. Bis der Radioempfang technisch in allen Winkeln des Reiches und finanziell in allen Haushalten möglich war und schließlich zum Massenmedium wurde, sollten noch etliche Jahre vergehen. Aber eine der ersten, die ab Ende 1923 ein Radio besaß, war „Frau Hotelbesitzerin Hesse“ in Morsbach.
Wie der Morsbacher Heimatchronik und einem Artikel aus der „Waldbröler Zeitung“ von Anfang 1924 zu entnehmen ist, „sind die Wunder des Rundfunks nun auch in unsere Berge gedrungen“. In den Beiträgen heißt es weiter: „Frau Hotelbesitzerin Hesse hat in dankenswerter Weise dafür gesorgt, daß es auch bei uns möglich ist, allabendlich Konzerten berühmter Kräfte des In- und Auslandes zu lauschen“.
Josefine Hesse und ihrem Mann Carl gehörte das Hotel „Zum Prinzen Heinrich von Preußen“ mitten in Morsbach an der großen Kreuzung. Heute beherbergt das Gebäude die Zweigstelle der Volksbank Oberberg. Wahrscheinlich lief das Haus damals gut, sonst hätte sich die Besitzerin kein Radio leisten können. Im Januar 1924 gab es deutschlandweit erst 1580 Radiobesitzer.
Die Waldbröler Zeitung berichtete damals: „Wenn auch, wie bei allen Neuheiten, noch hier und da Kinderkrankheiten auftraten, so waren doch schon gute Aufnahmen möglich, an denen die Hörer einen reinen Genuß hatten“. Besonders gut war wohl der Empfang der Wellen, die große Sender in England jeden Abend ausstrahlten.
Weiter hieß es Anfang 1924: „Wenn man auch heutzutage auf technischem Gebiete allerhand gewöhnt ist: Es mutet einen doch an wie ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht, das in die Wirklichkeit umgesetzt ist, wenn plötzlich im Hörer leise Klänge ertönen, die nach und nach klarer werden, bis man in voller Deutlichkeit ein Violinsolo oder einen Gesangsvortrag oder auch ein erstklassiges Orchester erlauscht“.
Anfangs war der Empfang nur mit Kopfhörer möglich. Dies kostete 20 Pfennige. Die Morsbacher, die es sich erlauben konnten, saßen also abends im Hotel „Zum Prinzen Heinrich von Preußen“ und genossen die neue Technik, die jene Hotelbesitzerin schon früh für das kleine, der Welt abgeschiedene Morsbach ermöglicht hatte, so die Chronik.
Später hielten Radiogeräte in jedem Haus Einzug. Das Radio war neben der Zeitung lange Zeit einzige und regelmäßige Informationsquelle. 1933 kamen die Volksempfänger auf den Markt, die NS-Regierung nutzte sie damals für ihre Propaganda, im Krieg entnahmen auch Morsbacher ihnen manche Schicksalsnachricht.
Gehäuse aus Bakelit
Ab 1938 wurde der „Deutsche Kleinempfänger“ für 35 Reichsmark verkauft. Eines dieser Modelle, dessen Gehäuse aus Bakelit, einem braunen Kunststoff, besteht, befindet sich heute im Heimatmuseum Stinner im Morsbacher Ortsteil Strick. Viele Oberbergerinnen und Oberberger erinnern sich auch noch an das „magische grüne Auge“ an den Röhren-Radiogeräten der 1950er Jahre, das umso heller leuchtete, je störungsfreier der Empfang war.
Als Deutschland 1954 Fußballweltmeister wurde, saß die gesamte Nation vor dem Radio und erlebte live das „Wunder von Bern“ und die Stimme des legendären Reporters Herbert Zimmermann, die da rief: „Tor, Tor, Tor, Tor!“