Vorerst ist es ein Pilotprojekt: Morsbacher Kunden der Tafel Oberberg Süd, die nicht mobil sind, bekommen Lebensmitteltaschen geliefert.
PilotprojektIn Morsbach fährt die Tafel Lebensmittel aus
Elf Taschen packt Tina Sellau von der Tafel Oberberg-Süd am Morgen der letzten Tour im alten Jahr für gehandicapte Kunden in Morsbach. Neben Obst, Gemüse, Brot, Wurst und Käse sortiert sie auch Eier, Milch, Quark und Joghurt ein, dazu ein paar Plätzchen und Schokolade. Obendrauf kommen noch Bananen, Orangen und Mandarinen.
Sorgsam schaut sie jeden Apfel einzeln an und entsorgt einzelne Exemplare mit Faulstellen. Kartoffeln werden in einem separaten Beutel verpackt. Zuletzt geht sie noch einmal ins Kühlhaus und holt für jeden ein Stück Fleisch: „Das gibt es nicht jedes Mal, das ist eine Besonderheit zu Weihnachten.“
Viele haben die Unterstützung durch die Tafel bitter nötig
Während Sellau die Vorbereitungen abschließt und reservierte Weihnachtskisten für diejenigen bereitstellt, die nicht an der Weihnachtsaktion im Gemeindehaus teilnehmen konnten, schildert Liane Althoff, Leiterin der Tafel, dass das Pilotprojekt, das seit dem Sommer in Morsbach läuft, gut angenommen werde.
Begonnen habe alles mit einem Telefonat mit einer älteren, behinderten Tafelkundin, die nicht selbst zur Ausgabe kommen konnte und bis zum Wegzug ihrer Tochter von dieser versorgt wurde. Unmittelbar nach dem Gespräch sei Volker Jagelki in ihr Büro gekommen, um sich als ehrenamtlicher Fahrer vorzustellen. Dem habe sie von dem Schicksal der Frau erzählt und der Mann habe sofort angeboten, ihr die gewohnte Lebensmitteltasche privat vorbeizubringen: „Das war ein Geschenk Gottes.“
Althoff berichtet, dass es eine ganze Reihe Menschen gebe, die eine Unterstützung durch die Tafel bitter nötig hätten, die aufgrund eines Handicaps jedoch nicht zu einer der Ausgabestellen kommen können. Nachdem es sich ergeben hatte, dass Jagelki auch einer weiteren gehandicapten Dame in seinem Heimatort eine Tasche der Tafel nach Hause bringt, sei die Idee gewachsen, diesen Einzelservice auszuweiten.
Aus Datenschutzgründen sei es für die Tafel jedoch unmöglich, deren Namen und Adressen zu erfahren. Daher habe das Morsbacher Sozialamt ein Schreiben entworfen und dem betreffenden Personenkreis das Angebot der Tafel vorgestellt. Seitdem nutzen sieben vom Sozialamt vermittelte Menschen und vier ehemalige Tafelkunden dieses Angebot. Die Tafelchefin bekundet, dass dieser Service nach dem erfolgreichen Start in der Republik auch auf weitere Kommunen im Bereich Oberberg-Süd ausgeweitet werden könne: „Dabei sind wir aber auf die Unterstützung der Sozialämter angewiesen.“
Inzwischen ist auch Volker Jagelki eingetroffen, der inzwischen seit gut eineinhalb Jahren mit einem Transporter der Tafel Lebensmittel bei Geschäften und Discountern einsammelt, die, nahe am Verfallsdatum, sonst in der Tonne landen würden. Liane Althoff macht deutlich, dass sich die Nachfrage aufgrund der Flüchtlingssituation massiv verstärkt habe: „Einerseits wird die Tafel mehr gebraucht denn je. Auf der anderen Seite kalkulieren die Geschäfte bewusster und es gibt nicht mehr das volle Sortiment bis zum Ladenschluss – für uns ist das eine Zwickmühle.“
An diesem Morgen öffnet Jagelki die Türen eines neutral lackierten Fahrzeugs der evangelischen Kirche, um mit Tina Sellau die Waren einzuladen: „Wir fahren extra nicht mit einem Wagen der Tafel, denn es muss ja nicht jeder wissen, wer dort Kunde ist.“ Ihr Weg führt sie zu einem Mann, der auf permanente Sauerstoffzufuhr angewiesen ist, ein weiterer ist stark gehbehindert. Freudig öffnet eine Seniorin die Haustür und nimmt die Ware für eine Nachbarin gleich mit in Empfang: „Das ist ein tolles Angebot – Hut ab vor diesen Leuten. Es ist unglaublich, was die leisten.“